Als junger Kaplan habe ich am 1. September 1965 hier in St. Gallus angefangen, „als jungs Kaplöle“. Zu meinem Primizspruch hatte ich mir das Wort des Propheten Jeremia gewählt: „Geh wohin ich dich sende ...“ (Jer 1,7-9). Dieses Wort hat mich die 48 Jahre seither begleitet und ermutigt.

Gleich schon war ich zur ersten Predigt eingeteilt. Da stand ich oben auf der Kanzel, ich war aufgeregt, ich habe über das Konzil gesprochen, die 4. und letzte Periode hat da begonnen. Ich habe dann auch die erste Messe in der neuer Liturgie in St. Gallus gefeiert. Das Neue war die Sprache, also in Deutsch und nicht mehr in Latein oben am Hochaltar, neu war auch, dass der Priester am Volksaltar stand mit dem Blick zur Gemeinde. Unser erster Volksaltar war noch mobil, Prof. Böckle sprach von einem „liturgischen Teewägele“.

Heute nehme ich Abschied als Pfarrer. Viele Gedanken kommen mir. Ich versuche zu sagen, was mir als Seelsorger wichtig gewesen ist und weiterhin wichtig bleibt!
Es sei auch eine Ermutigung für Euch alle, für Euch als Getaufte und Gefirmte, für Euch als Pfarrgemeinde! Ich sage es im Blick auf Jesus und auf unseren Gallus.

1. Jesus Christus ist uns Vorbild in der Pastoral, er ist der „Meister“!
Jesus ging zu den Menschen und viele Menschen kamen zu ihm. Er war da, er hat sie angenommen, aufgerichtet, manche geheilt und befreit. Und er hat sie wieder ihren Weg gehen lassen. Dieses Begleiten ist oft hart und mühsam, oft aber auch sehr ermutigend. Da darf man spüren: Gott ist bei uns, mitten im Leben!

Und vor allem hat Jesus die Botschaft von der Liebe und Treue Gottes verkündet, unermüdlich. Er selber ist der Sämann, von dem er im Gleichnis spricht. (Mk 4,26 ff) Unser bleibender Auftrag ist es, das Wort Gottes großzügig auszustreuen – in einer Gesellschaft, in der alles berechnet und kalkuliert sein will.

Jesus gibt die feste Zusage: diese Saat geht auf und wächst bei Tag und bei Nacht.
Vertrauen wir ihm, verkünden wir die Botschaft Gottes persönlich und mutig, im Gottesdienst, in der  Familie, in der Schule, in der Vorbereitung auf die Firmung und auf die Erstkommunion. Wohin die Saat fällt und ob sie aufgeht, vielleicht erst nach Jahren, liegt nicht in unserer Hand! Aber vieles bricht auf.
Denn das Wort Gottes ist „Dynamis – Sprengkraft“ sagt Paulus! Es bringt Leben, nicht den Tod wie das Dynamit der Selbstmord-Attentäter.
Wichtig ist mir für die Ökumene: wir haben dasselbe Saatgut in den christlichen Religionen und Konfessionen: das Wort Gottes, das uns verbindet und verpflichtet!

2. Der hl. Gallus hatte auch seinen pastoralen Stil.  Zwei Jahre war er hier in Bregenz.
Es heißt, Gallus habe die „Sprache der Menschen hier gesprochen“, er als einziger in der Gruppe der Mönche um Kolumban. Daher war er besonders berufen, hier die Botschaft Christi zu verkünden, hier am Ort, an dem wir heute versammelt sind.
„Die Sprache der Menschen sprechen“ ist für mich eine schöne und wichtige Gabe und Aufgabe in der Pastoral. Das heißt doch, Freuden und Sorgen mit ihnen zu teilen und das rechte Wort zu finden, das Wort, das hilft, aufrichtet, tröstet, vergibt, ermutigt. „Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen“.

Und dann ging Gallus „in Pension“.  Er ging nicht mit Kolumban über die Alpen, er suchte einen  ruhigen Ort. Da möchte ich mir Gallus zum Vorbild nehmen. Er hat sich nicht versteckt und abgeschlossen. Er war bereit, zu helfen, wo er spürte, dass er gebraucht werde. Aber er war nicht mehr bereit, neue größere Aufgaben selber zu übernehmen. Da hat er immer wieder andere empfohlen. Das ist gut gegangen.
Ein Tipp des Gallus für uns in der Pfarre, im  PGR:  entdeckt Talente, ladet ein zur Mitarbeit, traut einander viel zu, denn jeder hat reiche „Gaben des Hl. Geistes“!
Manche haben mir gedankt, weil ich ihnen viel zugetraut habe.

Zu solcher Pastoral möchte ich Euch – Schwestern und Brüder – ermutigen, nach dem Vorbild Jesu  – bestätigt durch den Pfarrpatron Gallus!     Vier Schritte:
das Wort Gottes verkünden – wie der Sämann unermüdlich, großzügig. 
die Sprache der Menschen sprechen – so wichtig wie Fremdsprachen.            
einander gute Begleiter sein - im Glauben und im Alltag des Lebens.  
immer wieder die Eucharistie feiern – am Sonntag und Werktag – sie ist das „Geheimnis des Glaubens“!

Euer Weg führt in die Zukunft - geht ihn als große Gemeinschaft im Glauben. Geht ihn in großem Vertrauen zueinander und mit euern neuen Seelsorgern, mit Dekan Paul Solomon und Kaplan Gabriel Budulai. Ich werde weiterhin auch gerne  Gottesdienste mit Euch feiern. Geht in der Gewissheit, dass unsere Patrone Gallus und Gebhard euch treue Begleiter sind. Geht im Vertrauen auf die feste Zusage Jesu Christi: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28, 20)

Anton Bereuter



Lesung aus dem Propheten Jeremia  (Jer 1,7-8)

So spricht der Herr:
Sage nicht, ich bin noch so jung.
Wohin ich dich auch sende, dahin sollst du gehen,
und was ich dir auftrage, das sollst du verkünden.
Fürchte dich nicht vor ihnen;  denn ich bin mit dir, um dich zu retten.“


Evangelium nach Markus  (Mk 4,26-29)

Jesus sagt:
Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen
Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag,
der Samen wächst, und der Mann weiß nicht, wie.
Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre,
dann das volle Korn in der Ähre.  Sobald aber die Frucht reif ist,
legt er die Sichel an;  denn die Zeit der Ernte ist da.