Kirchliches Bauen in Vorarlberg seit 1968. Von Architekt DI Herbert Berchtold, Diözesanbaumeister

40 Jahre Kirchenbau - 1968 bis 2008 - ist Anlass für einen Blick auf die Situation des Kirchenbaus und der Kunst im kirchlichen Raum in den Jahre ab und seit 1968.  Der Kirchenneubau war das große Thema dieser Jahre, bedingt durch fehlende Kirchen in sich neu entwickelnden Ortsteilen oder zu kleine Kirchen in bevölkerungsmässig stark wachsenden Siedlungen. Nicht nur der Kirchenraum war Thema, sondern die gesamte Infrastruktur einer Pfarre mit Wohnung und Saal war Bauaufgabe. Ein Kirchenbauausschuss wurde bestimmt oder gar ein Kirchenbauverein gegründet, die die Aufgaben des Bauherrn benahmen. So ein Planungsprozess mit der baulichen Umsetzung dauerte gut fünf bis zehn Jahre, sodass man eine Reihe kirchlicher Bauvorhaben dem Jahr "1968" in Verbindung bringen kann.

Latschau, Rankweil-St. Josef und Hohenems-St. Konrad
Die Filialkirche "Verklärung Jesu" in Latschau macht den Beginn. Planungsbeginn war 1962 und nach vierjährigen Bauzeit wurde die Kirche 1968 geweiht. Die Planung lag in den Händen der Architekten Dr. Meusburger und Mag. Ramersdorfer. Im Grundriß ist diese Kirche - wie St.Josef in Rankweil - als Reckteckraum gestaltet, der nach vorne zur Altarinsel hin schmaler wird und mit einer leicht geknickten Wand dahinter abgeschlossen wird. Die Dachkonstruktion - ein nach innen verschaltes Satteldach - bildet - wie in Rankweil auch - den oberen Raumabschluss. Durch die gewählte Raumform wird die Beziehung der Altarsituation mit der feiernden Gemeinde intensiviert.

Rankweil, St. Josef, AussenFür die Filialkirche zum "Hl. Josef" in Rankweil gilt dasselbe. Hier liegt der Planungsbeginn in den Jahren 1963/64, die Bauzeit zwischen 1965 und 1968, für den Turm 1969 und das Pfarrhaus 1969/70. Mit der Planung war Arch. Sepp Blenk beauftragt. Charakteristisch für die Kirche ist das weit herunter gezogene Dach und der keilförmige Turm, der den Platz vor der Kirche seitlich begrenzt. Zur Beratung der liturgischen Gestaltung war Pater Herbert Muck SJ (Wien) beigezogen worden. Eine wichtige Rolle spielen bei beiden Kirchen die Betonglasfenster. In Latschau erfolgte deren Ausführung nach Entwürfen von Martin Häusle. In Rankweil war ein künstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben worden. Die Entwürfe des Tiroler Malers Lutz-Waldner wurden realisiert. Nicht nur für die Fenster auf für den Kreuzweg in der Marienkapelle wurde ein Künstler beauftragt, nämlich der Jesuit Manfred Simma. Erwähnenswert ist auch der Tabernakelschrein von Nikolaus Epp auf einer Steinskulptur von Emil Gehrer.

Hohenems, St. Konrad, AussenHohenems - St. Konrad. Einen wichtigen Kirchenbau dieser Jahre, der für die gesamte Architektur in Vorarlberg von Bedeutung ist, findet sich in der Pfarrkirche St.Konrad in Hohenems. Nach der Auslobung eines Wettbewerbes (1962) fiel die Planungsaufgabe an DI Johann Gsteu und DI Walter Ramsdorfer aus Wien. Mit dem Bau wurde 1968 begonnen und mit der Weihe der Kirche 1972 vollendet. Hohenems - St. Konrad ist eine Seelsorgeanlage, die einen städtebaulichen Kristallisationspunkt für diesen Stadtteil zu schaffen sucht. Der konzentrische, in sich ruhende Raum mit seiner streng geometrischen Ordnung unterstützt die Versammlung der Gläubigen um die Altarinsel. Zentrales künstlerisches Werk ist der über der Mensa angebrachte "Auferstandene Christus" des Südtirolers Michael Demetz. Große Beachtung verdient der von der Hohenemserin Heilgard Bertel gemalte Zyklus von Lebensstationen im Abgang zur Unterkirche.

