Jan-Uwe Rogge gilt im deutschsprachigen Raum als Erziehungspapst. Nun kommt er wieder nach Vorarlberg. Das KirchenBlatt sprach mit ihm vorab über den Spaß in der Erziehung, und welche Haltungen Eltern gegenüber ihren Kindern einnehmen sollen.

von Wolfgang Ölz

Wenn Jan-Uwe Rogge ins Ländle kommt, so ist das ein publikumswirksames Ereignis. Was können sich die Eltern vom Besuch des Bestsellerautors dieses Mal erwarten? Jan- Uwe Rogge dazu: „Ermutigung, Gelassenheit, mehr zu sich selbst zu stehen, wo und wie man ist, Humor in die Erziehung einzubringen, Humor gegenüber dem Kind, Humor gegenüber sich selber, vielleicht ist die Gesamtüberschrift über meinem Vortrag ‚Entlastung‘.“

Erziehungsverantwortung
Der deutsche Erziehungsexperte Rogge ist mit dem Buch „Kinder brauchen Grenzen“ berühmt geworden. Wie sieht er die zentralen Thesen dieses Best- und Longsellers heute? „Die zentrale These war, dass Erziehung etwas mit Beziehung zu tun hat, dass Erziehung nichts zu tun hat mit Ziehen, sondern Kinder zu begleiten. ‚Kinder brauchen Grenzen‘ hat schon damals bedeutet, den Kindern Raum und Zeit zu geben sich zu entwickeln. Das heißt, das Erziehen war viel weiter gefasst als es auf vordergründige Erziehungstechniken zu reduzieren.“ Die wichtigste Frage ist: Was brauchen Jugendliche heute? Rogge führt aus: „Sie brauchen es, sich so angenommen zu fühlen, wie sie sind, dass sie Bezugspersonen haben, die sich ihrer Erziehungsverantwortung bewusst sind, dass sie ihren eigenen Weg finden in die Welt hinauszugehen.“

Sich annehmen
Gibt es eine wichtigste Maxime für Eltern? „Eine ganz zentrale Sache ist, sich so anzunehmen wie wir sind, mit allen Stärken und auch mit allen Schwächen. Wenn ich das kann, dann kann ich auch das Kind mit all seinen Schwächen und Stärken annehmen. Dann kann ich auch annehmen, dass mein Kind bestimmte Dinge nicht kann oder noch nicht kann.“ Jan-Uwe Rogge unterscheidet stark zwischen „Verständnis“ und „gleichgültigem Gewähren-lassen“: „Kinder und Heranwachsende brauchen Halt, sie brauchen Menschen, die sich in einer bestimmten Verantwortung zu ihnen sehen. Loslassen ist wichtig, aber ‚los-lassen‘ hat nichts mit ‚fallen-lassen‘ zu tun. Auch in schwierigen Phasen wie der Pubertät oder dem Trotzalter sollte man sich der Verantwortung für das Kind, für den Heranwachsenden bewusst sein, auch wenn es manchmal zu Reibungen und Auseinandersetzungen kommt.“ 

Auf die kindlichen Süchte wie Handy und Computerspiele angesprochen, sagt Jan-Uwe Rogge: „Da gebe ich einen Rat, den Pestalozzi auf den Punkt gebracht hat, der gesagt hat: ‚Erziehung ist Vorbild und Liebe‘. Vorbild bedeutet ich muss es vorleben. Wenn ich von meinem Kind einen geregelten Umgang mit dem Mobiltelefon erwarte, dann muss ich das vorleben.“

Weise Kinder
Wie sieht er die spirituelle Dimension der Erziehung? „Auch hier geht es darum, dass ich das ein Stück weit vorlebe. Kinder sind spirituelle Wesen, sie spüren, dass es noch etwas Höheres gibt, etwas dahinter, das von großer Bedeutung ist. Kinder sind viel ganzheitlicher als manche Erwachsene. In ihrer magischen Phase können sie mit Pflanzen und mit Vögeln reden.“ Um das Wissen der Kinder zu beschreiben, sagt Rogge: „Kinder sind die wahren Weisheitslehrer. Kinder geben sich nicht mit der Oberfläche zufrieden. Sie schauen hinter die Dinge. Sie sind auf ihre Weise wunderbare Philosophen, die Fragen stellen. Sie stellen Fragen an uns Erwachsene, die uns nicht selten überfordern. Weisheit stellt sich auch in der Wiederholung dar, und Kinder sind Meister in der Wiederholung.“

Zur Sache

„Erziehung kann Spaß machen!“
Vortrag mit Autor Dr. Jan-Uwe Rogge im Rahmen der Kultur.Leben Benefizreihe der Caritas.
Seit 30 Jahren beschäftigt sich Jan-Uwe Rogge mit Erziehungsthemen. Sein Themenkreis ist breit gefächert von Familienberatung, Familienbildung, Kinder begleiten, Kinder stärken, Eltern stärken, Ängste von Kindern sowie die Phasen der kindlichen Entwicklung: Baby, Trotz, Schulalter bis hin zur Pubertät.
Karten: Hypobanken und Gemeindehaus Nüziders, T 05552 6224180.
Mehr Infos: www.kultur-leben.at

Do 26. März, 19.30 Uhr, Sonnenbergsaal, Nüziders.

(aus: KirchenBlatt Nr. 12, 19. März 2015)