Ein Mann und seine Gefühle - für manche ein heikles Thema? Nicht so bei Franz von Assisi!

Dr. Markus Hofer

 

 


"Franziskus für Männer" -
Serie: Teil 4 von 4
Dr. Markus Hofer
Männerreferent Diözese Feldkirch

Wann ist ein Mann ein Mann? Kopf und Verstand oder Körper alleine machen ihn sicher nicht aus. Herz und Gefühl gehören dazu!

Drei Jahre vor seinem Tod, als er schon sehr krank war, erfand Franz von Assisi in der Einsiedelei Greccio das Weihnachtsfest. Nicht, dass es vor ihm keine Weihnachten gegeben hätte, aber die Feier des Festes in unserer Form geht auf ihn zurück. Ohne ihn gäbe es keine Krippen, keine Krippenfeiern, und Weihnachten wäre wohl nicht der religiöse Höhepunkt im Leben des Volkes; auch wenn Theologen nicht müde werden zu beteuern, dass Ostern das höchste Fest sei, die Feier der Auferstehung. Sie liegen nicht falsch und doch . . .
Greccio war ihm immer schon ein lieber Ort, weil er hier in der einfachen Bevölkerung jenen Widerhall fand, den er bei manchen Brüdern vermisste. Er wollte das Weihnachtsfest in besonderer Weise feiern, wollte den menschgewordenen Gott, wie er sagte, so wirklich wie möglich mit seinen Augen schauen. Er inszenierte eine Krippenfeier mit Grotte, Fackeln und Kerzen, einer Krippe mit Heu, Ochs und Esel an beiden Seiten. Man sang und die Felsen oberhalb der Einsiedelei erschallten wieder von den Stimmen.

Jesuskind
Es trug ihn weg, als er dann zum Volk predigte. Wenn er vom Jesuskind sprach, leckte er mit der Zunge die Lippen, als wollte er den Namen selbst verkosten und schlürfen. Wenn er das Wort Bethlehem aussprach, blökte er wie ein kleines Lämmlein. Er war außer sich. Die Gesänge wurden immer und immer wiederholt und es dauerte lange, bis man die nächtliche Feier beschloss und die Menschen in seliger Freude nach Hause gingen.
Dem älter werdenden Mann wurde das Kind zunehmend wichtig, das er in der besagten Nacht inszenierte. Was er in dieser Weihnacht zelebrierte, war seine persönliche Herzensangelegenheit. Die anwesenden Brüder und die Menschen von Greccio waren seine Freunde. Franz war ganz bei sich.

FRANZ: Das Sinnliche im Glauben war mir immer wichtig. Aufgeklärte Männer werden ihre Mühen haben mit mir, aber abstrakte Dinge allein waren mir immer zu wenig.
Gestandene Männer weinen manchmal zu Weihnachten, auch wenn sie dann gleich nicht mehr wissen, wie sie tun sollen oder sich sicherheitshalber einen ansaufen. Auf die Rührung folgt dann die Peinlichkeit. Aber im Evangelium heißt es: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder . . . Wenn wir das Kind in uns nicht pflegen, werden wir zu schnell alt.
Warum haben Männer gerade in religiösen Dingen oft so viel Angst?

Männer und Gefühle
Der Kopf allein ist noch lange nicht der ganze Mann. Gefühlvolle Männer, nicht die weinerlichen Gefühlsdusler, vermitteln emotionale Geborgenheit und Sicherheit gleichzeitig. Sie wissen mit ihren Gefühlen umzugehen und können sich auch einmal gehen lassen. Sie gewinnen dabei nur und verlieren nichts. Männer, die ihre Gefühle immer unter Verschluss halten, vertrocknen irgendwann. Sie werden sich auf Dauer selber fremd und schneiden sich ab vom Lebendigen. Sie haben keinen gemüthaften Zugang mehr zu dem, was sie tun.

Wohl dem Mann, der das weiß
Viele Männer tun sich schwer mit Gefühlen. Sie spüren zwar deren elementare Wucht in sich, aber sie können sie nicht einordnen und das macht ihnen Angst. Sie haben Angst, sie könnten die Gefühle nicht kontrollieren oder gar sich selber nicht mehr im Griff haben. Viele Männer haben Angst, die Dinge nicht mehr selber kontrollieren zu können. Aber so ist das Leben nun einmal. Wir können nicht alles kontrollieren. Sonst gehen wir kaputt dabei. Wir sind immer gleichzeitig auch das Kind und bedürftig. Wohl dem Mann, der das weiß. Er kommt nicht zu kurz und er weiß, dass er sich dem Fluss überlassen darf, geschweige denn dem Fluss des noch Größeren.

Das Zitat

Bethlehem in Greccio

Die Krippe wird zurechtgemacht, Heu gebracht, Ochs und Esel herzugeführt. Zu Ehren kommt da die Einfalt, die Armut wird erhöht, die Demut gepriesen. Die Leute eilen herbei und werden mit neuer Freude erfüllt. Dann predigt er dem Volk von der Geburt des armen Königs. Er nannte Jesus, von übergroßer Liebe erglühend, nur „das Kind von Bethlehem“. Mehr noch als vom Worte floss sein Mund über von süßer Liebe. Dann leckte er gleichsam mit der Zunge seine Lippen, mit seinem glückseligen Gaumen verkostete und schlürfte er die Süßigkeit dieses Namens.   
1 celano 85–86 (gekürzt)