6. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B, 12. Februar 2012. Wort zum Sonntag von Johannes Christoph Heil, Bregenz.

12 bis 15 Stunden Arbeit pro Tag, als Krankenschwester in einem Spital in Afrika. Wie Jesus auf die Bitte des Aussätzigen reagiert – er hat Mitleid mit ihm, streckt die Hand aus, berührt ihn und sagt: Ich will es, werde rein! –, das gab ihr Kraft und Mut. Sie infizierte sich mit einer gebrauchten Nadel. „Nicht nur, dass ich an AIDS erkrankt bin, drückt schwer  ...  auch all die Vorurteile, Abneigungen, das Ausgegrenzt-Werden.“ Heute arbeite sie bei der „AIDS-Hilfe“ und pflege die, die sich selber nicht mehr helfen können. 

Evangelium
Markus  1, 40–45

Ein Aussätziger kam zu Jesus und bat ihn um Hilfe; er fiel vor ihm auf die Knie und sagte: Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde. Jesus hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will es – werde rein! Im gleichen Augenblick verschwand der Aussatz, und der Mann war rein.
Jesus schickte ihn weg und schärfte ihm ein: Nimm dich in Acht! Erzähl niemand etwas davon, sondern geh, zeig dich dem Priester und bring das Reinigungsopfer dar, das Mose angeordnet hat. Das soll für sie ein Beweis (meiner Gesetzestreue) sein. Der Mann aber ging weg und erzählte bei jeder Gelegenheit, was geschehen war; er verbreitete die ganze Geschichte, so dass sich Jesus in keiner Stadt mehr zeigen konnte; er hielt sich nur noch außerhalb der Städte an einsamen Orten auf. Dennoch kamen die Leute von überall her zu ihm.

1. Lesung
Levitikus 13, 1–2. 43ac. 44ab. 45–46

Der Herr sprach zu Mose und Aaron: Wenn sich auf der Haut eines Menschen eine Schwellung, ein Ausschlag oder ein heller Fleck bildet, liegt Verdacht auf Hautaussatz vor. Man soll ihn zum Priester Aaron oder zu einem seiner Söhne, den Priestern, führen. [. . .] Der Priester soll ihn untersuchen. Stellt er [. . .] eine hellrote Aussatzschwellung fest, die wie Hautaussatz aussieht, so ist der Mensch aussätzig; er ist unrein. Der Priester muss ihn für unrein erklären; [. . .] Der Aussätzige, der von diesem Übel betroffen ist, soll eingerissene Kleider tragen und das Kopfhaar ungepflegt lassen; er soll den Schnurrbart verhüllen und ausrufen: Unrein! Unrein! Solange das Übel besteht, bleibt er unrein; er ist unrein. Er soll abgesondert wohnen, außerhalb des Lagers soll er sich aufhalten.

2. Lesung
1 Korinther 10, 31 – 11, 1
Ob ihr also esst oder trinkt oder etwas anderes tut: tut alles zur Verherrlichung Gottes! Gebt weder Juden noch Griechen, noch der Kirche Gottes Anlass zu einem Vorwurf! Auch ich suche allen in allem entgegenzukommen; ich suche nicht meinen Nutzen, sondern den Nutzen aller, damit sie gerettet werden. Nehmt mich zum Vorbild, wie ich Christus zum Vorbild nehme.

Wort zum Sonntag

Johannes Christoph HeilJohannes Christoph Heil
wohnt mit seiner Familie in Bregenz am Bodensee, ist „Gastarbeiter“ mit Schweizer Wurzeln und arbeitet als Seelsorger im LKH Bregenz;
Lebens- und Sozialberater.
Den Autor erreichen Sie unter sonntag@kirchenzeitung.at

Der Aussatz

Ich erinnere mich noch gut an eine Zugfahrt nach Berlin, eine junge hübsche Frau saß mir gegenüber. Schnell hatten wir Kontakt und kamen in ein Gespräch über Literatur, Politik und Gott. Nach zwei Stunden piepste ihre Uhr. Sie holte eine Schachtel mit Medikamenten aus ihrem Handgepäck und sagte: „Sorry, hätten sie einen Schluck Wasser?“ Ich füllte ihr Glas. In einem Zug war es leer und ihre Hand befreit von Pillen aller Farben. „Das gehört zu meinem Leben und ist schon fast ein Ritual geworden. Aber ohne diese Medikamente hätte ich nicht mehr lange zu leben, ich habe AIDS.“ Mir fiel beinah die Wasserflasche aus der Hand, die ich gerade zum Mund führen wollte. „Trinken sie nur aus der Flasche, das Wasser ist sauber, keine Angst.“

Sie erzählte, was geschehen war: Sie war als Krankenschwester in einem Spital in Afrika, die Menschen seien ihnen buchstäblich unter der Hand weggestorben. AIDS hing wie ein Damoklesschwert über dem Spital. 12 bis 15 Stunden Arbeit pro Tag. Wie Jesus auf die Bitte des Aussätzigen reagierte – Jesus hatte Mitleid mit ihm, er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will es – werde rein! –, das gab ihr Kraft und Mut nicht aufzugeben und all ihre Kräfte für die an AIDS Erkrankten einzusetzen. Bis zu dem Moment, als sie sich mit einer
gebrauchten Nadel stach. Heute schreie sie immer wieder: Heile mich, Herr! „Nicht nur, dass ich an AIDS erkrankt bin, drückt schwer auf meinen Schultern ... auch all die Vorurteile, Abneigungen und das Ausgegrenzt-Werden – es bringt einen manchmal beinahe um. Wäre da nicht ein Gott, der mir die Hände entgegenstreckt und mir mit seinem Wort Tag für Tag Kraft und Mut gibt, hätte ich längst schon alles hingeschmissen.“

Berlin. Bevor sich unsere Wege trennten, lud sie mich ein, sie zu besuchen. Wo sie denn wohne, fragte ich sie? Sie arbeite bei der „AIDS-Hilfe“ und pflege die, die sich selber nicht mehr helfen können. Bei diesen Menschen sei auch ihr Zuhause ...

Zum Weiterdenken
Woran halte ich fest – am Wort Gottes oder an meinen Vorurteilen?