Die Zusammenarbeit zwischen dem südafrikanischen Bochabela String Orchestra und dem Vorarlberger Landeskonservatorium hat seit einem Jahr bleibenden Charakter angenommen. Schon vier junge Erwachsene haben Land und Kultur gewechselt. Was sie dabei erlebt haben, erzählen drei von ihnen im KirchenBlatt-Gespräch. Das Orchester ist kommendes Wochenende an drei Vorarlberger Orten zu hören.

Bild rechts: Das Bochabela String Orchestra bei der Messgestaltung im Dom St. Nikolaus im Dezember 2013.

Patricia Begle

Mookho Boitumelo Rankhala, Reginald Teys und Katharina Schöbi. Die drei jungen Erwachsenen sitzen erwartungsvoll mit mir am Tisch. Die Musik, besser gesagt das „Mangaung String Programme“ (siehe Spalte rechts), hat sie zusammen gebracht und auf einen anderen Kontinent geführt, von Südafrika nach Vorarlberg und umgekehrt. Die zwei aus Südafrika studieren seit dem Frühjahr am Landeskonservatorium in Feldkirch. Die Vorarlbergerin verbrachte im Herbst drei Monate in Südafrika als Volontärin beim Mangaung String Programme.

Anders. Mein Interesse gilt zu Beginn des Gesprächs ihrem „Blick von außen“. Wie erleben die südafrikanischen Studierenden unsere Kultur und Mentalität? Was ist bei uns anders? Zurückhaltung und Verschlossenheit, kommt nach kurzem Nachdenken als erste Antwort. „Viele Leute schauen dir zuerst in die Augen, dann auf den Boden“, beschreibt Reginald. Das hat ihn anfangs überrascht und verunsichert. Denn in seiner Heimat reden Menschen immer und überall miteinander, egal ob sie sich kennen oder nicht.

Bewegung. Unterschiede gibt es auch beim Musik machen. „Für das Publikum in Südafrika ist es sehr anstrengend, bei einem Konzert ruhig sitzen zu bleiben, sie wollen mittanzen und mitsingen“, erklärt Reginald. Das hängt einerseits mit den Stücken selbst zusammen, andererseits hat sich dieses Verhalten bei uns über Jahrhunderte hin entwickelt. „Früher war zum Beispiel eine Ouverture dazu da, anzukommen und Platz zu nehmen“, erläutert Katharina, „heute sitzt man sogar bei einem Walzer und hört bloß zu.“

Hinhören. Natürlich hat das Zuhören seinen eigenen Wert. Gerade bei klassischer Musik wird oft intensiv an kleinen Details gearbeitet, hier braucht es dann auch das genaue Hinhören. Es wird in der klassischen Musikausbildung auch geschult, Stücke werden analysiert, Melodieführung und Harmonien genau untersucht. „Dadurch hört man andere Dinge, es hat eine andere Wirkung und beeinflusst auch das Schönheitsempfinden“, beschreibt Katharina. Bei den traditionellen  Stücken, die auch zum Repertoire des Bochabela Orchesters gehören, geht es nicht so sehr darum, irgendwelche klassischen Regeln zu befolgen. „Wir schauen uns anfangs die Struktur an, dann soll es aber vor allem Spaß machen“, erzählt Mookho. So gehört das Tanzen dazu – bei den Orchestermusiker/innen und beim Publikum.
 
Multikulti. Was Katharina in Südafrika besonders beeindruckte, war das Ineinander vieler Kulturen und Traditionen. „Hier erlebt man, was ‚mulitkulti‘ eigentlich heißt“, erzählt sie. „Jedes Kind spricht mehrere Sprachen. Und es klappt, es ist gar keine Frage.“
Mookho zum Beispiel spricht heute sieben Sprachen, sechs hat sie als Kind gelernt. Mit ihrer Mutter spricht sie Tswana, mit ihrem Vater Sotho, mit der Frau ihres Onkels Xhosa, dann lernte sie Zulu von den Kindern in der Nachbarschaft, Africaans von ihrem Großvater und Englisch sprach sie in der Schule. Manche der Sprachen ähneln sich, manche sind komplett verschieden. Heute findet sie es anstrengend, wenn sie nur in einer Sprache sprechen muss. Zuhause wechselt sie diese im Laufe eines einzigen Satzes. Diese große Kompetenz im Sprachenlernen hat der jungen Frau natürlich auch das Deutsch-Lernen erleichtert. Es erstaunt, wie gut sie nach so kurzer Zeit spricht.

