von Regina Brandl, Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Edith Stein in Innsbruck.

Im Text der Lesung aus dem Buch Levitikus wird genau beschrieben, wie mit Aussätzigen umzugehen ist. Dabei kommt den Priestern die Aufgabe aber auch die Macht zu, einen Menschen für rein oder unrein zu erklären: „Der Priester muss ihn für unrein erklären.“ Erst danach, und das bedeutete damals auch einen Schutz, durfte ein Mensch aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, da er ansteckend war. Für die Gemeinschaft war es wegen der Ansteckungsgefahr überlebensnotwendig, Aussätzige auszuschließen, sie zu isolieren.

Und Jesus? Er dürfte bereits den Ruf gehabt haben, dass er sich auch der Aussätzigen annimmt. Wie sonst könnte der Aussätzige
im Evangeliumstext so frech auf Jesus zugehen und ihn um Heilung bitten. „Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde.“ Wie in allen Heilungsgeschichten wendet sich Jesus dem Manne zu und berührt ihn! Er greift ihn an – einen, vor dem alle davonliefen, den alle mieden. Jesus greift ihn an und gebietet ihm: „Werde rein!“ Dann schickt er ihn weg, damit er sich den Priestern zeige und das Reinigungsopfer bringe. Erst jetzt wird der Mann wieder in die Gemeinschaft aufgenommen.

So weit so gut – uns betrifft das Problem des Aussatzes ja Gott sei Dank nicht. Oder doch?
Wie rasch maßt sich jemand an, über einen anderen Menschen das Urteil zu fällen, ob er in die Gemeinschaft gehört oder nicht? Wie rasch sind auch wir bereit, jemanden auszuschließen? Wer sind bei uns die „Priester“, die über rein oder unrein entscheiden und sich so Macht über andere Menschen verschaffen? Sind es jene, die in gutem Glauben meinen, die Gesellschaft vor Unreinen schützen zu müssen, und das oft auch im Namen Gottes?

Jesus zeigt uns einen anderen Weg: In der Berührung, in der Ansage „werde rein“ wird der Mensch rein, wird er Mitglied der Gemeinschaft. Jesus kehrt die Blickrichtung um. Nicht der Ausschluss ist Ziel seines Handelns, sondern die Wiederaufnahme in die Gemeinschaft.

Brandl ReginaZum Weiterdenken:
Ich achte auf Situationen, wo Menschen ausgeschlossen werden.

Die Autorin Regina Brandl erreichen Sie unter sonntag@kirchenzeitung.at