Madre Sr. Angela Flatz (geb. 1933 in Hörbranz) feiert am 17. September in Bolivien ihr 60-jähriges Ordensjubiläum. Ihr Lebenswerk befindet sich in San Ignacio de Velasco: ein Spital für die dortige indigene Bevölkerung. Martin Fussenegger (88) aus Dornbirn, ein persönlicher Freund von Sr. Angela, hat viel über sie zu erzählen.

von Wolfgang Ölz

In Dornbirn-Hatlerdorf lebt das Ehepaar Martin und Elisabeth Fussenegger, das Madre Angela Flatz seit Anfang finanziell und ideell unterstützt hat. In einem längeren Gespräch geben sie Zeugnis von „ihrer“ Madre Sr. Angela. Die Wirkungsstätte von Sr. Angela Flatz ist San Ignacio de Velasco, tief im bolivianischen Urwald, 500 km von der Provinzhauptstadt Santa Cruz entfernt. Früher bedeutete das - bei guter Witterung - eine Fahrtzeit von 20 bis 30 Stunden, bis man San Ignacio erreichte. Den Ort, an dem Sr. Angela das Spital „Santa Isabel“ aufbaute.

Spitalsaufbau statt Studium
Ursprünglich war Sr. Angela Flatz für das Medizinstudium in der Hauptstadt La Paz vorgesehen, dann aber kam der damalige Bischof Josef Rosenhammer zu ihr und sagte: „Schwester Angela, ich muss ein Versprechen zurücknehmen, Sie müssen ein Spital für die Indianer bauen.“ Sr. Angela hat dann ein Stück Boden im Urwald draußen von einer evangelischen Christin geschenkt bekommen. Dort musste zunächst gerodet und der Bau des Krankenhauses von Beginn an begleitet werden. Was ihr besonders zu Hilfe kam, war, dass ihr Vater als Bürgermeister von Hörbranz auch Tischler gelernt hatte.
Auf Heimaturlaub hat sie in Vorarlberg Geld gesammelt, um ihr Spital mit hundert Betten aufzubauen. Viele Baumaterialien mussten von Santa Cruz 500km aus nach San Ignacio geflogen werden. Damals, im Jahr 1961, war das Flugzeug so klapprig, dass der Flügel mit Draht festgebunden werden musste. 

KH San Ignacio - Angela Flatz

Bild: Das heutige Krankenhaus in San Ignacio de Velasco geht auf Madre Angela Flatz zurück.

Viele private Spender/innen
Unterstützer von Sr. Angela sammelten Geld bis in den Hinteren Bregenzerwald. Mit und ohne Sr. Angela wurden da Vorträge über ihre Arbeit gehalten und so viele Spenden zusammengetragen. Auch die Vorarlberger Landesregierung hat ihren Beitrag geleistet, Gebhard Hagen war hier aktiv. Vom Land wurde anlässlich des Baus der Brunnen bezahlt. Ebenso hat die Gemeinde Hörbranz jährlich einen Beitrag für das Spital bereitgestellt. Vor allem aber sind die privaten Spender zu nennen, von denen viele aus der Diözese Feldkirch kommen.  
Martin Fussenegger erinnert sich, dass er 1963 bei der Firma Blum Beschläge für hundert Türen und Fenster organisiert hatte. Das waren vier Kisten mit je 150 kg. Insgesamt hat es dann noch 14 Monate gedauert, bis die Lieferung in Bolivien angekommen ist.  Dort konnten für das gesamte Spital Türen und Fenster gemacht werden. 

Gebet statt Schlaf
Neben dem Krankenhaus hat Sr. Angela die medizinische Versorgung der gesamten Provinz Velasco aufgebaut. Dort sind die Chiquitos-Indianer angesiedelt, die sie oft alleine besucht hat. Dabei suchte sie  alle indianischen Dorfgemeinschaften auf, um die Menschen zu impfen und die Kranken zu versorgen. Sr. Angela hat in vielen indianischen Siedlungen Gesundheitszentren, sogenannte „Postas Sanitarias“, errichtet. Zudem kümmerte sie sich um die Ausbildung von Hilfskrankenschwestern, um die Arbeit der Häuser aufrechterhalten zu können.
Sr. Angela konnte auf viele Entwicklungshelfer vertrauen, die über die Jahre in ihren Projekten gearbeitet haben.

