Gespräch mit Msgr. Dr. Peter Rädler, der die Anlaufstelle betreut.

Im Ernstfall können sich Betroffene an die Ombudsstelle der Diözese wenden, die bei Gewalt und sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen aktiv wird.

Peter RädlerMsgr. Dr. Peter Rädler (li)
Leiter der Seelsorge im LKH Feldkirch / Rankweil
Leiter der Ombudsstelle der Diözese Feldkirch

KirchenBlatt-Redakteur Mag. Wolfgang Ölz sprach mit
Msgr. Dr. Peter Rädler, der die Anlaufstelle betreut.

Wie arbeiten die Mitglieder der Ombudsstelle zusammen?
Im Anlassfall werden die Mitglieder kurzfristig zusammengerufen. Aus der Zusammenschau der einzelnen Kompetenzen (juristisch, ärztlich, therapeutisch, seelsorglich) werden die notwendigen und hilfreichen Schritte für alle Beteiligten entschieden.

Wie kann es im Raum der Kirche zu derartigem Vertrauensbruch kommen?
Grundsätzlich, weil in diesen Institutionen Menschen mit ihren Stärken aber auch mit ihren Gefährdungen arbeiten. Als Risikofaktoren besonders für den sexuellen Missbrauch an Kindern nennt der Psychotherapeut Dr. Wunibald Müller, einer der renommiertesten Spezialisten auf diesem Gebiet:

  • Sexuell unreife, erwachsene homosexuelle oder bisexuelle Männer: Wenn homosexuelle Veranlagung mit nicht erfolgter sexueller und emotionaler Reifung zusammentrifft, steigt das Täterrisiko signifikant.
  • Unfähigkeit zu wirklicher Intimität und inniger Beziehung.
  • Nachlässigkeiten oder Versagen bei der Aufsichtspflicht der verantwortlichen Vorgesetzten.

Damit sind nur die wichtigsten Faktoren genannt. Das Erkennen solcher Risikofaktoren setzt ein gutes Kennen und einen vertrauensvollen Kontakt zu den Mitarbeiter/innen im kirchlichen Dienst und die entsprechende Kompetenz der Vorgesetzten voraus.

Wie oft wurde die Ombudsstelle kontaktiert und wie geht sie vor?
In den vergangenen fünf Jahren wurde die Ombudsstelle dreimal kontaktiert.

Ihre Aufgabe liegt 1. in der Entgegennahme einer Beschwerde durch Anhören, verbunden mit einem Bemühen um eine möglichst konkrete Beschreibung des Sachverhaltes. 2. in der Klärung anstehender Fragen: Was braucht der sich Beschwerende jetzt? Was wünscht er sich und was wünscht er nicht. Wünscht er eine Anzeige und welche Hilfe braucht er dazu: Wo kann er anzeigen? Welche Unterstützung kann er von wem erhalten? Wünscht er einen Kontakt zu der Person, der Einrichtung, über die er sich beschwert? Es erfolgt die Klärung der nächsten notwendigen oder gewünschten Schritte.

Link zur Ombudsstelle

Die Ombudsstelle

Eine Ombudsstelle ist ein mit mehreren Personen besetztes Gremium, das ungerechte Behandlung von Personen oder Personengruppen zu verhindern sucht oder bei geschehenem Unrecht ohne großen bürokratischen Aufwand nach Lösungen sucht. Ganz allgemein kann eine Ombudsstelle als Beschwerdestelle bezeichnet werden. 

Unabhängigkeit der Ombudsstelle: Aufgrund der Erfahrung der gegenwärtig bekannt gewordenen Übergriffe wird darüber entschieden, dass die Adresse dieser Stelle vom Diözesanhaus in eine außerkirchliche Institution verlegt wird und die unmittelbaren Ansprechpersonen nicht in kirchlichem Dienst stehen und nicht weisungsgebunden sind. Ebenfalls sind die Mitglieder der Ombudsstelle kirchlich unabhängig und mit der entsprechenden Kompetenz ausgestattet.

Aktuelle Literatur: Wunibald Müller, Keine falsche Stärke vortäuschen. Die neuen Fälle von sexuellem Missbrauch werfen Fragen auf: Herder Korrespondenz 64 (2010), Heft 3, März 2010, 119-123.)

(aus KirchenBlatt Nr. 11 vom 21. März 2010)