Seit 1. September ist Norman Buschauer Caritas-Seelsorger. Nach über 25 Jahren in der Pfarrseelsorge stellt er sich einer neuen Herausforderung, die er mit einer großen Portion positiver Lebenseinstellung angeht.

Dietmar Steinmair

Zu seiner neuen Aufgabe kam Norman Buschauer eher zufällig. Nach einem Gespräch, in dem auch die Frage nach einem Nachfolger für den langjährigen Caritas-Seelsorger Elmar Simma fiel, bewarb sich Buschauer - und bekam die Stelle, wie er im KirchenBlatt-Gespräch erzählt. Die Caritas hatte er bereits in jungen Jahren aus nächster Nähe kennengelernt - im Zivildienst, den er vor seiner Ausbildung zum Priester gemacht hatte.

Lehrer, Novize, Priester
Geboren in Dornbirn und aufgewachsen in Götzis, absolvierte Norman Buschauer nach der Matura zunächst die Pädak in Feldkirch und war mehrere Jahre als Lehrer in einer Berg-Volksschule im Montafon tätig. Dann interessierte er sich für die Franziskaner und trat in deren Noviziat ein. 1983 wechselte er jedoch ins diözesane Priesterseminar in Innsbruck und studierte Theologie. Die Priesterweihe erfolgte 1989.
Die Kaplansjahre verbrachte Buschauer in Frastanz, dann wurde er Pfarrer in Batschuns, Laterns und Innerlaterns. Elf Jahre war er dort tätig, und noch heute fährt er gerne ins Laternsertal - im Sommer am liebsten mit seinem Elektro-Mountainbike über den schattseitigen Netschel-Weg bis nach Bad Innerlaterns. Während seiner Zeit in Batschuns und Laterns schrieb Buschauer eine Dissertation über Dr. Edwin Fasching, die große Gründerfigur für die Kirche Vorarlbergs nach dem Zweiten Weltkrieg. Weitere elf Jahre verbrachte der nunmehr Promovierte als Pfarrer in Göfis, die letzten vier Jahre als Leiter des Pfarrverbandes Göfis-Satteins.

Caritas
Der Entscheidung, mit Ende 50 und nach über 25 Jahren in der Pfarrseelsorge eine neue Herausforderung anzunehmen, sieht Buschauer mit einem lachenden und einem weinenden Auge zugleich. In der Arbeit mit den Menschen in seinen Pfarren habe er sich sehr wohl gefühlt. Doch die neue Herausforderung reizte ihn: „Die Caritas hat eine so große Vielfalt an Themen, angefangen vom Bereich Menschen mit Beeinträchtigung über die Flüchtlingshilfe bis zur Suchtarbeit“, sagt er.
In der Caritas Vorarlberg ist Buschauer vor allem für die Seelsorge an den rund 600 hauptamtlichen Mitarbeiter/innen zuständig, für Gespräche, für Gottesdienste und für die spirituelle Kultur der Sozialorganisation. Buschauer war schon in den Teamsitzungen der Fachbereichsleiter dabei, bringt spirituelle Impulse ein, besucht die Einsatzorte im Land. „Elmar Simma hat mir ein außerordentlich gutes Fundament mit bleibender Wirkung hinterlassen“, sagt Buschauer. Ein Mitarbeiter der Werkstätte Bludenz fragte ihn bei seinem ersten Besuch in der Alpenstadt denn auch: „Bist du also der neue Elmar?“

Flüchtlingsarbeit 
Die Caritas selbst ist für Buschauer mehr als eine „normale“ Sozialorganisation. Sie ist Teil der Kirche, hat einen urchristlichen Auftrag zur „gelebten Nächstenliebe“. Für die bleibende Verankerung der Caritas in der Kirche habe nicht zuletzt Papst Franziskus mit der Ausrufung des „Jahres der Barmherzigkeit“ (Start dazu ist am 8. Dezember) eine  „geniale Vorlage“ geliefert.
Neben seiner Tätigkeit als Caritas-Seelsorger ist Buschauer auch als „Vikar für Aushilfsdienste“ tätig - sprich: als Springer für priesterliche Aufgaben wie Wochenend-Gottesdienste oder Begräbnisse im Raum Feldkirch und im Oberland. Positiv sieht Buschauer die Tatsache, dass die Caritas neben ihm den Steylermissionar P. Patrik Kofi Kodom als Seelsorger für die Flüchtlinge und Migrant/innen und für die Mitarbeiter/innen in den Flüchtlingsheimen angestellt hat. Die Zahlen in diesem Bereich sind heuer geradezu explodiert. P. Kodom bringt Erfahrungen im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen sowie in der Betreuung von Schubhäftlingen mit.

