Pastoralgespräch: Fest des Abschlusses und des Aufbruchs in Hard. Bericht und Kommentar von Dietmar Steinmair.

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Steuerfrauen und -männer gesucht

Nach zweieinhalb Jahren ist das diözesane Pastoralgespräch „Die Wege der Pfarrgemeinden“ an sein Ende gekommen. Rund 2000 Personen haben sich daran beteiligt. Das Ergebnis sind „pastorale Orientierungen“ und drei Strukturmodelle für Pfarren. Diese werden nun umgesetzt.

Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen, so ein Sprichwort. Oder sie setzen die Segel, denn man kann - bis zu einem gewissen Maß - auch gegen den Wind segeln. Diese Bilder, oft gehört, oft strapaziert in den letzten Monaten, haben die Verantwortlichen just Hard am Bodensee als Ort für den Abschluss des Pastoralgespräches wählen lassen. Ein Abschlussfest, das eine Zwischenstation und mehr noch ein Aufbruch sein wolle, so Pastoralamtsleiter Walter Schmolly.

Offene Türen
Klassische Elemente waren es, die das Fest prägten. In der Liturgie war von Dank und Hoffnung die Rede. Und am Ende der kleinen Feier in der Harder St. Sebastians-Kirche ein starkes Bild: Nach den Segensgebeten im Eingangsbereich öffnete Bischof Elmar Fischer die großen Portaltüren hinaus in die gleißende Sonne. Gemeinsam mit dem - wie die Theologen sagen - Hirten der Ortskirche trat die kleine Gemeinde in den fast schon unverschämt schönen Abend am Hafen.

Weichenstellungen
Hard selbst wird übrigens eine der acht „Einzelpfarren“ sein und gehört somit zu einem der drei Strukturmodelle, zu dem die Diözese sich nach dem langen Gesprächsprozess entschieden hatte. Dieser war ursprünglich auf ein gutes Jahr angelegt. Dass daraus zweieinhalb wurden, hatte mit der Dynamik des Prozesses zu tun. Und mit der Entscheidung der Diözesanleitung, viele Beteiligungs-, Diskussions- und Reflexionsrunden einzulegen und zuzulassen. Wie Wellen haben sich Foren und Besinnungstage in den letzten Jahren über die Diözese gelegt.

Lebensraumorientierte Seelsorge
Neben den Einzelpfarren wird es in Zukunft 36 „Pfarrverbände“ geben. In ihnen bleiben die Pfarren als eigenständige Einheit erhalten. Sie  werden im Normalfall von einem Priester geleitet, der zugleich Pfarrer aller Pfarren ist. Zusammenarbeit ist also gefragt. In fünf städtischen Regionen sollen „Seelsorgeräume“ entstehen. Dieses mehr an den Lebensräumen der Menschen als an den Pfarrgrenzen orientierte Modell wird einen eigenen Entwicklungsprozess benötigen. Ob es auch Pfarrfusionen geben wird, ist noch offen, so die Diözesanverantwortlichen.

Ausblick
Volle Kraft voraus also? Eines der Bilder, die die Kirche seit zweitausend Jahren in sich trägt, ist jenes vom Schiff. Und gerade dazu gibt es die biblische Erzählung vom Sturm auf dem See.
Unglaublicherweise schläft Jesus hinten im Boot, während die Jünger und Steuermänner gegen den drohenden Untergang ankämpfen. Auch Karl Rahner hatte dieses Bild von der Kirche: „Der Sturm wird erst aufhören, wenn das Schiff am Gestade der ewigen Ruhe anlegt. Es wird dorthin mitbringen allen wahren Ertrag der Geschichte dieser Zeitlichkeit. Auch uns und unser Leben, wenn wir - trotz des Schlafes und Schreiens - glauben an den Herrn, der im Schiff der Kirche die Fahrt durch die Weltgeschichte macht voll göttlicher Ruhe.“

Auf ein Wort: Herzblut

Steinmair DietmarEs waren überschaubar viele Menschen, die vergangenen Donnerstag zum Abschlussfest des Pastoralgesprächs nach Hard gekommen waren. Eine engagierte Hundertschaft. Trägerinnen und Träger kirchli-chen Herzblutes. Wie bei den Foren zuvor fehlten auch in Hard manche, die doch in ihren eigenen Pfarre das Leben mittragen. Dort mit vermutlich ebenso viel Herzblut. Warum sie fehlten? Im Blätterwald hatte es letzthin etwas gerauscht, denn Kritik war laut geworden an den Strukturmaßnahmen.

Nicht nur um einzelne Argumente geht es, oder darum, ob sie sachlich begründet und angemessen vorgetragen werden. „Kritik“ bedeutet - aus dem Griechischen kommend - zunächst einmal „Unterscheidung“. Zu unterscheiden also ist das Weiterführende vom Hemmenden. Zu unterscheiden ist auch zwischen Aussagen und der Person selbst, die protestiert oder propagiert.

Was steckt hinter der Kritik? All jene Menschen, die - wie auch immer - zu den neuen Pfarr-Strukturen stehen, sind noch nicht weggegangen aus der Kirche. Wo Reibung ist, entsteht Wärme. Energie kommt bekanntlich nicht aus dem Nichts, sondern entsteht, weil zuvor etwas eingebracht wurde: Engagement, Sorge, Zeit. Herzblut war es, das Jesus von Nazareth gepredigt und gelebt hatte. Ist es also auch Herzblut, das die Kirche in Vorarlberg vorwärts bringt?
Dietmar Steinmair

Linktipps
_ Hirtenbrief von Bischof Elmar Fischer zum Abschluss des Pastoralgesprächs (Pdf-Download)
_ Folder "Wege der Pfarrgemeinden" (Infobroschüre zu den Ergebnissen des Pastoralgesprächs als Pdf-Download)

Alles Wissenswerte zum Pastoralgespräch unter:
_ www.pastoralgespraech.at
_ www.kirche-vor-ort.at