Pater Anselm van der Linde (links im Bild) ist der neue Abt im Kloster Mehrerau. Der nunmehrige Alt-Abt des Klosters Mehrerau - P. Kassian Lauterer OCist -präsentierte seinen Nachfolger im Amt des Abtes. Von Wolfgang Ölz.

Der neue Chef der Zisterzienserniederlassung in der Bregenzer Mehrerau heißt Anselm van der Linde. Wie er so beim Pressegespräch neben seinem Vorgänger, Abt Kassian sitzt, drängt sich das Bild von (geistlichem) Vater und (geistlichem) Sohn auf. Der aus Südafrika stammende junge Mann eröffnet seine Ausführungen mit den Worten: „Höre mein Sohn auf die Weisung des Meisters“.

Pater Anselm (Hendrik) van der Linde ist Jahrgang 1970, spricht sechs Sprachen und ist Lizentiat des kanonischen Rechtes. Sein Interesse für die Zisterzienser - die es in seiner Heimat nicht gibt - ließ den 17-jährigen katholisch werden. Im Alter von 23 Jahren kommt er auf Einladung P. Kassians  in die Mehrerau, wird Kandidat, Novize und legt 1995 die einfachen Gelübde ab. Bischof Klaus Küng weiht ihn zum Priester (1999), er studiert Philosophie und Theologie und beschließt 2005 seinen Studienweg mit dem Lizentiat in Kirchenrecht, wird Kirchenanwalt der Diözese Feldkirch und Religionslehrer an der Internatsschule.

Dass der Papst P. Anselm als Abt bestätigt hat ist für den Alt-Abt eine Erleichterung. Sein Rücktritt, korrekt gemäß Kirchenrecht mit 75 eingereicht, ist vom Papst angenommen worden. Tags darauf, am 30. Jänner, wurde die Wahl des neuen Abtes durchgeführt. Die nötige Zweidrittelmehrheit für Abt Anselm kam im zweiten Durchgang. Und wieder die biblische Symbolik: Wie Abt Anselm aus Südafrika nach Vorarlberg gekommen ist, „so ist Abraham im Glauben vertrauend aus seinem Vaterhaus weggezogen“ lächelt P. Kassian und unterstreicht, dass Abt Anselm dieses Kloster liebe und hier auch Heimat gefunden habe. P. Kassian weiß sehr genau wovon er spricht, wenn er seinem Nachfolger „Gottes Segen für die Aufgabe, in die er hineinwachsen wird“ zuspricht.

Abt Anselms Wahlspruch beruht auf den Haupttugenden Glaube, Hoffnung und Liebe und betont die Gastfreundschaft gegenüber jedem, der an die Pforte klopft: „Einander in Liebe zugetan sein“ - so klingt sein „Programm“. Es zitiert den Römerbrief und nimmt Bezug auf den quasi ultimativen Auftrag des Mönchsvaters Benedikt. Ein Kloster, so P. Anselms Überzeugung, ist ein Ort wo Menschen Gott begegnen können. Die Mönche sind gemeinsam mit allen Menschen unterwegs. Das Kloster soll dienen, und dabei „Lichtpunkt für die Menschen“ sein.

Abt Anselm kann ein geistlich wie ökonomisch wohl bestelltes Kloster übernehmen. Die defizitäre Landwirtschaft ist verpachtet, das Sanatorium wird zu 40% vom Gemeindeverband und zu 60% vom Land getragen, Internat und Schule tragen sich selbst. Ab Ostern wird Abt Anselm das Management des Betriebes ohne Assistenz P. Kassians führen. Er wolle für eine Zeit in eine Außenstelle gehen, Freiraum schaffen für den neuen Abt.
Zur Zeit leben 35 Mönche in der Mehrerau, der Altersdurchschnitt mit 50 ist vergleichsweise gut. Sie sind sich in vielem einig, in einem aber besonders: “Wir sind Gott dankbar, dass in den letzten Jahren immer wieder junge Menschen ins Kloster eingetreten sind“ und Abt Anselm wird es - so wie es aussieht nicht besonders schwer fallen das zu tun, was er sich speziell vorgenommen hat, nämlich aufzuzeigen, „welche Freude es ist, ein Mönch zu sein“.

 

"Gottes Fügung" (zur Person des neuen Abtes)

P. Anselm van der Linde hat am 21. Februar von Abt Kassian das „Pectorale“ (Brustkreuz) als Zeichen der Abtwürde übergeben bekommen. Im Kurzinterview spricht er über seinen Weg bis hierher.

Wie kommt ein junger Mensch in Südafrika auf einen Orden in Vorarlberg?
Es ist so: Der Vorarlberger Franz Pfanner ist ja vor mehr als 100 Jahren als Zisterzienser nach Südafrika gegangen, hat dort ein großes Kloster gegründet, aus dem später die Marianhill-Missionare entstanden sind. Durch seine Schriften bin ich eigentlich  auf den Zisterzienser Orden gekommen. Durch Gottes Fügung hat sich das so ergeben, dass ich eben gerade nach Vorarlberg kam, wo Franz Pfanner herstammt.

Gibt es bei Ihnen ein bestimmendes Erlebnis für ihre Berufung?
Ich denke, das war über Jahre hin ein ständiges Hören auf das, was Gott von mir möchte. Ich habe bereits als Jugendlicher diese monastische Berufung gespürt. Jetzt bin ich seit 15 Jahren hier, und habe mich von Anfang an in Vorarlberg daheim gefühlt.

Was sind Ihre geistlichen Vorbilder?
Ein großes Vorbild ist natürlich unser Ordensgründer Bernhard von Clairvaux, den ich sehr verehre.

P. Anselm van der Linde wird am 21. März (10 Uhr) zum Abt der Mehrerau geweiht. Er wird 20 Klöstern mit 135 Mönchen und 235 Nonnen vorstehen und Mitglied der Österreichischen Bischofskonferenz sein.

Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 09 vom 1. März 2009