Das Ethikcenter stellt sich einem heiklen religiös-politischen Thema und lädt zur Podiumsdiskussion, das KirchenBlatt stellt die Frage: Wie sehen Sie das Verhältnis zum Islam?
Die Minarett-Abstimmung hat gezeigt: Viele betrachten den Islam mit Sorge. Eine Diskussion geht der Frage nach: Gibt es Wege, um die Situation nicht eskalieren zu lassen?
Nach Untersuchungen haben rund 75% der Deutschen den Eindruck, dass sich der Islam in Europa zu stark ausbreitet. Kurioserweise erhielt die Minarett-Initiative gerade dort am meisten Zuspruch, wo es kaum Muslime gibt. Angst, so vermuten Kommentatoren, gedeiht gerade dann, wenn die direkte Begegnung mit Muslimen fehlt. Nachrichten über politische Extremisten in fernen Ländern tragen das Ihre zur weiteren Verunsicherung bei. Der Streit entzündet sich vor allem an äußeren Symbolen.
Kopftuch und Minarett machen den fremden Islam sichtbar und erzeugen Verunsicherung. Angesichts der in vielen islamischen Ländern üblichen Einschränkung der Religionsfreiheit, herrscht teilweise Unverständnis, wenn Muslime in Europa gerade diese einfordern. So forderte unlängst der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, die deutschen Muslime sollten sich, gleichsam im Gegenzug für deutsche Moscheen, in ihrer alten Heimat für den Bau von Kirchen einsetzen. Die Diskussion möchte die Ursachen für die verbreiteten Ängste freilegen.
Podiumsdiskussion zum Thema „Die Angst vor dem Islam”, 1. Feb., 20.00 Uhr, Kolpinghaus Dornbirn.
Näheres unter www.ethikcenter.at
Wie sehen Sie das Verhältnis zum Islam?
Aly El Ghoubashy, Religionslehrer:
Wir brauchen einander. Ich habe Angst vor jenen, die irrationale Ängste verbreiten und dabei falsche Informationen weitergeben. Denn Angst ist ein Feind der Toleranz und der Menschlichkeit. Ängste vor einer Religion zu schüren ist bestimmt leichter, als sich damit auseinanderzusetzen. Wir sollten uns unvoreingenommen begegnen! Wenn wir miteinander reden, dann verschwindet die Mauer zwischen uns.
Josef Berghold, Sozialpsychologe:
Sorge um die Zukunft. Die Ängste, mit denen ein heute populäres Bild des Islam aufgeladen ist, haben eher wenig mit der Wirklichkeit dieser Religion oder ihrer Anhänger zu tun. Hinter den Reibeflächen, die jedes Zusammenleben zwischen Kulturen mit sich bringt, verbergen sich vor allem Sorgen um unsere gemeinsame Zukunft, denen wir uns besser gemeinsam und solidarisch stellen sollten.
Pfarrer Elmar Simma, Rankweil:
Gute Begegnungen. Ich persönlich habe die Moslems als sehr freundlich erlebt, habe mit ihnen zusammen gebetet, habe ihre Kinder gesegnet und anderes mehr. Jede Angst zeigt, dass wir viel zu wenig selbstsicher sind im eigenen Glauben. Wenn wir Jesu Wort „Ich bin bei euch alle Tage ...“ ernst nähmen, müssten wir doch keine Angst vor Andersgläubigen haben. Fanatiker kann es überall geben.
Vahide Aydin, Landtagsabgeordnete:
Extremisten sind nur ein kleiner Teil. Blinde Angst ist ein schlechter Ratgeber. Erst Auseinandersetzung führt zu Verständnis und Verständigung. Wo endet die Toleranz gegenüber rückschrittlichen Sitten? Wie kann man den kleinen Kern der Extremisten isolieren? Minarette zu verhindern, das bringt nichts. Wir müssen uns mit dem auseinnandersetzen, was in den Moscheen gelehrt wird. Der Dialog ist der Weg!
(aus Kirchenblatt Nr. 3 vom 24. jänner 2010)