Hinterglasbilder von Gerhard Winkler zu den Werken der Barmherzigkeit und dazu Texte von Maria Hildegard Brem ergeben ein sehens- und lesenswertes Büchlein.

Wolfgang Ölz

Der pensionierte Gymnasialprofessor Gerhard Winkler hat sich künstlerisch mit einem seiner Lieblingsthemen, den geistigen und leiblichen Werken der Barmherzigkeit, auseinandergesetzt. Entstanden sind zweimal sieben treffliche Illustrationen, die die Äbtissin des Zisterzienserinnenklosters von Mariastern-Gwiggen, Mutter Maria Hildegard Brem, mit passenden Texten versehen hat.

Das Vorwort ist jenem Interview mit Papst Franziskus entnommen, das der Jesuit Antonio Spadaro SJ  im August 2013 mit dem Pontifex der katholischen Kirche geführt hat. Diese Sätze haben mittlerweile einen geradezu klassischen Klang bekommen, wenn es da heißt, was die Kirche heute brauche, sei die Fähigkeit, „Wunden zu heilen und die Herzen der Menschen zu wärmen“. Der Papst sieht „die Kirche wie ein Feldlazarett nach einer Schlacht. (...) Man muss die Wunden heilen. Dann können wir von allem anderen sprechen. Und weiter: „Die Diener der Kirche müssen barmherzig sein, (...) wie der gute Samariter, der seinen Nächsten wäscht, reinigt, aufhebt. Das ist pures Evangelium!“ Diesen Worten des Papstes ist auch der Titel des bibliophil ansprechend gestalteten Bändchens entnommen: „evangelium pur“.

Die Handschrift des Künstlers, wie sie in der vorliegenden Publikation zu Tage tritt,  hat Gerhard Winkler bereits in seinem großen Fastentuch für die Haselstauder Pfarrkirche kultiviert. Auch im Vorhang zu den Werken der Barmherzigkeit im Franziskanerkloster in Bezau findet der Betrachter schon diese Art zu zeichnen: statt einer individualisierten Handschrift verwendet er eine sehr reduzierte, beinahe karikaturenhafte Darstellungsweise. Es ist die Fortschreibung der Biblia pauperum, die Zeichnung für die einfachen Menschen, die der Künstler anstrebt. Bestimmte Bildelemente wie etwa das Auge, die Hand, das Kreuz kehren auch immer wieder und weisen auf heilsgeschichtliche Momente der Werke der Barmherzigkeit hin.

Die Äbtissin Maria Hildegard Brem lässt sich von diesen Bildern zu poetischen Sprachbildern animieren. Dabei deutet sie den profanen Hunger nach Brot, den Durst nach Wasser immer auch symbolisch als Hunger nach Liebe. Überhaupt ist das Wort Liebe, genauso wie das Wort Gott eines der Haupt-Wörter der Gwiggener Äbtissin, die neben ihren Führungsaufgaben auch schriftstellerisch tätig ist. In den Texten klingt ein tiefes Wissen um die Heilsbedürftigkeit des Menschen an. Mutter Hildegard Brem bringt wie nebenbei ihr Wissen um die Führung der Seelen ein. Ein lesens- und anschauenswertes Buch.

BUCHTIPP:

Maria Hildegard Brem, Gerhard Winkler:
evangelium pur. Die Werke der Barmherzigkeit.
Bucher 2014, 48 Seiten, gebunden, € 14,50