Gestaltungsfreiheit. Mookho‘s Heimatstadt Bloemfontein liegt in der Mitte des Landes, sodass viele unterschiedliche Volksgruppen und Kulturen dort zusammengekommen sind. Dass sich dabei Kulturen vermischen, ist ganz natürlich. Jede Familie entscheidet selbst, welche Traditionen sie pflegt. „Weil es dort so vielfältig ist, hat man nicht wie bei uns die Angst, dass irgendetwas „zerstört“ wird: „Oh, das Ur-Österreichische wird jetzt angegriffen...“, erklärt Katharina. Für die Feldkircherin war es auf dem Hintergrund dieser Erfahrung seltsam, auf facebook auf das Wahl-Plakat mit der Aufschrift „Kein Deutsch, keine Chance“ zu stoßen. „Das ist so engstirnig.“

Toleranz. Vielfalt gibt es auch im religiösen Bereich, Traditionelles mischt sich hier ganz selbstverständlich mit ein. Das zeigt sich nicht nur in den Gestaltungsformen der Gottesdienste, die häufig sehr lebendig gefeiert werden. Es kommt auch vor, dass Männer mehrere Frauen haben - trotz ihrer christlichen Konfession. „Weil es so viele Konfessionen gibt, ist nicht mehr eine die richtige und eine die falsche, jede ist eine von vielen“, beschreibt Katharina beeindruckt.

Schwarz-Weiß. Das Akzeptieren des Anders-Seins wird den Menschen dieses Kulturkreises also gleichsam in die Wiege gelegt. Diese Haltung steht in völligem Widerspruch zu jener Politik, die jahrzehntelang von weißen Politikern in diesem Land betrieben worden ist. Noch heute sind die Spuren sicht- und spürbar. So ist Katharina in öffentlichen Verkehrsmiteln nie auf Weiße gestoßen. „Das ist schade, denn hier würde man miteinander in Kontakt kommen“, überlegt die junge Frau. Dass sie weiß ist, wurde ihr dann bewusst, wenn sie als „Attraktion“ gesehen und angestarrt wurde. „Das war unangenehm.“ Grundsätzlich aber hat sie von Anfang an dazugehört und wurde freundlich und unkompliziert aufgenommen.

Verbindend. Das Mangaung String Programme ermöglicht es, Grenzen zu überwinden und Verbindungen zu schaffen, auf musikalischer und persönlicher Ebene. Die Wirkungen eines solchen Austausches sind bleibend. Bei allen Beteilgten.

 

Mangaung String Programme

Das Mangaung String Programme wurde 1998 vom amerikanischen Kontrabassisten Peter Guy in Bochabela, einem Township der südafrikanischen Stadt Bloemfontein ins Leben gerufen. Mittlerweile erhalten dort über 500 junge Menschen Musikunterricht. Sie erlernen Instrumente, die in Zeiten der Apartheid der weißen Bevölkerung vorbehalten war. Das Maungaung String Programme ist vielen zur Heimat geworden, stärkt den Selbstwert und eröffnet gute Zukunftsperspektiven.

Klaus Christa, Violalehrer am Landeskonservatorium Feldkirch, hat das Orchester des Mangaung String Programmes vor vier Jahren erstmals nach Europa gebracht. Mittlerweile studieren zwei südafrikanische Musiker/innen am Landeskonservatorium: Reginald Teys studiert Cello, Mookho Boitumelo Rankhala studiert Viola. Zur Finanzierung des Studiums wurde ein Freundeskreis ins Leben gerufen. Infos dazu finden Sie unter www.pforte.at.

In diesen Tagen tourt das Bochabela String Orchestra
bereits zum vierten Mal durch Deutschland, Österreich und durch die Schweiz. Drei Mal ist es in Vorarlberg zu hören:

Fr 16. Jänner, 20 Uhr
Festsaal des Landeskonservatoriums, Feldkirch.
Kartenvorverkauf: www.v-ticket.at

So 18. Jänner, 11 Uhr
Gestaltung des Sonntagsgottesdienstes, Dom St. Nikolaus, Feldkirch.

So 18. Jänner, 21 Uhr
Pfarrkirche Lech.
Kartenvorverkauf: T 05583 2161.

Weitere Infos finden Sie unter: mangaungstringprogr1.wix.com/msp