Rückblick auf die "Woche für das Leben" - ein Anstoß, das Bewusstsein zu schärfen. Es berichtet Klaus Gasperi.

zu: Lied zum Thema (Veronika Alton)
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Die christliche Botschaft „Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es gewinnen” (Mt 10,39) ist heute oft nur schwer zu vermitteln. Es wird jedoch immer deutlicher: Unsere Zivilisation läuft Gefahr, auf ihrem Weg zum Leben selbst zur größten Bedrohung des Lebens zu werden.

Es sei eigentlich schwer zu verstehen, meinte Bischof Elmar Fischer am Rande der „Woche für das Leben“, dass es in unserer Gesellschaft „so viel Widerstand gibt gegen das Leben. Wo es doch das Normale und schlechthin Lebendige wäre, doch allzu oft fallen die Entscheidungen eben gegen das echte Leben“. Zu einem ähnlichen Befund kam schon vor über 30 Jahren der Psychologe Erich Fromm in seinem Buch „Haben oder Sein“: “Die Vorstellung, die Kunst des Lebens sei etwas Leichtes, ist relativ neu. Natürlich gab es schon immer Menschen, die glaubten, wenn sie nur zu Vergnügen, Macht, Ruhm und Reichtum gelangten, dann wären sie glücklich, und das, was sie zu lernen hätten, sei nicht die Kunst des Lebens, sondern wie man erfolgreich genug werde, um sich die Mittel für ein gutes Leben zu beschaffen. Im Unterschied zu solchen Menschen hatten alle Kulturen ihre Meister des Lebens. Diese verkündeten, dass gut zu leben eine Kunst ist, die es erst zu erlernen gilt, und dass das Erlernen dieser Kunst Anstrengung, Hingabefähigkeit, Verstehen und Geduld erfordert. Und sie vertraten die Auffassung, die Kunst des Lebens sei die wichtigste, die der Mensch lernen müsse.

Bedrohung durch Konsum und Verzweckung
An den skizzierten Themen der Hingabefähigkeit und des Verstehens wird deutlich, dass es sich dabei um einen größeren Prozess handelt. Zumindest einen Blick auf die Bedrohtheit des Lebens werfen wollte jüngst die österreichweite „Woche für das Leben“. Selbige, nämlich diese Bedrohtheit, drängt sich dieser Tage in alle Wohnzimmer, wenn Tag für Tag Fernsehbilder aufzeigen, wie das Leben an seiner Quelle zerstört wird, weil ein großer Konzern aus Profitgründen höchst sorglos mit dem Material „Erde“ umgeht. Es ist eine gern verdrängte Tatsache, dass für unseren Wohlstand und für die Treibstoffe unseres Lebensstandards andernorts angestammte Rechte Einheimischer ignoriert und unerwünschte Völker einfach vertrieben oder beseitigt werden. Anschaulich wusste Bischof Erwin Kräutler aus seiner Lebenswirklichkeit am Amazonas darüber bei Vorträgen und Firmungen zu berichten. In unserer Diözese hingegen feierten zahlreiche Veranstaltungen das Leben: Da wurden Dankgottesdienste für Kinder abgehalten, Luftballons symbolisierten die Freude an  Kindern und Vorträge thematisierten den sorglosen, ja industriellen Umgang mit Embryonen.

Leben - eine Definitionssache?
Mehr als 100 Personen kamen nach Hohenems, wo Alexandra Linder über die kommerziellen Aspekte der Abtreibungspraxis referierte. Die stellvertretende Vorsitzende der „Aktion Lebensrecht für alle“ berichtete aus ihren Erfahrungen als Lebensschützerin. Angesichts von Jahr für Jahr an die 40 Mio. Abtreibungen weltweit, forderte die Referentin zu entschiedenem Engagement auf, handelt es sich bei der Abtreibung doch um die häufigste Todesursache, die damit noch vor dem Tod durch Hunger oder durch Herz-Kreislauferkrankungen auf einem fragwürdigen Spitzenplatz rangiere. „Wenn man erst anfängt, den Lebensbeginn zu definieren, dann wird das immer sehr variabel”, argumentierte Linder. „Das heißt, es ist keiner mehr sicher, aus der Gruppe der Menschen herauszufallen, Euthanasie beispielsweise wäre dann der nächste logische Schritt.” In unserer Gesellschaft habe nahezu jeder Zweite irgendwie mit Abtreibung zu tun, sei es als Elternteil, als medizinisches Personal, als Berater/in oder Freund/in. Das führe dazu, dass das Thema oft noch tabuisiert sei.

