Teil 6 der Serie "Mit Matthäus im neuen Kirchenjahr"

Gott geht mit uns durch dick und dünn. Dieser Weg Gottes ist unumkehrbar. Das hat Jesus deutlich gezeigt in seinem Leben und Wirken. Aber er hat auch gezeigt: Es bleibt uns nicht erspart, durch dick und dünn zu gehen – dunkle und gefahrvolle Wege inbegriffen. (Mt 26–28)

Krankheiten, Schmerzen, Ängste und Sorgen sind und bleiben Teil unseres Lebens. Für Gott ist es keine Frage, in all dem an unserer Seite zu sein. Die Frage ist vielmehr: Sind wir in all dem an der Seite Gottes? Der Gott, von dem Jesus erzählt, ist am Leben der Menschen interessiert, und zwar so sehr, dass er sich auf dieses Leben einlässt – mit allem, was dazugehört: die Liebe und das Leid – bis hin zum Tod und darüber hinaus. Der gesamte Weg Jesu führt uns genau das vor Augen, dass Jesus freiwillig und bewusst ins Leiden geht. Nach Matthäus feiert er das letzte Abendmahl im sicheren Wissen um seinen baldigen Tod.

Jesu Ringen im Angesicht des Todes
Am Ende seines öffentlichen Wirkens ringt Jesus damit, den Weg des Leidens zu gehen. Jesus freut sich nicht auf den Tod und er sucht den Tod auch nicht; vielmehr will er leben und hat Angst vor dem Sterben. Aber er flieht nicht vor dem Leid und dem Tod, sondern er hält stand und betet. Er ballt die Hand nicht zur Faust, sondern erhebt die Hände zum Gebet. Selbst als seine Jünger ihn im Stich lassen, verurteilt er sie nicht.

Verkannt von seinen Anhängern
Die entscheidende Frage im Prozess, der Jesus gemacht wird, ist die Frage nach der Messianität Jesu. Das hat Matthäus klar und deutlich herausgearbeitet. Wenngleich sich Jesus ganz eindeutig zu seiner Messianität bekennt, so wird er doch von seinen Jüngern und Jüngerinnen verkannt – von denen, die ihn am ehesten hätten erkennen sollen. Petrus, sein engster Anhänger, verleugnet ihn dreimal, und Judas hat ihn sogar verraten und an den Hohen Rat ausgeliefert. Das Matthäusevangelium erzählt, dass Judas mit dieser seiner Schuld nicht fertig geworden ist und sich erhängt hat. Letztlich bleibt wohl die Gestalt des Judas ein Rätsel. Es ist allein die Entscheidung Gottes, ob seine Tränen der Reue noch getrocknet werden oder vergeblich geflossen sind. Judas hat jedenfalls seine Entscheidung getroffen und seine Handlung gesetzt – die schließlich soweit führte, dass Pilatus Jesus zum Tod am Kreuz verurteilte.

Vertrauen, nicht verdrängen
Matthäus mutet den Leserinnen und Lesern seines Evangeliums die brutale Realität des Kreuzestodes Jesu zu. Den Tod zu verdrängen ist nicht möglich. Jesus schreit seine Not und seine Verlassenheit heraus. Die Sinnlosigkeit seines Todes, das Unrecht, das ihm angetan wird – das alles legt Jesus in sein letztes Wort am Kreuz. Doch gerade in Form der Klage macht er deutlich, dass er selbst in dieser ausweglosen Situation des Todes an seinem Gott festhält: „Mein Gott …“ sagt er zu seinem „Abba“.

Das Ziel: Leben
Das Kreuz aber ist nicht das Letzte. Hoffnung tut sich auf, als die Frauen, die begeistert und getragen von der Botschaft Jesu bisher den Weg mit ihm gegangen sind, sich entscheiden, nach dem Grab zu sehen. Sie entdecken das leere Grab, das Symbol der Auferstehung Jesu von den Toten, und sind die ersten Zeuginnen seiner Auferstehung. Sie erfahren: Jesus wurde auferweckt. Jesus lebt. Halleluja!

Zwar voller Furcht, aber trotzdem erfüllt von großer Freude und wohl auch im Wissen darum, dass Gott an ihrer Seite ist, machen sie sich auf den Weg, um den Jüngern und Jüngerinnen die Auferstehung zu verkünden. Auf diesem Weg begegnet ihnen der Auferstandene selbst. Er ermutigt sie, ihren Weg zu gehen: Den Weg des Glaubens und des Vertrauens, den Weg der Freude und der Hoffnung. Den Weg, den Jesus uns im Lieben und Leiden vorgelebt hat. Jenen Weg, dessen Ziel das Leben ist. 

Aus dem KirchenBlatt Nr. 2 vom 9. Jänner 2014