Seit 25 Jahren steht sie auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“. Elke Maria Riedmann „geboren in Dornbirn und uufgwachsa z‘Luschnou“ hat sich mit Leib und Seele und aus ganzem Herzen der Clownerie verschrieben. Ein fröhliches Gottseidank und ein ghörig‘s Halleluja für die Großmeisterin clownesker Kleinkunst.

zu: Termin am Dornbirner Spielboden mit Elke Maria Riedmann

Walter L. Buder

Die große Trommel ist durchaus am Platz. Brenda Feuerle schlägt sie mit Inbrunst und Kompetenz. Hingebungsvoll. Das hört und sieht „ein Blinder mit dem Krückstock“ und die Leute im Halbdunkel verziehen das Gesicht, ob der 100-prozentig seriösen Feuerwehrfrau, die da Einzug hält. Es dauert ein paar Zehntelsekunden bis das - zwar immer erwartungsvolle oder grundsätzlich ahnungslose - Publikum von einer wohltuenden Ahnung ergriffen wird - jetzt geht‘s los, jetzt wird‘s ernst, jetzt sind wir mehr als dabei, wir sind drin! Von diesem Moment an sitzen alle in der ersten Reihe. Die Kinder mit großen Augen und aufrecht, als ob sie einen Besen verschluckt hätten; die großen Kinder legen sich zurück und lassen sich mitnehmen. Keiner fragt wohin und für wie lange, die Mundwinkel kommen - wie von selbst - in Position, die Lippen kräuseln sich und irgendwo weit drinnen in ihnen macht sich ein Lächeln breit, kitzelt sich von innen her aufwärts und bricht aus zu einem heiteren, leichten, wie erlöst-freundlich-wissenden Lachen: Das kenn‘ ich, das bin ja ich ... und es tut - für diesmal (!) - gar nicht weh ...

Große Kleinkunst
Dass das so läuft, das will gelernt, studiert sein und braucht - bis es so weit ist - massig Selbsterfahrung, Talent und Hingabe. Und es kostet: Mut, Kraft und wahrscheinlich auch Geld. Ohne die Investition von Lebenszeit und einer Portion an Talent und Entschiedenheit geht da gar nichts. So wie sich die Frau auf der Bühne abrackert und tanzt, singt, akrobatische Verrenkungen produziert, schauspielert und in Gesten, Gesichtern und Körperhaltungen, mit Händen und Füßen zu dir redet und dich wirklich berührt mit alledem, dich in deinem Inneren (Seele?) anrührt - also das ist schon große Kleinkunst. Und das kam so ...

Meilensteine 
„Z‘Dorabiira uff d‘Wealt koo - z‘Luschnou uufgwachsa“ so viel zu Form und Inhalt. Hineingeboren in eine durch und durch katholische, zehnköpfige Großfamilie. Beim sechsten von acht Kindern wirkt das nach: „Nur die Familie ist ihr wichtiger als die Clownerei“, sagt heute ihr schon erwachsener Sohn. Dann wird sie Kindergartenpädagogin. Ihr Herz schlägt für Kinder mit Behinderungen. Die Liebe zur Freiheit treibt sie weiter, ins Projekt von Jean Vanier, dem Gründer der „Arche“ in Trosly-Breuil (bei Paris). Hier leben die Handicapés mit ihren Betreuer/innen in familiären Wohngemeinschaften; die Aspirantin wird nach Rom geschickt, wo man ihre Hilfe braucht. Also: France raus, Italia rein. Auch sprachlich ein Einschnitt.

