Caritasgespräche 2008: Von der Vergänglichkeit, Wünschen und Erfüllung

Die heurigen Caritasgespräche im BH St. Arbogast waren der „Vergänglichkeit“ gewidmet. Sie zeichnet alles Menschliche aus und ist auch eine Quelle des Wunsches nach einem - wenn schon unvermeidlich vergänglichen - doch auch erfüllten Leben. Zahlreiche Besucher/innen und namhafte Referenten/innen stellten sich einen Abend und Tag lang dem Thema.

„Es gibt erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche“ dachte und wusste Dietrich Bonhoeffer (1906-1945).
Die Wahl der Vortragenden spiegelte die radikale Religiosität des Themas über alle Grenzen hinweg. Mit Oberrabbiner Prof. Paul Chaim Eisenberg (Wien) war die jüdische Tradition vertreten; Mag. Karimah Katja Stauch (Bonn) brachte die islamische Dimension ein; der katholische Theologe Univ. Prof. Dr. Dietmar Mieth (Tübingen) und der evangelische Theologe und Psychoanalytiker Dr. Wolfgang Wiedemann (Fürth)   standen für die christliche Tradition im Umgang mit Vergänglichkeit und Erfüllung im Dasein. Die Experten/in schöpften aus den Quellen ihrer je eigenen Tradition, den heiligen Büchern, den Lehren aber auch der Weisheit und der Mystik.

Jüdische Weisheit. „Der Mensch ist reich, der zufrieden ist mit dem, was er hat“, zitierte Oberrabbiner Eisenberg den Talmud. Das Judentum gehe aber mit dem Thema Konsum großzügig um: „Alles, was der Mensch gesehen, aber nicht genossen hat, dafür muss er später einmal Rechenschaft ablegen.“ Womit aber die Zweischneidigkeit menschlichen Wünschens nicht überwunden ist oder anders: Nicht jeder Wunsch, der erfüllt wird, ist auch gut für uns.

Das Leben als Prüfung. Im Islam ist der Zugang anders akzentuiert: „Als Muslim ist man in schlechten Zeiten geduldig und in guten Zeiten dankbar“, erläuterte Karimah Katja Stauch den wesentlichen Gedanken des Islam, der das Leben als Prüfung sieht. Beten allein ist dabei nicht alles. Die Muslime sollen auch Gutes tun, sich z.B. „um die 40 Nachbarn zur rechten sowie zur linken Seite des eigenen Hauses“ kümmern, zitierte Karimah Stauch den Koran.

Leben im Überfluss. Dass „der Überfluss an Gütern das Leben selbst überflüssig“ mache - ein Gedanke von Dorothee Sölle - war für Prof. Mieth bedeutsam, insofern die Gottesfrage in diesem Kontext ihren Platz haben kann, in zweifacher Weise: Gott kommt im Leben unserer Gesellschaft nicht vor, ist - in diesem Sinne ‘überflüssig’, auch als mögliche Quelle eines erfüllten Lebens. Anderseits ist da etwas Wahres dran, denn Gott ist Gott und kommt so in unserer Welt nicht vor, ist kein „Bestandteil“ der Welt und des Lebens. Aber wir lernen von der Mystik bei Meister Eckhart, dass „Gott überfließt“ und so das Leben als Geschenk, als Gabe erfahren lässt, eben: Erfüllt vom „überfließenden“ Gott.

Ein offenes Geheimnis. Gerade zu Weihnachten, ist der Psychoanalytiker Wolfgang Wiedemann überzeugt, „passiert sehr viel im Unbewussten. Die Kirchen an den Feiertagen sind doch übervoll“ meint er und verweist auf neuere Umfragen in Deutschland, in denen über 80 Prozent der Befragten sich selbst als religiös bezeichnen. Diese Menschen suchen nach erfülltem Sinn für ihr Dasein, der auch in den Worten der Glaubensverkündigung zu spüren und zu vernehmen sein kann und muss. Ein sinnerfülltes Leben aber - religiös oder nicht - beruht auf der Verwandlung von Schmerz in Lebenskraft, und das - erklärt der Psychoanalytiker - ist ein Geheimnis.

Segensreich. Die Caritasgespräche wollen Lebensqualität sichern. Bedachtsame Reflexion von Lebensthemen unter qualifizierter Begleitung gehört zu dieser Veranstaltung, die auch dieses Jahr in jeder Hinsicht überaus guten und dankbaren Zuspruch fand.