Eine kleine Bestandsaufnahme zur kirchlichen Jugendarbeit. Von Mag. Christine Burtscher, Leiterin Junge Kirche Vorarlberg

40 Jahre Diözese - Jugendliche und Kirche - Eine Bestandsaufnahme. Was für viele ein kleines Jubiläum darstellt, ist für andere ein Großes. 40 Jahre, das ist für Jugendliche eine kaum überschaubare Zeitspanne. Jugendliche leben eher im Hier und Jetzt. Was gestern noch top aktuell war, ist heute out. Was gestern trendy und hip war, ist heute veraltet. Dass die Kirche da nicht mithalten kann, liegt auf der Hand - oder gibt es doch tiefer greifende Antworten auf die regelmäßig wiederkehrende Frage, wo die Jugendlichen hingekommen sind? - Der Eindruck täuscht nicht, soll aber nicht nicht zu "schnellen Lösungen" verführen. Aber, vielleicht können neue Wege beschritten werden...

Im Laufe der letzten  40 Jahre hat sich die Lebenswelt der Jugendlichen wesentlich verändert. Die Individualisierung, die Auflösung der so genannten Volkskirche, der zunehmende Verlust traditioneller (Familien)Strukturen hinterlassen Spuren. Und junge Leute stehen unter enormem  Erfolgsdruck in der Schule wie im Beruf. Zukunftsängste und Verunsicherung zeichen die jungen Menschen in den modernen Gesellschaften.

Mehr denn je sehnen sich Jugendliche nach verbindlichen Beziehungen, nach Vertrauen und Gemeinschaft. Gerade die jetzige Generation von Jugendlichen hat sich von der Kirche als Institution fast vollkommen verabschiedet obwohl ihr Glaube oft tief ist. Wäre es nicht unsere Aufgabe einen modernen Glauben zu leben?  Cool sein, modern gekleidet sein, HipHop hören UND an Gott glauben sollte kein Widerspruch sein. Oder anders herum:  Eine "Verheutigung" des Evangeliums und "Rituale" ist dringend notwendig, In der Gemeinschaft mit anderen gläubigen Jugendlichen sollen sie erfahren, das sie nicht allein sind mit ihrem Glauben.

Der direkte, unverstellte Kontakt zu jungen Menschen ist unverzichtbar. Sie ernst zu nehmen und ihnen Vertrauen zu schenken erscheint als Gebot der Stunde. Jugendlichen ist es wichtig, dass sie Verantwortung übernehmen können, anpacken und wertgeschätzt werden. In der Erfahrung: "Ich werde gebraucht, bin akzeptiert wie ich bin und kann etwas beitragen" liegt eine mächtige Bestärkung und folgenträchtige Ermutigung. Auch für die Junge Kirche Vorarlberg in ihrem Bemühen auf die Lebenswelt der Jugendlichen einzugehen. Die Musik ist dabei wie eine Brücke in ihre Welt. Moderne Songs und fetziger Sound in einer etwas anderen Liturgie gehören zur Jungen Kirche wie das offene, spirituelle Angebot einer Jugendkirche. Die Jugendlichen abholen ist gut aber so ist es der erste Schritt, mit dem jede Reise auf der Suche nach Gott beginnt.

Die Katholische Jugend und Jungschar ist die größte Kinder- und Jugendorganisation im Land und  bietet Kindern und jungen Menschen die Möglichkeit der Gemeinschaft. In der Ministranten- und Jungschararbeit geschieht die Begegnung mit dem Glauben. Ein Erlebnis, bestärkend und ermutigend im Fragen und Suchen nach dem Sinn des Lebens. Genau darin wurzelt die Anwaltschaft für eine kinder- und jugendfreundliche Gesellschaft. Sie bringt nicht nur Anliegen öffentlich zur Sprache sondern vor allem die allzu oft unerhörten Beiträge von Kindern und Jugendlichen zu einer besseren Welt. Was in der Dreikönigsaktion, von der YoungCaritas oder im Projekt  "72 Stunden ohne Kompromiss" und in zahlreichen anderen Gruppierungen der kirchlichen Kinder-und Jugendarbeit an Sozialkapital zusammenkommt, ist weit unterschätzt.

Die Welt der Erwachsenen gibt jungen Leuten wenig Freiraum für Eigenes. Kinder und Jugendliche wollen Teilhabe am gesellschaftlichen, öffentlichen Leben. Mit Recht! Ernst  gemeinte Partizipation in der Arbeit mit Gemeinden und dem Land Vorarlberg leistet "JugendInitativ"  und arbeitet kreativ und ideenreich mit Jugendlichen gemeinsam an den Herausforderungen, die auf uns zukommen.

Vor 40 Jahren haben sich Jugendliche gleichsam "Sitz und Stimme" erstritten. Die Revolte der  68er hat Spuren hinterlassen, auch in Form einer allgemeinen Unübersichtlichkeit, die wir lernen müssen als Herausforderung zu lesen. Überzeugte und glaubwürdige Vorbilder allein werden in der radikal veränderten Szenerie des 21. Jahrhunderts wenig ausrichten. Wer aber bereit ist, Vertrauen zu schenken und es als bedingungslose "Vorleistung" in einer persönlichen Beziehung einzubringen, wird nahe am Wunder sein. Die Junge Kirche Vorarlberg ist dafür "gut aufgestellt" - nämlich: glaubhaft bei der Botschaft Jesu und gleichzeitig bereit,  sich ohne Vorbehalt aber engagiert den Bedürfnisse der Jugendlichen zu stellen. Vor allem anderen geht es darum, die berechtigte und begründete Hoffung auf ein gutes Leben zu bezeugen, in aller Freiheit und Offenheit, klar und deutlich.

Zur Autorin:
Mag. Christine Burtscher leitet die Junge Kirche Vorarlberg.

Der Beitrag ist im Rahmen der 40er-Jubiläumsausgabe des Vorarlberger KirchenBlattes (Nr. 49 vom Dzember 2008) erschienen.