Carl-Lampert-erinnern 2009: Die Familie als Echoraum der Erinnerung

Die Kultivierung des öffentlichen Gedächtnisses hat sich in Vorarlberg in den letzten Jahren ziemlich intensiv entwickelt. Unter den nicht wenigen Initiativen von verschiedenen Seiten hat das kirchliche Projekt „Provikar-Carl-Lampert-erinnern“ mit seiner alljährlichen Thematisierung wichtiger Aspekte am „kollektiven Gedächtnis“ nicht unerheblichen Anteil.

Dr. Margit ReiterDem „Nationalsozialismus im Familiengedächtnis“ geht man heuer in der Provikar-Lampert-Akademie und in mehreren lokalen Veranstaltungen nach.
Wie brisant und komplex das Thema der Tradition und der Verarbeitung nationalsozialistischer Vergangenheit ist, hat Dr. Margit Reiter vom Wiener Institut für Zeitgeschichte gründlich erforscht. In Interviews mit Kindern von Tätern zeigt sich die nachhaltige Prägung der familiären Welten. Ihre Einsichten, gewonnen aus der wissenschaftlichen Analyse der Vorstellungswelt der „Kinder der Täter“, werden das Gespräch im Hittisauer Ritter-von-Bergmann-Saal (Sa 14. Nov., 10 Uhr) inspirieren.

Erinnerung konkret.Lebendig und offen vermittelt der Exklusivbericht von Matthias Plankensteiner, dem Urenkel des NS-Landeshauptmanns von Vorarlberg Anton ‘Toni’ Plankensteiner, die Aufarbeitung einer Familiengeschichte. Sein Bericht ist ein lebendiger Beweis für die Belastung der Erinnerung in Täterfamilien aber auch ein Zeugnis dafür, dass die schweren Gedankenlasten der NS-Zeit bewältigbar sind, wenn auch nicht ohne Schmerz, Leid und Trauerarbeit.

Im Bregenzerwald. Das Gespräch der heurigen Carl-Lampert-Tage ist auf die „Erinnerung vor Ort“ konzentriert. Der Umgang mit der oft und nach wie vor so genannten „dunklen Zeit“ hat an öffentlicher Aufmerksamkeit gewonnen. Das Kulturforum Bregenzerwald hat Schicksale wie das von Ilse Geuze in das Bewusstsein getragen. Ohne Wissen der Familie wird das Kind nach Schloss Hartheim gebracht und dort am 6. Jänner 1941 ermordet. Tone Bechter setzt mit dem Film „NS-Euthanasie im Bregenzerwald“ (Präsentation am Fr, 6. Nov. 20.15h, VS Egg) einen bedeutsamen Akzent im Erinnerungsgespräch vor Ort.

In Bregenz. Drei Enkelkinder (Eva Binder, Herbert Pruner und Otto Sagmeister) und eine Tochter (Traudi Wagner) haben sich für das Bregenzer Erinnerungsgespräch zur Verfügung gestellt. Die Erinnerungsweise in den Familien von Opfern hat einen eigenen Charakter und begründet eigene Überlieferungsgeschichten, die als solche für das öffentliche Gedenken und Erinnern bedeutsam sind.

Die Gedenk-Bemühungen in den Regionen und Orten Vorarlbergs sind gewiss vorangekommen. Wie weit, das ist Thema der Lampert-Akademie in Hittisau. Es wird sich zeigen, ob und wenn ja inwiefern, die so genannte „dunkle Zeit“ heller geworden ist.  

Walter Buder     

Veranstaltungen:

Freitag, 6. November, 20 Uhr, Volksschule Egg
NS-Euthanasie im Bregenzerwald. Präsentation des Films von Tone Bechter mit dem Regisseur. Referate zum Thema. Veranstalter: HeimatEggMuseum, Kulturforum Bregenzerwald, Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck, Katholisches Bildungswerk


Montag, 9. November, 19 Uhr, Bregenz, BG Gallusstraße.
Nationalsozialismus im Familiengedächtnis am Beispiel von vier Bregenzer Opferfamilien:
Karoline Redler (individueller Widerstand), Ludwig Wagner (politisch Andersgesinnter, Foto oben), Regina Sagmeister (rassisch Verfolgte) und Samuel Spindler (rassisch und politisch Verfolgter) - ihre Enkel bzw. Töchter sprechen über die Erinnerung an die NS-Opfer in ihren Familien.   

www.provikar-lampert.at