2. Fastensonntag - Lesejahr B, 4. März 2012. Wort zum Sonntag von Franz Hinterholzer

Ohne jemals einen beglückenden Höhenflug wie Petrus, Jakobus und Johannes erlebt zu haben – die meisten Menschen gehen treu ihren Weg. Für sie gelten in besonderer Weise die Worte der Seligpreisungen, die Jesus auf einem anderen Berg gesprochen hat. Ob mit oder ohne Berg-Tabor-Erfahrung – Ziel sollte sein, mit Gottvertrauen unterwegs zu sein.

Evangelium
Markus  9, 2–10

Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus. Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen. Da kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören. Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich außer Jesus. Während sie den Berg hinabstiegen, verbot er ihnen, irgendjemand zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei. Dieses Wort beschäftigte sie, und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.

1. Lesung
Genesis 22, 1–2. 9a. 10–13.15–18

Nach diesen Ereignissen stellte Gott Abraham auf die Probe. Er sprach zu ihm: Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija, und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar. [. . .] Als sie an den Ort kamen, den Gott genannt hatte, baute Abraham den Altar, schichtete das Holz auf [. . .] Schon streckte Abraham seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten. Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel her zu: Abraham, Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Jener sprach: Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus, und tu ihm nichts zuleide! Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten. Als Abraham aufschaute, sah er: Ein Widder hatte sich hinter ihm mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen. Abraham ging hin, nahm den Widder und brachte ihn statt seines Sohnes als Brandopfer dar. [. . .] Der Engel des Herrn rief Abraham zum zweiten Mal vom Himmel her zu und sprach: Ich habe bei mir geschworen – Spruch des Herrn: Weil du das getan hast und deinen einzigen Sohn mir nicht vorenthalten hast, will ich dir Segen schenken in Fülle und deine Nachkommen zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und den Sand am Meeresstrand. Deine Nachkommen sollen das Tor ihrer Feinde einnehmen. Segnen sollen sich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde, weil du auf meine Stimme gehört hast.

2. Lesung
Römer 8, 31b–34

Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?
Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer kann die Auserwählten Gottes anklagen? Gott ist es, der gerecht macht. Wer kann sie verurteilen? Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt worden ist, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein.

Wort zum Sonntag

Franz HinterholzerFranz Hinterholzer
ist seit Jahren Pfarrer in Pfunds,
seit 2008 Dekan des Dekanates Prutz und
seit 2009 gleichzeitig Pfarrer in den Pfarreien Prutz, Kauns,
Ried, Fendels, Pfunds, Tösens und Spiss.

Den Autor erreichen Sie unter: sonntag@kirchenzeitung.at

9 von 12 nicht auserwählt!

Petrus, Johannes und Jakobus durften Jesus auf den Berg der Verklärung begleiten. Neun von zwölf Aposteln waren nicht auserwählt, mitzugehen – auf sie richtet sich mein Blick. Hätten die neun geahnt, was die drei anderen gerade erlebten, dann wären sie wohl vor Neid erblasst. Die neun, die keine Ekstase auf dem Berg erleben durften, sind trotzdem treu ihren Weg gegangen. Sie sind Jesus nachgefolgt bis in den eigenen Martertod.

Ich glaube, dass viele Menschen treu ihren Weg gehen, ohne jemals einen beglückenden Höhenflug erlebt zu haben. Für sie gelten in besonderer Weise die Worte der Seligpreisungen, die Jesus auf einem anderen Berg gesprochen hat. Wer aber irgendwann einmal ein Stück weit in den Himmel hineinschauen durfte, von dem wird dann meistens auch mehr erwartet.

Ein Beispiel dafür ist der Friedensnobelpreisträger Martin Luther King. Er setzte sich in den 1960er Jahren für die Rechte der schwarzen Bevölkerung in den USA ein, indem er die rechtlosen Menschen zu einem gewaltlosen Widerstand aufrief.
Bei einem Gottesdienst soll er gesagt haben: „Schwierige Tage liegen vor uns. Aber das macht mir jetzt nichts aus. Denn ich bin auf dem Gipfel des Berges gewesen. Wie jeder andere würde ich gerne lange leben. Aber darum bin ich jetzt nicht besorgt. Ich möchte nur Gottes Willen tun. Er hat mir erlaubt, auf den Berg zu steigen. Und deshalb bin ich glücklich heute Abend. Ich fürchte niemanden. Meine Augen haben die Herrlichkeit des kommenden Herrn gesehen.“
Am nächsten Tag wurde er beim Gottesdienst ermordet. Nach seiner Ermordung hat die Unterdrückung der ehemaligen Negersklaven ein jähes Ende genommen. Und heute ist ein Mann mit afrikanischer Abstammung der Präsident der USA. Ob Martin Luther King dieses Bild auf seinem Berg Tabor vorausgesehen hat? Ob mit oder ohne Tabor-Erfahrung, unser Ziel sollte es sein, treu und mit Gottvertrauen unseren Weg zu gehen.

Zum Weiterdenken

Bin ich neidisch auf das vermeintliche Glück anderer Menschen? Wer oder was gibt mir Kraft, meinen Weg zu gehen?

Ich gehe meinen Weg vor Gott im Land der Lebenden.
Voll Vertrauen war ich, auch wenn ich sagte: Ich bin so tief gebeugt.
Kostbar ist in den Augen des Herrn das Sterben seiner Frommen.
Ach, Herr, ich bin doch dein Knecht, dein Knecht bin ich,
der Sohn deiner Magd. Du hast meine Fesseln gelöst.
Ich will dir ein Opfer des Dankes bringen und anrufen den Namen
des Herrn. Ich will dem Herrn meine Gelübde erfüllen
offen vor seinem ganzen Volk, in den Vorhöfen am Haus des Herrn,
in deiner Mitte, Jerusalem.
Ich gehe meinen Weg vor Gott im Land der Lebenden.

Antwortpsalm (aus psalm 116)