4. Sonntag im Jahreskreis. Lesejahr B, 29. Jänner 2012. Wort zum Sonntag von Pfr. Christian Öhler.

Es ist wie ein Kampf – bei allen Heilungen durch Jesus – das fällt auf. Es kommt zu einer Konfrontation mit negativen Kräften. Heilungen brauchen ungeheure Anstrengungen, oft über längere Zeiten hin. Anstrengung ist auch notwendig, um alle anderen Besessenheiten zu heilen: vom unreinen Geist der Profitgier, der Menschen versklavt und die Welt auslaugt; vom Geist der Verlogenheit im öffentlichen Diskurs; vom Geist der Angst, der die Waffen-industrie anstatt die Armen nährt . . .

Evangelium
Markus  1, 21–28

Sie kamen nach Kafarnaum. Am folgenden Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der (Vollmacht) hat, nicht wie die Schriftgelehrten. In ihrer Synagoge saß ein Mann, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Da erschraken alle, und einer fragte den anderen: Was hat das zu bedeuten? Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet. Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.

1. Lesung
Deuteronomium 18, 15–20

Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott, aus deiner Mitte, unter deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören. Der Herr wird ihn als Erfüllung von allem erstehen lassen, worum du am Horeb, am Tag der Versammlung, den Herrn, deinen Gott, gebeten hast, als du sagtest: Ich kann die donnernde Stimme des Herrn, meines Gottes, nicht noch einmal hören und dieses große Feuer nicht noch einmal sehen, ohne dass ich sterbe. Damals sagte der Herr zu mir: Was sie von dir verlangen, ist recht. Einen Propheten wie dich will ich ihnen mitten unter ihren Brüdern erstehen lassen. Ich will ihm meine Worte in den Mund legen, und er wird ihnen alles sagen, was ich ihnen auftrage. 

2. Lesung
1 Korinther 7, 32–35

Ich wünschte aber, ihr wäret ohne Sorgen. Der Unverheiratete sorgt sich um die Sache des Herrn; er will dem Herrn gefallen. Der Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; er will seiner Frau gefallen. So ist er geteilt. Die unverheiratete Frau aber und die Jungfrau sorgen sich um die Sache des Herrn, um heilig zu sein an Leib und Geist. Die Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; sie will ihrem Mann gefallen. Das sage ich zu eurem Nutzen: nicht um euch eine Fessel anzulegen, vielmehr, damit ihr in rechter Weise und ungestört immer dem Herrn dienen könnt.

Wort zum Sonntag

Christian ÖhlerChristian Öhler

ist Pfarrer in Bad Ischl - St. Nikolaus und
Geistlicher Assistent der Katholischen Aktion OÖ.
Den Autor erreichen Sie unter
sonntag@kirchenzeitung.at

Heilsame Begegnung

Es steht nicht da, was Jesus predigte, sondern nur, dass seine Zuhörer außer sich gerieten – so im griechischen Original. Da besteht bei unseren heutigen Predigten keine Gefahr. Jesus war eben mehr als ein Schriftkundiger. „Den Armen verkündete er die Botschaft vom Heil“, beten wir im Vierten Hochgebet der Messe. Gleichsam als Erklärung, wie dieses Heil sein kann, folgt ein Zeichen. Wenn du glauben kannst, wirst du frei werden von der Besessenheit, vom Zwang, von Angst und Ohnmacht. Das Heil ist der freie Mensch aufgrund des Vertrauens auf Gott.  Die Heilung am Sabbat zeigt außerdem ganz deutlich, was der Sinn von Religion ist – nicht die Religion, sondern der heile Mensch.

Was bedeutet „besessen sein“ heute? Von einer fremden Macht besetzt sein und nicht zu sich selber kommen können. Es gibt menschenfeindliche, das Leben zerstörende Kräfte und Mächte, Zustände und Verhältnisse, wo ein Mensch nicht mehr voll und normal leben kann. Etwas oder jemand bringt ihn soweit, dass er sagt: ich bin kein Mensch mehr. Entfremdete Menschen, gestört im Verhalten, in der Kommunikation, unfähig zu einer normalen Begegnung.

Bei allen Heilungen durch Jesus fällt auf, dass es wie ein Kampf ist. Es kommt zu einer Konfrontation mit negativen Kräften. Heilungen brauchen ungeheure Anstrengungen, oft über längere Zeiten hin. Anstrengung ist auch notwendig, um alle anderen Besessenheiten zu heilen: vom unreinen Geist der Profitgier, der Menschen versklavt und die Welt auslaugt; vom Geist der Verlogenheit im öffentlichen Diskurs; vom Geist der Angst, der die Waffenindustrie anstatt die Armen nährt. Zu oft schweigen oder verstummen wir Christen vor dem Ungeist. Nicht von ungefähr ist die Vollmacht, böse Geister zu vertreiben, ein wichtiges Element im Auftrag, den Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern gibt.

Zum Weiterdenken

Wie viele Gedanken gehen mir an einem einzigen Tag durch den Kopf? Welchen gebe ich Platz und von welchen Gedanken verabschiede ich mich, weil sie einem feindseligen Misstrauen, einer heranschleichenden Angst oder einer fixen Idee zu viel Raum geben?