Finanzielle und soziale Interessen
Neben Ausführungen über die Rolle von Wissenschaft und Kosmetik, die in ihren Forschungen fötale Zellen verwenden, verwies Linder auch auf die sozialen Probleme. Dank Frühdiagnosen gerieten Kinder immer mehr zum Wunschobjekt und so würde bewusst auch nach Geschlecht ausgetragen oder abgetrieben. Dies habe dazu geführt, dass in China beispielsweise in der jungen Generation bereits Frauenmangel herrsche, weil sich die Eltern - bedingt durch die Ein-Kind-Politik - überwiegend für männliche Nachkommen entscheiden. Die Referentin appellierte dringend, auch selbst mit persönlichem Einsatz für ein familienfreundliches Klima zu sorgen. „Bieten Sie Schwangeren konkrete Hilfe an!“, forderte sie. Weiters plädierte sie für eine Bestattungspflicht für Abgetriebene und die Schaffung von Sammelgräbern am Friedhof. “Es braucht für Abgetriebene einen Ort zum Trauern, auch damit sichtbar wird: Das sind auch Menschen”, so Linder.

Das Urlaubsparadies als Massengrab?
Ebenfalls keinen Ort zum Trauern haben die Angehörigen unzähliger afrikanischer Flüchtlinge, die auf ihrer Fahrt in eine bessere Zukunft die „Badewanne Europas“ überqueren. „In Europa ertrinken Tausende Menschen im Mittelmeer - es ist längst zum Massengrab geworden“, heißt es in der Einladung zur „Fachtagung Weltkirche“ im Stift Lambach in Oberösterreich. Die hochkarätig besetzte Tagung lenkt die Aufmerksamkeit auf das alltägliche Drama vor unserer Haustür. Selbst wem die Flucht gelingt, landet im Auffanglager auf Griechenland, wird hinter Stacheldraht in Süditalien verstaut, fristet als „Papierloser“ in der Illegalität spanischer Erdbeerpflücker sein Dasein. Als „Anfrage an alle, die in Häusern leben“, verstehen die Veranstalter ihre Tagung. Immerhin werden nicht wenige der Konflikte, die diesen Menschen ihre Lebensgrundlage rauben, mit Waffen aus deutscher und österreichischer Produktion geführt.

Wege zum Leben
Schätzungen zufolge wird in Österreich jedes dritte Kind abgetrieben. Neben der menschlichen Tragödie dieser Schicksale hat dieses Thema auch eine soziale und gesellschaftspolitische Dimension. Am kommenden Freitag wird sich der Vorarlberger Landtag in einer Enquete mit dem Thema beschäftigen.

Termine:

„Ja zum Schutz des Lebens” - Landtagsenquete
Freitag, 11. Juni, 14 - 17 h,
mit Statements von Prof. Günter Danhel, Primar Peter Schwärzler, Dr. Linda Motazed und Dr. Ursula Kulhay-Luhan.
Die Veranstaltung ist öffentlich, um Anmeldung unter T 05574/ 511-30095 wird gebeten.

Flucht. Dimensionen eines Dramas
Stift Lambach, 23./ 24. Juli
Info: T 01/ 317 03 21, www.koo.at

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Zum Thema

Leb-(b)los

Mit ihrem Lied über ein ungeborenes Kind gewann Veronika Alton beim “GodSound”-Wettbewerb. Das Lied ist im Internet zu hören und auf der CD, die im Pastoralamt erhältlich ist.

Und jetzt, plötzlich bist du da, ganz nah, völlig ungeplant,
ein Unfall. Niemand will dich,Veronika Alton
alle wollen dich verdrängen,
vergessen, beseitigen,
auf die Seite räumen

Die andern sagen,
dich gibt’s nicht,
du bestehst nur aus Haut.
Die beste Lösung sei,
alles zu verbergen,
dich loszuwerden

Doch ich weiß, dass du lebst,
meinen Herzschlag kennst,
dich nach Liebe sehnst.
Doch ich weiß, du bist da.
Du willst bei mir bleiben.

Seit Wochen und zwei Tagen trag ich dich in mir,
weiß nicht, wer du bist,
Freund oder Feind.
Ich kann’s nicht verstehen,
warum nur jetzt

Was mach ich nun,
völlig hin- und hergerissen.
Doch trotz allen Hindernissen
weiß ich, dass es dich gibt.
Ein Teil von mir bist du,
willst dich nicht von mir lösen,
kommst vom Guten,
nicht vom Bösen

Doch ich weiß, dass du lebst,
meinen Herzschlag kennst,
dich nach Liebe sehnst.
Doch ich weiß, du bist da.
Du willst bei mir bleiben,
ich will nicht leblos sein

www.godsound.at

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