Schmiede
Nun kommt, was die Politik als „Ochsentour“ kennt und für zukünftige Kleinkünstler/innen „Theaterschule“ heißt. Das Talent - davon hat die junge Luschnouerin mehr als genug - wird „geschmiedet“, nimmt also Form an, bekommt Charakter. Im Tessin: Clown Dimitri; London: Drummond-School; dann zwei Jahre Paris: „Ecole Internationale de Théàtre“ bei Jacques Lecoq. Oft hört sie dort: „C‘est nul“ (das ist nix!). Aber am Ende bekommt sie die „Weihe“: „C‘est difficile, le Clown“ (der Clown, das ist echt schwierig!), habe der Maitre in Richtung der sehr glücklichen Kandidatin gesagt. Und - schwuppdiwupp - ab in die Welt der Clownerie, wo Frau Heimpl wartet, Brenda Feuerle, Blombiene, die CliniClowns, ein Ehemann und ein Sohn, jede Menge Arbeit, Rollen, Auftritte, Seminare und Humorschulungen, jede Menge Reisen, auch Preise dazwischen, Festivals auf (fast) allen Kontinenten, Sorgen ums Aus- und Einkommen, Bombenerfolge und der eine oder andere Flop wohl auch - wie das Leben so spielt!
 
In der Kirche 
„D‘Brenda Feuerle isch ganz poetisch, religiös angehaucht und tät prima i d‘Kircha passa ...“, beurteilt Riedmann ihr Stück „Brenda Feuerle im Himmel“. Und dies, obwohl sie schon als Kind gelernt hat, dass „ma lacha nit dürfa heat“ in der Kirche. Tatsächlich scheinen dort Autoritäten aller Art und Provenienz auf der Über-Ich-Bank zu sitzen und die Tabus zu hüten. Sie mögen weder das Lachen und auch nicht jene, die uns zum Lachen bringen. Wie alle Kunst, die sichtbar macht und nicht einfach (nur) das Sichtbare wiedergibt (Paul Klee), ist die Clownerie eine echte Hilfe zum aufrechten, menschlichen Leben. Ob (echter) Krieg oder (fauler) Friede, Demokratie oder Diktatur, (wahrer) Glaube oder Doppelbödigkeiten unseres eigenen oder des Lebens der anderen: Clowns sind irgendwie gefährlich und mit Vorsicht zu genießen! Sie rütteln an allem, was uns heilig ist, legen Finger auf offenen Wunden - decken auf, führen vor und zeigen hin auf Verborgenes, Verdrängtes, Uneingestandenes.

Zwischen den Zeilen
Manch anderes, unverzichtbar Prägendes und Wichtiges - wie z. B. die Entscheidung jenseits der Mainstreams zu leben und zu arbeiten - ist in der phänomenalen 25-jährigen Künstlerinnenvita Elke Maria Riedmanns mit unsichtbarer Tinte geschrieben - also lesbar nur für solche, die mit dem Herzen sehen und lesen können. Tja, so ist das halt mit „Kleinkünstlers Werk und Publikums Beitrag“ ...

Zu guter Vor-Letzt
Wer Brenda Feuerle (ob auf Erden oder im Himmel) zuschaut, kann sehen, wieso dieser Kunst das „Klein“ vorangestellt ist: Die Mittel der Darstellung sind sehr reduziert vorhanden und eingesetzt. So erfordert die Kleinkunst Großes - und das in jeder Hinsicht. Nach einem Vierteljahrhundert hat Elke Maria Riedmann ihren Lehrmeistern alle Ehre gemacht, odr? Und uns im Ländle und vielen im Rest der Welt (den frau, wenn sie fünf Sprachen spricht, ziemlich großräumig abdecken kann!) hat sie auch noch einen Haufen Spaß gemacht und Freude bereitet (den Unterschied beachten, bitte!). Dafür ein dreifach-donnerndes Halleluja und - keine Panik! - ein fünfundzwanzigfaches zukunftsfrohes GottundElkeseiDank! 

Zum 25-jährigen Bühnenjubiläum: 

„Feuer und Flamme“

Sa. 10. Februar, 19.30 Uhr - Spielboden Dornbirn
Dokumentarfilm von Anneliese Penzendorfer über die Geschichte und das Selbstverständnis der Clownfrau.

„Treuer wie Feuer"

Sa. 10. Februar, 20.30 Uhr - Spielboden Dornbirn
Elke Maria Riedmann spielt ein Stück von Rosemie Warth. 

www.elkemariariedmann.at

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(aus dem KirchenBlatt Nr. 6 vom 8. Februar 2018)