Während Jodok Fink als Politiker vielen Menschen bekannt ist, weiß kaum jemand etwas von seiner ältesten Tochter Katharina. Die Lochauer Künstlerin Katja Berger hat ihr nun ein Denkmal gesetzt, das erstaunt. Viel erstaunlicher aber ist der Entstehungsprozess des Werkes. Er zeigt, was passieren kann, wenn Frauen auf sehr ungewöhnliche Art miteinander ins Gespräch kommen.

Patricia Begle

Der Kontakt mit dem amerikanischen Fotokünstler Charles Trainor Jr. war es, der in Katja Berger’s Leben eine klare Spur legte: Seither wusste sie, dass sie fotografieren will. Die damals 19-Jährige begann mit dem Festhalten in Bildern und sammelte nebenbei alles, was sie in Zeitungen und Büchern an interessanten Bildern und Texten fand. Was sie ansprach, wurde herausgerissen und beiseitegelegt.

Katja BergerCollagen
Vor ein paar Jahren entdeckte sie das Malen mit Acrylfarben und integrierte es in ihr künstlerisches Schaffen. Heute erstellt sie Collagen und verbindet dabei Fotografien, Bild- und Textausschnitte, Kalligraphie und Acrylmalerei. Sie verbindet damit auch Altes mit Neuem oder Dinge, die in der Realität nichts miteinander zu tun haben. Das macht den Reiz ihrer Arbeit aus. Dabei geht sie völlig intuitiv vor: Elemente werden geklebt, bemalt, beschrieben, wieder übermalt - solange bis es passt. Das Erleben dieses Entstehungprozesses und das Betrachten des fertigen Bildes ist es, was Freude macht, „irrsinnige Freude“.

Jodok
Im Frühjahr 2013 kam Katja Berger mit Margarete Broger, der Leiterin des Kulturvereines „Bahnhof“ in Andelsbuch ins Gespräch. Bald schon stand der Termin für eine Ausstellung fest. „Mit Regionalbezug“ wurde gewünscht. So war es naheliegend, eine Collage zu Jodok Fink zu erstellen. Drei große Porträts setzten dafür den Anfang. Mehr kam nicht. „Vielleicht liegt es daran, dass ich gelesen hatte, dass Jodok Fink sich nicht gerne fotografieren ließ. Jedenfalls kam nichts mehr“, erinnert sich die Künstlerin. Was sie aber nicht mehr los ließ, war Katharina Fink. Ein Foto mit einer Notiz war das Einzige, was sie von der Tochter des Politikers wusste. Sie begann sich ihr zuzuwenden, kopierte das Foto, klebte es auf die Leinwand und ließ sich auf einen Prozess ein, der drei Monate dauern sollte.

Sr. Jodoka von Katja BergerJodoka
Der Prozess wurde zu einem äußerst intensiven,  denn die Bregenzerwälderin entpuppte sich als anspruchsvolles Gegenüber. „Es passte ihr einfach nichts“, erzählt Katja Berger, die mit der Ordensfrau immer tiefer in Kontakt kam. Zigmal mussten Bildelemente neu geklebt und wieder übermalt werden. Die Hintergrundfarbe wechselte von blau über grün bis hin zum Erdton, die Mantelfarbe von gelb zu rosa. Nichts durfte über ihr sein, sie wollte leere Hände, keinerlei Schriftzeichen, nur dezente Fotografien durften ihren Mantel mitgestalten. Von der Künstlerin waren gute Nerven gefordert, manchmal verzweifelte sie fast an der Ordensfrau.

Fast heilig
Heute hebt sich Jodoka von den anderen Werken Bergers ab. Schlicht steht sie da. Und dennoch muss man immer wieder zu ihr hinsehen. Das Bild birgt eine unheimliche Präsenz. Jodokas Blick fesselt und beunruhigt, so direkt ist er. Die Hände scheinen zu verteilen und aufzunehmen zugleich. Die Rosen gleichen einem schwebenden Kranz. „Sie sieht fast aus wie eine Heilige“, überlegt Katja Berger. Mittlerweile mag sie den Blick der Jodoka. Und das ist gut so, denn derzeit hängt das Werk im Wohnzimmer der Familie Berger und begleitet die Künstlerin bei ihrem Arbeiten.

Öffentlichkeit
Einen fixen Platz hat Jodoka noch nicht. „Es wäre schön, wenn sie einer größeren Öffentlichkeit zugänglich wäre“, erklärt Katja Berger. Gemeinsam mit zwei Künstler-Freundinnen hat sie das Bild im Sommer auf der Bregenzer Strandpromenade in die Öffentlichkeit gebracht. Die Resonanz war spannend. Von „Seid ihr eine Sekte?“ bis zu „Bei uns gibt es auch viele Ordensschwestern - könnt ihr von denen auch ein Bild erstellen?“ Viele Passant/innen stellten sich in Jodoka’s Handstellung vor das Bild. Die Hände nach oben hin offen.

Heiligenbilder
Das Werk zieht noch andere Kreise. Menschen bringen nun neben Familienfotos auch alte Heiligenbilder zu Katja Berger, damit sie diese in einer Collage „modern verpackt“. „Früher hingen in den meisten Häusern Heiligenbilder. Sie vermittelten Schutz und Vertrauen. Das ist vielfach verloren gegangen“, erklärt Berger. In Form einer Collage verbinden sich die alten Bilder, die oft von den Großeltern stammen, mit einem Stück Gegenwart. Das spricht die Menschen an, Sehnsucht wird spürbar. „Ich möchte, dass Menschen beim Betrachten meiner Bilder etwas Positives finden und daraus Kraft schöpfen können“, sagt die Künstlerin. Und das gelingt ihr.

Sr. Jodoka FinkSr. Jodoka Fink

Katharina Fink wurde am 25. 11. 1888 als älteste Tochter von Katharina und Jodok Fink in Andelsbuch geboren. 1910 trat sie in den Orden der Barmherzigen Schwestern in Innsbruck ein. Zeit ihres Lebens arbeitete sie als Krankenschwester - als OP-Schwester in Hall und später als Röntgenschwester in Rankweil/Valduna.

„Sie war eine sehr starke Frau“, erinnert sich Sr. Magna, Mitschwester und Nichte von Jodoka. „Was sie gewusst hat, hat sie gewusst, sie war sich ihrer Sache sicher. Sie hat auch ihre Arbeit sehr gut gemacht. Ein Arzt meinte einmal: Das Blinddarmoperieren hat mich nicht der Chef gelehrt, sondern Sr. Jodoka.“

„Man hat gesagt, wie es gewesen ist, und nicht anders.“ Diesem Familienleitsatz blieb die Ordensschwester treu. Ihre Gradlinigkeit brachte ihr viele Schwierigkeiten, besonders in der NS-Zeit, in der „man nicht mehr über alles reden durfte“.  Sr. Jodoka aber stellte die Leute immer zur Rede. Die plötzliche Versetzung nach Rankweil ins Unfallkrankenhaus war wohl eine Folge ihrer Geradlinigkeit. Ihr Erbe ist geblieben: noch heute heißt es unter den Schwestern ab und zu: „Grad - wia die Jodoka.“ 

Sr. Jodoka verstarb am 31. Oktober 1969 nach einer Gallenpoeration, ihre Nichte Sr. Magna war bei ihr.