Seit wenigen Wochen ist sie Professorin an der Theologischen Fakultät Innsbruck: Martina Kraml. Im KirchenBlatt-Interview erklärt sie, warum sie der interreligiöse Dialog bewegt und wie sie die Zukunft von Frauen in Kirche und Theologie sieht.

Gilbert Rosenkranz

KirchenBlatt: Sie waren Volksschullehrerin. Wie sehr prägen die Erfahrungen von damals ihre Arbeit als Professorin an einer Universität?
Martina Kraml: Die Erfahrungen sind in mir sehr gegenwärtig. Ich habe schon mit 20 Jahren unterrichtet - in einer Klasse mit 37 Kindern. Das war eine harte Lernerfahrung. Seit damals ist mir eine Theologie wichtig, die sich von den Menschen her versteht. 

Sie setzen sich im Rahmen der universitären Lehrerausbildung stark für den interreligiösen Dialog ein. Warum?
Kraml: Es ist ein Grundauftrag der Kirche. Und es ist wichtig, die Studierenden gut auf ihre künftigen Tätigkeiten vorzubereiten. Dazu gehört, darauf zu achten, in welchem gesellschaftlichen Umfeld sie einmal tätig sein werden. Tatsache ist, dass es bei uns viele Menschen muslimischen Glaubens gibt. Katholische und islamische Religionslehrer/innen sollen die Zusammenarbeit im Rahmen ihres Studiums einüben. Deshalb gibt es eine enge Kooperation mit dem Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik.

Wie geschieht das konkret?
Kraml: Gemeinsam mit meinem islamischen Kollegen Zekirija Sejdini entwickeln wir Lehrveranstaltungen weiter und erarbeiten Forschungsprojekte.
So gibt es ein Schulpraktikum im Ausmaß von vier  Tagen gemeinsam für katholische und islamische zukünftige Religionslehrer/innen. In den letzten drei Jahren durften wir hier sehr positive Erfahrungen sammeln. Von rund 220 Beteiligten pro Jahr haben wir nur fünf kritische Rückmeldungen bekommen. Wir erleben eine sehr große Offenheit. Mittelfristig werden auch katholische Religionspädagogik-Studierende im Praktikum am islamischen Religionsunterricht teilnehmen können.

Sie sind die einzige Professorin an der Theologischen Fakultät Innsbruck. Welche Zukunft haben Frauen in der theologischen Wissenschaft?
Kraml: Ich habe begonnen, Theologie zu studieren, als es geheißen hat: Theologie ist nur etwas für jene, die Priester werden wollen. Ich bin mit Leib und Seele Theologin und davon überzeugt, dass gute Inhalte beide Perspektiven brauchen, natürlich auch jene der Frauen. Das ist für die Theologie und für die Kirche nicht anders. Die Universität unterstützt das Weiterkommen junger Wissenschaftlerinnen z.B. durch eigene Mentoringprogramme. „Sophia forscht“, der Zusammenschluss der Wissenschaftlerinnen der Theologischen Fakultät, setzt weitere Initiativen, ebenso die Fakultät selbst.

Wie sehr bewegt Sie die Frauenfrage in der Kirche?
Kraml: Mich schmerzt sehr, dass sich auf weltkirchlicher Ebene so wenig für mehr Rechte der Frauen verändert.

Kraml MartineZur Person

Martina Kraml (60) wächst in Schoppernau im Bregenzerwald auf. Die Verhältnisse am Bauernhof sind einfach. Kraml wird Volksschullehrerin und studiert Theologie sowie Philosophie. Sie heiratet und lebt heute in einer Familie mit drei Kindern.
Seit kurzem ist sie an der Theologischen Fakultät Innsbruck Professorin für „Katechetik und Religionspädagogik und Religionsdidaktik“.
Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die interreligiöse Zusammenarbeit mit dem Institut für Islamische Religionspädagogik im Rahmen der „School of Education“. Mit Martina Kraml gehört erstmals seit 23 Jahren wieder eine Frau dem 13-köpfigen Professorenkollegium an.