Martin Fussenegger erinnert sich an Helga Kaufmann, die als diplomierte Krankenschwester eine sehr gute Stütze von Sr. Angela war. Weiters nennt er die gute Zusammenarbeit der Halleiner Franziskanerschwestern mit dem Werk der Frohbotschaft in Bolivien. Dr. Hildegard Lorenz berichtete, dass, wenn sie sich nach der Arbeit im Spital ein paar Stunden hinlegte, Sr. Angela um 24 Uhr noch in die Kapelle ging, um den Rosenkranz zu beten.

Sr. Angela ist in den Anfängen alleine mit dem Pferd bis zu hundert Kilometer in den Urwald hinausgeritten, um die Kranken zu besuchen und zu missionieren. Martin Fussenegger: „Man kann da aber nicht einfach sagen, du musst jetzt Christ werden und ich taufe dich, sondern man muss die Menschen in ihrem Leid begleiten.“ Einmal schlängelte sich eine giftige Mamba nachts um das Bein des Pferdes, aber biss nicht zu. Zuhause angekommen sagte Bischof Josef Rosenhammer: „Schwester Angela, Sie müssen eine Waffe mit in den Urwald nehmen.“ Da habe sie ihm geantwortet: „Ich habe eine viel bessere Waffe, ich habe den Rosenkranz.“

Ein spezieller Begrüßungstrunk
Laut Fussenegger hätten die Indianer, die oft noch überhaupt nichts von Jesus Christus erfahren hatten, aber überall die Muttergottes als Madre, als „Mama“, verehrt. Auch zu Sr. Angela sagen sie „Madre Angela“. Für die Chiquitos-Indianer ist Sr. Angela einfach ihre Mutter. Im Spital gibt es auch eine Ambulanz, in  die  bis zu 200 Personen pro Tag kommen. Diese Menschen kommen teilweise mehrere Tagesmärsche weit aus dem Urwald, um bei Madre Angela behandelt zu werden. Sr. Angela ist immer wieder in den Urwald geritten, um sowohl die physische als auch die psychische Not zu heilen. Die Tuberkulose konnte sie zeitweise im ganzen Stamm der Chiquitos ausrotten. 

Doch nochmals an den Anfang. In Bolivien angekommen, musste Sr. Angela einen speziellen Begrüßungstrunk zu sich nehmen. Eine alte Frau zerkaute Mais und spuckte ihn in einen Topf. Dieser Begrüßungstrunk, so Martin Fussenegger, sei für Sr. Angela eines ihrer  größten Opfer gewesen.

ZUR PERSON

Leben für die Indios

Madre Angela Flatz stammt aus Hörbranz. Sie wurde 1933 als einzige Tochter des damaligen Bürgermeisters der Leiblachtalgemeinde geboren und erlernte den Beruf der Krankenschwester. Schon früh trat sie ins Kloster der Halleiner Franziskanerschwestern ein. Schon in jungen Jahren wurde sie vom Orden in die Mission in die bolivianische Provinz Santa Cruz geschickt.

Vielfältige Aktivitäten
Bald nach ihrer Ankunft in Bolivien hat Madre Angela Flatz die Notwendigkeit eines Krankenhauses für die dortige indigene Bevölkerung erkannt. Sie arbeitete auch selbst als Krankenschwester im Spital. Madre Angela Flatz hat auch einen Kindergarten, eine so genannte „Guarderia“, für Kinder aufgebaut, deren Eltern arbeiten müssen und die sonst untertags ganz auf sich gestellt wären.
Heute ist sie in Pension und lebt in einer Schwesterngemeinschaft in San Ignacio de Velasco. Immer noch hilft sie, wo sie kann.

Geehrt
2008 wurde Sr. Angela Flatz - im Rahmen des Diözesanjubiläums - mit dem Silbernen Ehrenzeichen der Diözese Feldkirch ausgezeichnet. Sr. Angela ist auch Trägerin des Großen Verdienstzeichens des Landes Vorarlberg.