Der „Himmel auf Erden“ sagen wir, wenn wir Glück empfinden. Manche Menschen leben ständig in einem Himmel, weil der Ort oder die Gegend, in der sie leben, den „Himmel“ im Namen trägt. In diesem Sommer stellen wir einige „Himmelreiche“ vor.

Serie: Eine Reise zu Orten mit „himmlischen Bezügen“, Teil 1 von 5
Von Christine Grüll

Landschaftsschutzgebiet
Die Menschen in der Stadt Steyr und in den Gemeinden Garsten und Sierning verfügen über eine Naturlandschaft, die sie sehr schätzen. Es ist ein Landschaftsschutzgebiet entlang des Flusses Steyr und heißt „Unterhimmel“. Zwei Naturschutzbereiche gehen hier ineinander über, die „Untere Steyr“ und die „Unterhimmler Au“. Der Fluss, der sich in Bäche und Teiche verzweigt, seine Schotterbänke und die Wege in den Auen laden ein zu baden, zu laufen oder im Spaziergang die abwechslungsreiche Landschaft zu genießen. Der Blick fällt dabei auf die Kirche von Christkindl, die gut sichtbar auf der Anhöhe über der Au steht.

Unterhimmel
Die Pfarr- und Wallfahrtskirche scheint der Grund dafür zu sein, dass die Gegend zu ihren Füßen Unterhimmel
genannt wird. Die Geschichte der barocken Kirche geht auf den schwerkranken Ferdinand Sertl zurück. Er stellte um 1695 ein kleines Jesukind aus Wachs in eine Fichte und betete für seine Heilung. Nach seiner Genesung kamen zahlreiche Wallfahrende „zum Christkindl unterm Himmel“, was den Bau einer Kirche notwendig machte. 1725 wurde der heutige Bau fertiggestellt.Doch die Anhöhe von Christkindl ist bereits davor als „Himmel“ bekannt gewesen, womit damals waldfreie Höhenlagen bezeichnet wurden. Denn der Wald, in dem die Fichte stand, wurde schon vor dem Wunder als „Wald Underm Himel“ bezeichnet. Weiters verweist das Ortsnamenlexikon auf einen Eintrag aus dem Jahre 1577, in dem das Gebiet am Fluss als Unterhimmel, wohl in Abgrenzung zum Hügel, bezeichnet wird.

Seit dem Mittelalter besiedelt
Die Menschen, die hier leben, schätzen die Ruhe außerhalb der Stadt, die doch so nahe ist. Der Lärm von kleinen Handwerksbetrieben, die sich seit dem Mittelalter entlang des Himmlitzer Baches angesiedelt hatten, gehört einer vergangenen Zeit an, weiß Dr. Hans-Jörg Kaiser von der Steyrer Fachabteilung für Altstadterhaltung. Josef Werndl nutzte die Wasserkraft zur Energieerzeugung im großen Stil, nachdem er 1860 die Waffenfabrik in Steyr gegründet hatte. Er ließ am Bachufer ein Fabriksgebäude für den „Drahtzug“, die Erzeugung von Nägeln, errichten. Die große Zeit ging vorbei, die Arbeiter und ihre Familien verließen allmählich die Au. Heute sind die alten Gebäude wieder bewohnt. Junge Familien bauen aber weiter oben am Hang, wo es heller und sonniger ist. In einem der Häuser an der Unterhimmler Straße wohnen Menschen, die sich um Asyl beworben haben. Zwei davon haben sich in Christkindl taufen lassen und sind dem Himmel in ihrem Glauben näher gekommen.

Alte Obstsorten
Paradiesisch ist er, der Himmel auf Erden. Die Himmlitzer Streuobstwiese ist so ein kleines Paradies. Hier wurden alte und heimische Obstsorten gepflanzt, deren Früchte von der Bevölkerung für den Eigenbedarf geklaubt werden dürfen. Die Bäume haben Patinnen und Paten, deren Namen samt Information zur Obstsorte auf einem Stein neben dem Stamm eingraviert ist. Noch sind die Bäume jung, doch in einigen Jahren werden sie zum Obstgenuss einladen, unbelastet von Dünger und chemischen Pflanzenschutzmitteln. Entstanden ist die Wiese in den vergangenen Jahren, als die Stadt zum Schutz vor dem Hochwasser einen Seitenarm der Steyr als Ablagerungsraum für Schotter anlegen ließ. Dabei wurde auf den Lebensraum zahlreicher Tierarten und die Landschaft so weit wie möglich Rücksicht genommen. Etwa 600 Pflanzenarten wachsen hier, zahlreiche davon sind in Oberösterreich als gefährdet eingestuft.

Das Wetter
Immer schon haben Menschen den Himmel und seine Phänomene beobachtet und für die Zukunft gedeutet. Wurde früher das eigene Schicksal herausgelesen, versuchen sich heute Meteorologen an der Wettervorhersage. Auch in Unterhimmel hat sich das Wetter niedergeschlagen, namentlich im Himmlitzer Bach und in der Himmlitzer Wiese. Denn „das Wort ,himmlitzen‘ leitet sich von ,Wetterleuchten‘ ab“, meint Dr. Raimund Locicnik vom Stadtarchiv Steyr. Gewitter bieten sicher ein beeindruckendes Naturschauspiel. Doch es ist die Landschaft, die auf Körper und Seele eine besondere Wirkung hat, die manche als „magisch“ bezeichnen. Und es ist die Weite des Himmels, die zum Nachdenken darüber anregt, was der Himmel ist, was er sein könnte und was im Himmel sein könnte.  

CHRISTKINDL

In der Wallfahrts- und Pfarrkirche Christkindl steht ein kleines Jesukind aus Wachs, mit Kreuz und Dornenkrone in seinen Händen. Auf die 10 Zentimeter große Gnadenfigur geht die Errichtung der Kirche zurück. Der kranke Ferdinand Sertl hatte es für seine Gebete in eine Fichte gestellt und war geheilt worden. Bald kamen immer mehr Menschen, 1705/1706 wurden täglich bis zu tausend gezählt, das „Christkindl unterm Himmel“ zu verehren. Durch den Einsatz von Abt Anselm Angerer von Garsten konnte bis 1725 die heutige Kirche errichtet werden. In der Mitte des Hochaltares ist noch der originale Baumstamm zu sehen. 1950 wurde das Weihnachtspostamt in Christkindl eingerichtet und machte die Pfarrkirche weltbekannt.

(aus KirchenBlatt Nr. 31 vom 7. August 2011)