Berührend und begeisternd - so der Tenor der zahlreichen KirchenBlatt-Leser/innen, die sich zur Arno Geiger-Exklusiv-Lesung im Bregenzer Haus Mariahilf versammelten.

Veronika Fehle

„Es ist schade, dass mein Vater  krank geworden ist. Aber im Alltag schiebe ich diese Traurigkeit beiseite und gehe positiv mit der Situation um. Ich kann die Krankheit nicht ändern, nur meine Einstellung zur Krankheit. Das Verlorene ist verloren. Im Alltag zählt das Vorhandene, und da greifen wir nach allem Schönen, nach jedem Glücksmoment“, erzählt der Vorarlberger Schriftsteller Arno Geiger auf sein aktuelles Buch „Der alte König in seinem Exil“ angesprochen.

Trauer und Nähe
Geiger schreibt darin von seinem Vater und dessen Demenzerkrankung. Er schreibt natürlich von Trauer, Verzweiflung und dem Gefühlschaos, das vor allem auch auf jene einbricht, die der Krankheit machtlos gegenüberstehen. Geiger schreibt aber auch von Freude, von Klugheit, von Nähe und Menschlichkeit. „Der alte König in seinem Exil“ ist als Schriftwerk an sich schon bestechend. Wenn aber der Autor selbst aus seinen Zeilen liest, dann ist da immer noch ein bisschen mehr. So auch bei der KirchenBlatt-Lesung am vergangenen Dienstagabend im Bregenzer Haus Mariahilf.
Und sie kamen zahlreich, die KirchenBlatt-Leser/innen, ihre Exemplare des „Alten Königs“ unterm Arm, in der Hand- oder der Manteltasche. Sie hörten zu, ließen sich mitreißen, trauerten mit den Worten und freuten sich über die kleinen zwischenmenschlichen Gesten, die Arno Geiger in seinem sehr autobiographisch eingefärbten Text aufkeimen ließ.

Autor, Erzähler, Vorleser
Arno Geiger ist ein Schriftsteller. Das kann er perfekt. Er ist aber auch ein Erzähler, der von Menschen, von Sorgen und von der Freude berichtet. Arno Geiger ist aber auch - selbst wenn er sein Publikum nicht mit ausschließlich „schönen“ Geschichten schont und in Watte packt - ein angenehmer Vorleser. Eine KirchenBlatt-Exklusiv-Lesung, die in Erinnerung bleibt.

Zur Person
Arno Geiger wurde 1968 in Bregenz geboren und studierte Deutsche Philologie, Alte Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft in Wien. 1996 wurde er zum Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis eingeladen. Mit dem 2005 erschienenen Roman „Es geht uns gut“ gelang ihm der endgültige Durchbruch. Arno Geiger lebt heute als Schriftsteller in Wolfurt und Wien.


Zur Sache

Der alte König in seinem Exil

„Es geht uns gut“, stellte der Vorarlberger Schriftsteller Arno Geiger 2005 mit seinem gleichnamigen Roman fest - und holte sich damit den ersten Deutschen Buchpreis. Es folgten u. a. „Anna nicht vergessen“ und „Alles über Sally“ - und jetzt eben „Der alte König in seinem Exil“.

Ein kluges Buch
Splitterte Geiger in „Es geht uns gut“ die österreichische Geschichte am Beispiel einer Familie auf, legte er mit „Anna nicht vergessen“ eine Reihe an Erzählungen nach und tauchte mit „Alles über Sally“ tief in  die Wirren einer Dreiecksbeziehung ab, so schlägt er mit „Der alte König in seinem Exil“ wiederum eine neue Seite auf, erzählt von seinem Vater und dessen Demenzerkrankung.
Es ist ein Buch, das autobiographische Züge nicht verleugnen kann. Es ist aber auch ein unglaublich berührendes und kluges Buch, das die Krankheit nicht entschärft und die Angehörigen nicht schont und dennoch von unglaublicher Schönheit und Nähe bestimmt ist.

Arno Geiger: „Der alte König in seinem Exil“, Hanser Verlag, München 2010. 188 Seiten.