In der Flüchtlingsfrage verweist Buschauer darauf, dass Vorarlberg in seiner Geschichte schon größere Zahlen an Flüchtenden bewältigt habe. Gleichzeitig stelle die völlig andere Mentalität der vielen Zuwanderer aus dem arabischen Raum eine große Herausforderung dar. Überdies sei die bloße Unterbringung eine Sache - die Integration der Bleibeberechtigten und ihrer nachkommenden Familien eine andere. Buschauer ist überzeugt, dass dem persönlichen Kontakt mit Asylwerbenden und Bleibeberechtigten große Bedeutung zukommt - und erzählt von einer Vorarlbergerin, die mit einer Bleibeberechtigten regelmäßig einkaufen ging, um die Namen der Grundnahrungsmittel zu erlernen. Aus dem gemeinsamen Einkaufen wurde inzwischen ein gemeinsames Kochen.

Ob die Kirche in der Flüchtlingsfrage eine spezielle Aufgabe habe? Ja, sagt Buschauer, denn neben dem Guten, das die Kirche leiste, etwa in der Zurverfügungstellung von Wohnraum, könne sie viel für die Stimmung im Land tun. Um den Hass-Kommentaren gegen muslimische Asylwerber in der Anonymität von Internetforen etwas entgegenzusetzen, könne die Kirche etwa in ihrer Verkündigung die Gottesdienstbesucher/innen erreichen und positiv auf den gesellschaftlichen Background in der Asylfrage einwirken.

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Am 19. November begeht die Kirche das Gedenken an die heilige Elisabeth von Thüringen, die Patronin der Caritas. Sie steht für Buschauer dafür, „Caritas - Nächstenliebe“ zu leben und nicht nur darüber zu reden. Dasselbe gelte für Martin, den großen Heiligen der letzten Woche. Wenn man bedenkt, dass ein römischer Soldat die Hälfte seiner Ausrüstung selbst zu stellen hatte, so Buschauer, dann  bedeute das Mantel-Teilen, dass Martin alles gegeben habe. Die andere Hälfte des Mantels, die Martin behielt, gehörte ja dem Kaiser. „Helfen bis es weh tut“, erinnert der Caritas-Seelsorger an ein Wort von Mutter Teresa.

Vorarlberg gehört zu Österreich, einem der reichsten Länder der Welt. Dennoch gibt es hier Menschen, die unter dem Existenzminimum leben. Buschauer verweist auf die vielen Anfragen im Caritas-Bereich „Existenz und Wohnen“: „Wenn wir etwa die Notwendigkeit von Wohngemeinschaften wie ‚Mutter und Kind‘ anschauen: Es gibt in Vorarlberg Mütter, die mit ihren Kindern tatsächlich auf der Straße stehen. Da ist es zunächst einmal egal, woraus diese Notsituation resultierte, ob selbstverschuldet, fremdverschuldet, oder was auch immer. Auch dass es einen Verein wie ‚Tischlein deck dich‘ in Vorarlberg braucht, zeigt doch, dass etwas nicht stimmt. Gleichzeitig ist das Teilen ein Zeichen der Dankbarkeit, dass es uns gut geht.“

Unterwegs
Im Gespräch mit dem neuen Caritas-Seelsorger sind seine positive Grundhaltung und eine große Neugier spürbar. Buschauer reist gerne, privat ebenso wie als Reisebegleiter - auch für das KirchenBlatt. Die vielen Bücherregale in der Dienst-Wohnung in Feldkirch zeugen von einer reichhaltigen Bibliothek: „Ich bin eine Leseratte“, gibt er unumwunden zu. Auch ein anderes Tier hat es Buschauer angetan: Der Elefant. „Ich weiß gar nicht, wie viel Figuren davon ich habe, die allermeisten sind aber Geschenke.“

Als er noch Volksschullehrer war, hatte Buschauer - im Zeitalter der Poesiealben - seinen Schülern öfters folgenden Spruch mitgegeben: „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen.“ Diese Worte des heiligen Johannes Bosco zieren auch die Tasse, aus der er jeden Morgen seinen Kaffee trinkt. Zu jenen Vorarlbergern, denen man auch mal gerne das Jammern nachsagt, gehört Norman Buschauer definitiv nicht.

(Aus dem KirchenBlatt Nr. 47 vom 19. November 2015)