Abt Christian Feurstein von Stift Rein besuchte im Rahmen der Abendwallfahrt die Zisterzienserinnenabtei Mariastern-Gwiggen. Das KirchenBlatt sprach mit dem gebürtigen Hohenemser über seine Aufgabe als „Abbas“, Vater, seine Spiritualität und die Notwendigkeit auf Christus zu schauen.

Das Gespräch führte Wolfgang Ölz

Sie sind nun vor gut einem Jahr zum Abt  von Stift Rein gewählt worden. Wie hat sich seit damals die Situation im Kloster entwickelt?
Als ich nach Stift Rein gekommen bin, habe ich mir viel Zeit genommen, um die Mitbrüder und die Pfarren, die zum Kloster gehören, kennenzulernen. Ich habe mit jedem gesprochen, und bei allen vorbeigeschaut, weil viele Brüder ja außerhalb des Klosters in den Pfarren leben, die sie betreuen. Dann ging es auch um die wirtschaftlichen Betriebe des Klosters, z.B. um den Forstbetrieb des Klosters, auch um die Schwierigkeiten, die es dort gibt. Der Sturm „Paula“ hat am 26./27. Jänner 2008 ungeheuer im Stiftswald gewütet und hat innerhalb von Stunden 15-20 Jahreseinschläge niedergeworfen. Da dies die Haupteinnahmequelle für das Stift Rein ist, müssen wir damit rechnen, dass diese Einkünfte in Zukunft relativ wenig sein werden.

Wie sieht es mit dem Nachwuchs in Stift Rein aus?
Im vergangenen Jahr habe ich zwei Novizen eingekleidet, einen im Februar und einen im August, aber beide sind wieder weggegangen. Wir sind im Frieden auseinandergegangen, es gab keinen Streit. Die Sehnsucht nach Familie und Kinder war aber so groß, dass beide gesagt haben, sie möchten doch einen anderen Weg gehen, und trotzdem in der Nähe des Stiftes bleiben. Einer der beiden, der ausgebildeter Banker und Immobilienhändler ist, wird in der Verwaltung des Stiftes mitarbeiten, weil er ganz loyal ist, und die Sehnsucht nach der Nähe des Klosters hat. Wir sind nun wieder neunzehn Mönche, wie zu Beginn meiner Tätigkeit als Abt in Stift Rein. 

Als Novizenmeister haben Sie in Ihrer Zeit als Prior in Heiligenkreuz  26 Novizen in das Mönchsleben eingeführt. Wie gelingt es,  junge Menschen für das Kloster zu begeistern?   
In Heiligenkreuz gibt es viele Mitbrüder, die mit ihrem Lebensstil die jungen Leute anziehen, das ist aber auch in Rein der Fall. Es gibt junge Mitbrüder, die in Heiligenkreuz und Graz studieren, die immer wieder Bekannte und Freunde mitbringen, die sich auch für das klösterliche Leben interessieren. Den Schritt zu setzen ins Kloster zu gehen, ist dann allerdings nicht so einfach. In Stift Rein ist es so, dass die jungen Novizen damit rechnen müssen, in einer Pfarrgemeinde Pfarrer oder Kaplan zu werden. Dann sagen sich manche, gut dann gehe ich lieber gleich in ein Priesterseminar. 

Wie beurteilen Sie die Wichtigkeit des Zölibates für das Mönchstum im allgemeinen und für sie persönlich?
Für mich selber bedeutet der Zölibat keine Schwierigkeit, sondern eine große Freude. Es ist für mich selber wirklich eine Hilfe, frei zu sein.  Es sind zwei Berufungen: Die Ehe ist etwas Heiliges, von Gott Geschaffenes, das in den Menschen hineingelegt ist. Die Ehelosigkeit ist eine Berufung, bei der man auf die menschliche Ebene verzichtet, aber nicht um ein Defizit zu haben, sondern um auf andere Art und Weise mit Liebe zu Gott gefüllt zu werden. Wenn der Zölibat nicht als Mangel gesehen wird, sondern als etwas, das mich frei macht für Gott, dem ich mich schenken kann, dann kann der Zölibat eine ganz große Bereicherung sein.