Bürs, Friedenskirche, GlockenturmBürs und Tosters. Noch zwei Kirchen, deren Planungsphase bzw. Baubeginn in die Zeit um 1968 fällt sind bemerkenswert. Zum die Pfarrkirche "Maria, Königin des Friedens" in Bürs und Pfarrkirche zu den "Hll. Cornelius und Cyprian" in Feldkirch-Tosters.
Der Planungsbeginn für die Friedenskirche in Bürs fällt in das Jahr 1966; mit dem Bau wurde nach einem Wettbewerb 1968 angefangen. Der Zürcher Architekt DI Walter Moser wurde gemeinsam mit DI Norbert Ender beauftragt. Die Einweihung erfolgte 1973. Das gesamte Pfarrzentrum mit Kirche, Pfarrhof und Pfarrheim bildet einen Platz. Ein großer Zentralraum mit Umgang macht den Kirchenraum aus. Die feiernde Gemeinde gruppiert sich in einem Halbrund um die Altarinsel, deren zentrale Stellung durch ein Oberlicht betont wird. Die liturgischen Orte gestaltete Herbert Albrecht.


Tosters, Pfarrkirche, InnenDie Pfarrkirche in Tosters (1967 Planungsbeginn, 1970 Bauarbeiten, Weihe 1977) . war Arch. Guntram Mätzler anvertaut. Die Kirche ist mit einem Verbindungsgang an den historischen Kirchturm angeschlossen; das Kirchenschiff - ein großer Zentralraum mit einem offenen Satteldach - erschließt sich über einen Umgang. Die Bankreihen sind U-förmig um die Altarinsel angeordnet. An künstlerischer Intervention verdient neben einem Fenster von Frau Ruiter-Häusle auch das Bronzeportal von Aldo Jahn Aufmerksamkeit

Wien, Donaucity, Kirche, InnenDie Aufgaben für Morgen. Mit guten Architekten versuchte man für die nachkonziliare Liturgie brauchbare Räume zu schaffen, deren Ausgestaltung mit  zeitgenössischen Kunstwerken erfolgte. Solche Kirchenneubauten oder gar Pfarrzentren bedurften erheblicher finanzieller Mittel, die oft in einem wirtschaftlich schwachen Umfeld aufgebracht werden mussten.
Wir haben heute ein etwas anderes Aufgabenfeld. Keine Kirchenneubauten stehen an und die Erhaltung des Bestandes allein ist eine große Aufgabe für die Pfarren. Einige  Renovierungen mit Umgestaltungen im liturgischen Bereich sind in den letzten Jahren gemacht worden und auch bei Projekten im Planungsstadium ist die Auseinandersetzung mit dem kirchlichen Raum nicht nur von Bewahrung geprägt. Für die Anforderungen unserer Zeit mit kleineren Gemeinden, dem Wunsch nach Möglichkeit für den reinen Wortgottesdienst und dem Anspruch vielfältigeren liturgischen Feierformen, sollen unsere Kirchenräume genügen, was oft subtile Eingriffe in die Ordnung der liturgischen Orte notwendig macht.

Ronchamps, Notre-Dame-du-Haut, Innen, WestseiteRäume zur spirituellen Entfaltung. - So wenig spektakulär diese Aufgaben klingen, diese Arbeit verlangt nach engagierten analytisch geprägten Architekten, die für ihre Aufgaben nicht weniger Begeisterung haben, als ihre Kollegen/innen in 60ern. Auch die Kunst ist nicht stehen geblieben und es braucht die Bereitschaft der Kirche v. a. in den Pfarren sich mit zeitgenössischer Kunst auseinander zu setzen. Auch die Künstler gefordert, Anliegen der Kirche zu den ihren zu machen. Wir brauchen nicht nur gut funktionierende Feierräume, sondern auch spirituell ansprechende Kirchenräume. Bestehende Kirchenräume zu "verdichten" wird eine große Aufgabe des Kirchenbaus der nächsten Jahre sein! 

Zum Autor: DI Herbert Berchtold ist Architekt und Diözesanbaumeister in der Diözese Feldkirch.

Der Beitrag ist in der Jubiläumsnummer des Vorarlberger KirchenBlattes (Nr. 49 vom 8. Dez. 2008) erschienen.