Der junge Hohenemser Stefan Kerber arbeitet als Fidesco-Volontär in Nigeria. Im Kirchenblatt spricht er über seine Erfahrungen mit einer exotischen Kultur und seinen persönlichen Glaubensweg.

Warum wollten Sie in Enugu (Nigeria) als Entwicklungshelfer arbeiten?
Zum ersten Mal wurde der Gedanke, ein Jahr als Volontär zu arbeiten, 2002, nach meinem Zivildienst wach. Menschen in der Dritten Welt aktiv zu helfen und nicht nur darüber zu reden, eine andere Welt kennenzulernen und einen Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen waren meine großen Antriebsfedern, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen. Gott leitete mich auch auf diesem Weg und so kam ich schließlich 2008 über Fidesco auf mein jetziges Projekt in Nigeria.

Wie hat sich Ihr Aufenthalt seit September 2008 entwickelt?
Schwierigkeiten bereiteten mir zu Beginn die in vielerlei Hinsicht komplett andere Kultur, die Umstellung auf die schwierige Infrastruktur des Landes Nigeria (fehlendes Wasser, unzureichende Versorgung mit Strom und sehr schlechte Straßenverhältnisse) und nicht zuletzt das tropische Klima. Doch innerhalb der ersten drei Monate bin ich sehr gut in das Land, das Leben des Instituts und in mein Projekt hineingewachsen. Ich gebe praktische Anfangskurse im Computerbereich. Die Fähigkeit, mit einem Computer umgehen zu können, wird auch hier in Nigeria immer mehr zu einer Schlüsselkompetenz für den schulischen und beruflichen Erfolg.

Wie nehmen Sie die Kirche vor Ort wahr?
Das Glaubensleben wird hier von der ganzen Bevölkerung sehr intensiv gelebt. Es gibt sozusagen keine Atheisten in Nigeria, jeder glaubt an etwas. Doch dieses etwas variiert zum Teil sehr stark. Oft vermischt mit einer Art Naturglaube wird Gott hier viel immanenter wahrgenommen. Durch den starken Fokus auf Jesus scheint Gott so näher beim Menschen zu sein, ja fast vermenschlicht zu werden. Im Vergleich zu unserem oft sterilen Sonntagsglauben würde ich ihn so als einfachen, nach außen gerichteten und lebendigen Glauben beschreiben.

Wie gestaltet sich das Zusammenleben am „Institute of ecumenical education“?
Die großen vier Völker in Nigeria sind Hausa, Fulbe, Yoruba, und Igbo. In Enugu, im Herzen des Igbolandes (grob Südostnigeria), leben relativ wenig andersstämmige Menschen. Ich habe hier nie Reibungen oder Problemfelder wahrgenommen, weder innerhalb, noch außerhalb des Instituts. 

Wie sind die Kontakte zu den Einheimischen?
Auf der einen Seite spüre ich hier das warme Herz der Afrikaner schlagen, auf der anderen Seite gibt es auch sehr große kulturelle Unterschiede, über die nur schwer Brücken zu schlagen sind. Die Menschen, die ich persönlich kenne, sind sehr freundlich, offen, hilfsbereit und suchen das Gespräch.  Bewegt man sich jedoch frei auf der Straße, fällt man schnell in das Klischee des „Onye ochas“, des weißen, reichen Mannes.

Wie wird sich die weitere Zukunft Ihres Einsatzes gestalten?
Ins zweite Semester sollte ich mit mittlerweile über 100 Studenten (in 10 Gruppen) und einem runderneuerten Computerlabor starten können. An das Institut, welches hauptsächlich Lehrer ausbildet, ist eine Grundschule angehängt. Da ich bereits den Direktor gut kenne, stehen alle Türen offen, für einen sicherlich ertragreichen Austausch.

Das Interview führte Wolfgang Ölz

ZUR SACHE

Fidesco steht für Fides (Glaube) und Cooperation (Zusammenarbeit). Fidesco ist eine internationale Organisation für Entwicklungszusammenarbeit und wurde 1980 von der katholischen Gemeinschaft Emmanuel gegründet. Es werden Volontäre entsendet, sowie eigene Projekte durchgeführt. Gegenwärtig werden von Fidesco International über 140 Volontäre in 30 Ländern betreut. Der Hohenemser Stefan Kerber ist einer von ihnen.

Die Ausstellung "Gewinn die Welt" in der Landesberufsschule Dornbirn; - Mo 23. März bis Fr 3. April
ist eine Initiative zur Entwicklungszusammenarbeit von Fidesco Österreich. Im Mittelpunkt steht dabei das Projekt VTTC, das steht für Vocational Technical Training Center. Dies ist ein Berufsausbildungszentrum in Enugu, in Nigeria.

(aus dem Kirchenblatt Nr. 11/2009)