Für viele Menschen ist die Fastenzeit gleichbedeutend mit dem Verzicht von Alkohol, Süßigkeiten oder liebgewonnenen Gewohnheiten. Etwas tiefer greift das Heilfasten, erklärt Fastenbegleiterin Eugenie von der Thannen, warum dabei Körper, Geist und Seele berührt werden.

Wirft man derzeit einen Blick in die Veranstaltungskalender, fällt vor allem eines auf: Viele Angebote, die sich mit Heilfasten befassen. Im Gegensatz zum „normalen Fasten“ bedeutet Heilfasten aber mehr als lediglich zu hungern. Schon Ärzte wie Hippokrates von Kos wussten, dass das Fasten den „inneren Arzt“ aktiviert, oder wie man es heute formulieren würde: der „Entschlackung“ und Regeneration des Körpers dient.

Frühjahrsputz
„Heilfasten gehört für mich zum Jahreskreis. Es ist wie der Frühjahrsputz für Körper, Geist und Seele“, zeigt sich auch Eugenie von der Thannen vom Fasten überzeugt. Seit vielen Jahren unterstützt die Religionslehrerin und Fastenbegleiterin Menschen beim Heilfasten - und da gibt es viele Möglichkeiten. Die beliebtesten und bekanntesten sind sicherlich das Heilfasten nach Hildegard von Bingen, bei dem vor allem Dinkel eine entscheidende Rolle spielt, die „Franz-Xaver-Mayr-Kur“ oder auch „Milch-Semmel-Kur“ genannt sowie die Trinkkur auf der Basis von Gemüsebrühe, Säften und Tees nach Otto Buchinger. Praktiziert werden können diese Fastenarten in Form von Fastenwochen, Fastenwandern oder begleitetem Heilfasten, zu Hause oder weg vom gewohnten Umfeld, alleine oder in Gruppen. „So eine Heilfastenwoche mit einem Urlaub in einem Kloster oder Bildungshaus zu verbinden wäre sicher der Idealfall“, spricht die Fastenbegleiterin aus Erfahrung, aber mit entsprechender Vorbereitung kann man es auch in den Arbeitsalltag integrieren. Wichtig ist, so von der Thannen, dass der Entschluss zu fasten wächst, und nicht einfach „über Nacht“ entsteht.

Fasten ist nicht hungern

Fasten umfasst gleich mehrere Dimensionen, erläutert von der Thannen. Natürlich dient es der Entgiftung, Entschlackung, Entsäuerung und Entlastung des Verdauungsapparates, aber ebenso setzt es geistige Kräfte frei, hilft die eigene Willenskraft zu erkunden und hat eine seelisch-psychische Komponente. „Auch Mahatma Gandhi fastete vor wichtigen Entscheidungen“, zeigt von der Thannen die geistig-religiöse Dimension auf. Oder, um es mit den Worten von Athanasius, Bischof von Alexandrien (4. Jahrhundert) zu sagen: „Es heilt die Krankheiten, trocknet die überschüssigen Säfte im Körper aus, vertreibt die bösen Geister, verscheucht verkehrte Gedanken, gibt dem Geist größere Klarheit, macht das Herz rein, heiligt den Leib und führt schließlich den Menschen vor den Thron Gottes“.

„Was fasten für den einzelnen bedeutet und bewirkt, kann man nur durch Fasten erfahren, nicht aus Büchern und Berichten von anderen“, macht die Fastenbegleiterin Lust darauf, selbst zu zerzichten. Ohne zu hungern.