von Walter Buder

Bewegt im Leben

Der Sommer kippt. Ganz leicht, aber merklich. Da ist eine gewisse Kühle in der oft unerhörten Sanftheit der sommerlichen Morgenfrühe - gleich ob in den Bergen oder am See. Und die Menschen merken das, sie reden darüber und eine leise Trauer färbt momentan  ihre Stimme, wobei die optimistischen Gemüter im gleichen Atemzug von der wunderbaren Klarheit der Farben in der frühherbstlichen Natur schwärmen.

unser leben
wird bewegt
von der eingelassenen
seelenzeichnung einer
berührung 

(Grid Marrisonie)

Mit nahezu übersinnlicher Präzision registrieren Menschen, was um sie vor sich geht. Ein Hauch genügt, eine kaum merkliche Bewegung oft, der Schimmer einer Ahnung manchmal, unerklärlich und irgendwie fremd und vertraut gleichzeitig - und Übergänge, Brüche, Veränderungen - Wandel und die (Ver)Wandlung zeichnen sich ein in die Seele, das unfassbare, unerklärliche alle Lebenskreise zentrierende Unsagbare.

Dauernd, anhaltend und - unverständlich so oft wie unverstanden - in radikaler Treue, sind sie am Leib und in der Seele eines jeden Menschen eingezeichnet. - Die poetische Einsicht der Dichterin wohnt sehr nahe an der Quelle, aus der auch die Kirche schöpfte, als sie die Aufnahme Mariens in den Himmel mit Leib und Seele glaubend erkannte: Das Geheimnis allen Lebens ist eingelassen ins Innerste des Menschen und bewegt.

 

aus: Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 33/34 (Doppelnummer), Seite 2