Nach den jahrelangen Diskussionen über die „Neue Mittelschule“ rücken nun auch die Volksschulen in den Blickpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Beim Gesellschaftspolitischen Stammtisch in Dornbirn debattierten am Montag dieser Woche Vertreter einer neuen Initiative mit Direktoren und der Schullandesrätin.

Dietmar Steinmair

Entwicklungs- und lernpsychologische Studien zeigen: das herkömmliche Modell unserer Volksschule wird den Bedürfnissen vieler Kinder nicht gerecht. Da ist die Rede von unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten bei den Kindern und vom Bedürfnis nach freier Entfaltung. Der kreativen und spielerischen Aneignung von Lerninhalten stehen die starre Aufteilung in Jahrgangsklassen, die unflexiblen Lehrpläne und eine personelle Unterbesetzung entgegen.

Die Befunde zu den Schulen sind bekannt. Doch Politik und Gewerkschaften blockieren sich gegenseitig - siehe: neue Dienst- und Besoldungsordnung. Der Vorarlberger Familienverband und das Landeselternbüro haben nun die „Elterninitiative Volksschule 2013“ gestartet. „Unsere Kinder sind nicht falsch, unsere Kinder sind richtig!“ lautet das Motto. Die Fehler lägen im System, nicht bei den Kindern. Über 1.400 Personen haben die Initiative mittlerweile unterschrieben.

Die Anforderungen steigen

Direktor Norbert Grabher ist Montessori Pädagoge und langjähriger Montessori-Ausbildner. Zum Einstieg in seinen Impulsvortrag beim Stammtisch in Dornbirn listete er für das Publikum auf, wie viele Anfragen täglich an seine Schule gestellt würden: Briefe vom Landesschulrat, Schreiben von Behörden, Vorsorgeeinrichtungen, Elterninitiativen, Sportorganisationen, Schulbuchverlagen, Screeningverantwortlichen, ... Immer mit der Bitte um Rückmeldung oder Weitergabe von Infos. „Alles wichtige Anliegen“, so Grabher, aber was davon diene den Kindern ganz direkt in den Klassenräumen?

Die Wünsche an die Volksschule von heute seien groß: die Kinder sollen bessere Leistungen erbringen und sich höhere soziale Kompetenzen aneignen, ebenso müssen die Schulen Erziehungsarbeit übernehmen. Und eine ganztägige Betreuung wäre bitte auch schon schön! Aber auch die Herausforderungen durch die  Kinder stiegen, Stichworte: Autismus, Hochbegabte, Sprachschwierigkeiten, Kinder mit Migrationshintergrund, ADHS, ... „Auch wir Lehrer müssen den Umgang mit dieser Heterogenität lernen“, sagt Grabher.

Lösungen in Sicht?

Grabher spricht sich für die ganztägige Schule aus, und zwar flächendeckend, nicht bloß nach Bedarf. Er fordert die inklusive Schule, in der Kindern mit Sonderförderungs-Bedarf nicht nur integriert werden, sondern sich ganz selbstverständlich in der „normalen“ Klassengemeinschaft bewegen. Und Grabher plädiert für die Gesamtschule, was übrigens keine pädagogische, sondern eine sozialpolitische Frage sei. Will eine Gesellschaft eine Solidargemeinschaft sein oder Bildungseliten beibehalten?

Für die vielen anstehenden Probleme braucht es laut Grabher mehr Ressourcen: Personell, finanziell, räumlich und zeitlich. Die konkreten Zuständigkeiten sind hier jedoch zwischen Bund, Land und Gemeinden verteilt. Da helfen auch die vielen - von Schullandesrätin Mennel in der nachfolgenden Diskussion erwähnten - Arbeitsgruppen kaum weiter.

Linktipps
_ Den Stammtisch zum Nachsehen gibt‘s wie gewohnt unter www.ethikcenter.at
_ Die Elterninitiative unterschreiben können Sie unter elterninitiative-volksschule.levv.at