von Walter Buder

Europa hat gewählt - das ist der klassische Fall eines Euphemismus. Das ist das Fremdwort für Schönreden. Es meint eine sprachliche Verhüllung, Verhehlung, Verbrämung eines Sachverhaltes. Die Absichten seiner Anwendung sind ohne Zahl. Oft ist es einfach Gedankenlosigkeit, die solche Formulierungen zeitigt. Öfter allerdings ist die Verhüllung, Verhehlung, Verbrämung mit Absicht gewählt, bewusst eingesetzt.

In Wirklichkeit sind weniger als die Hälfte aller wahlberechtigten Europäer zu dieser Wahl gegangen. Traurig, könnte man seufzen, aber wahr - und zur Tagesordnung übergehen. Damit wäre die Normalität (auch ein beliebter Euphemismus) wieder hergestellt. Das wäre nicht weniger traurig, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass es wahr wird, eher höher ist.

Vielleicht ist die Gelegenheit für die eine oder andere Erinnerung an Europa günstig. Beispielsweise - dass kein Weg an einem demokratischen Europa vorbeiführt; dass der Weg zu diesem Europa in Tat und Wahrheit nur über friedenstiftenden, versöhnenden Dialog zwischen den Kulturen und Religionen führt; dass es dieses demokratische Europa nur auf den Wegen der Solidarität und Subsidiarität geben wird. Das sind die Jobs!

Dass der Mist von heute zum Dünger für morgen wird - ist  so nur noch der biologisch gewendete Gedanke aus Leonhard Cohens Lied (vgl. S. 1), wo durch den „Crack in everything, the light comes in“. Sein Wort in Europas Ohr und Herz...