Welche Voraussetzungen braucht es für ein monastisches Leben, wie sie es führen?
Ich glaube, man muss gar nicht so sehr religiös sein, um auf diesen Weg zu gelangen. Die Berufung durch Gott hat immer wieder Leute getroffen, die anfangs gar nicht so religiös waren. Im Alten Testament etwa Mose, Jeremiah Jesaja oder im Neuen Testament die Apostel. Sie waren gestandene Männer, die von Gott berufen wurden. Sie haben aber im Laufe der Zeit die Liebe zu Gott und den Menschen   entdeckt und radikal gelebt, dass muss auch bei jeder monastischen Berufung dazukommen. Dazu braucht es aber für das Leben im Kloster auch eine große Treue zum Chorgebet, dadurch wächst eine tiefe Liebe zu Gott. 

Auf welche spirituellen Traditionen beziehen sie sich in ihrem geistlichen Leben?
Die Zisterzienser-Väter, wie Bernhard von Clairvaux, die die personale Liebe  zu Christus sehr stark betonen. Während in der Romanik der erhabene Christus am Kreuz für alle da ist, kniet Bernhard vor der Krippe und fragt,  nach der Überlieferung, Jesus, „Was hat dich so klein gemacht?“ und Jesus gibt die Antwort: „Die Liebe zu Dir“.  Oder am Kreuz: Der Gekreuzigte löst die Arme vom Kreuzesbalken und umarmt den heiligen Bernhard, das heißt Gott ist für uns gestorben. Gott wendet sich uns zu, er sucht uns und er umarmt uns. Seit einigen Jahren gibt es in der Diözese Graz Seckau auch das Leitwort „Auf Christus schauen“. Dieses Wort kommt meiner eigenen christologischen Spiritualität sehr entgegen.

Welche Bedeutung kommt dem Gehorsam zu?
Als Mönche leben wir ganz stark aus dem Gehorsam. Der Gehorsam ist seit der frühesten Zeit ein Mönchsgelübde. Wenn man die klassischen Gelübde aufzählt, dann sind das Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam. Der Gehorsam gehört unbedingt zu einem Ordensleben dazu. Jeder Priester verspricht eigentlich gehorsam zu sein, nicht weil er nicht selber denken kann, sondern weil er Christus ähnlich sein will. Und von ihm heißt es im Philipperbrief, „er war gehorsam, gehorsam bis zum Tod am Kreuz“. Ich mache auch die Erfahrung, auf Gott zu hören, ihm zu folgen entmündigt uns nicht, sondern macht uns frei.  Ich habe auch versucht, das in meinem Leben umzusetzen, für keine Stelle, die ich bisher übernommen habe, habe ich mich beworben, sondern ich bin immer gebeten worden. Da heißt es dann wirklich auf Gott zu hören. Wenn alle wichtigen Leute bis zum Papst sagen, wir möchten, dass Pater Christian Abt von Rein wird, dann will ich nicht Nein sagen, sondern ich habe zur Verfügung zu stehen. 

Was möchten Sie den Christ/innen heute zurufen?
Lasst uns Christus in unserem Leben groß machen, weil das etwas ist, das uns im Glauben wachsen l0ässt. Ich weiß, dass strukturelle Fragen wie Priester/in und Zölibat sehr wichtig sind, aber im Großen und Ganzen muss es um das Evangelium gehen, das verkündet werden muss. Wir sollten Evangelisten und Apostel sein, die den Glauben verkünden. Jeder Getaufte soll an dem Platz an dem er steht verkünden, dass Gott groß ist.


Zur Person

Leben für Christus

Abt Christian Feurstein wurde am 14. Oktober 1958 in Hohenems geboren und trat nach der Matura 1977 in das Noviziat der Zisterzienserabtei Stift Heiligenkreuz ein. Er studierte an der ordenseigenen Hochschule Theologie, feierte 1981 seine Profess und wurde 1983 zum Priester geweiht. 2004 wurde er von Abt Gregor Henckel-Donnersmarck zum Prior (bis 2010) und Novizenmeister (2009) des Stiftes Heiligenkreuz. Am 21. August 2010 wurde er zum Abt des Stiftes Rein bestellt. Stift Rein wurde seit 1129 durchgehend als Zisterzienserkloster geführt, und ist damit das welt-älteste Zisterzienserkloster, da die französischen Mutterklöster um 1800 im Zuge der Revolution aufgelöst wurden. Stift Rein gilt in der Steiermark als beliebtes Ausflugsziel und wird jährlich von 10.000 Gästen besucht.

www.stift-rein.at