[Wien, 7.3.2018, PA] Ein sach- und menschendienliches Verständnis von Macht sowie strukturelle Veränderungen in Kirche und Gesellschaft fordert die Katholische Frauenbewegung Österreichs, um unterschiedlichen Ausprägungen von Machtmissbrauch wirkungsvoll entgegentreten zu können.

[Wien, 7.3.2018, Presseaussendung der Katholischen Frauenbewegung Österreich]

„Sexueller Missbrauch in der Kirche etwa ist primär Machtmissbrauch, und Machtmissbrauch primär ein strukturelles Problem“, so Veronika Pernsteiner, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs: „Die Frage nach Machtverständnis und Strukturen der Macht, die zu Missbrauch führen, ist zu stellen. Sie verlangt genaues Hinsehen, die Entwicklung neuer Perspektiven und deren konsequente Umsetzung.“ Macht als Spielraum dafür, Interessen durchzusetzen, müsse generell im Dienst der Menschenwürde und der Förderung von Gerechtigkeit und Gemeinwohl stehen. In der Kirche brauche es Reformen in der Amtsstruktur, die das bestehende Machtgefälle zwischen Männern und Frauen, Klerus und Laien aufheben, dazu eine radikale Wende in der Sexualmoral. Überall, wo Menschen Gerechtigkeit und Chancengleichheit verwehrt würden, hierarchische statt partizipative Ordnungen wirksam seien, drohe Machtmissbrauch: „Frauen haben das über lange Jahrhunderte leidvoll erfahren,“ so Pernsteiner, „ihr Kampf um Gleichberechtigung ist auf vielen Ebenen der Gesellschaft bei weitem nicht zu Ende gekämpft. In der Kirche ist er, wie u.a. die aktuelle Debatte um sexuellen Missbrauch offenlegt, mehr als ein Gebot der Stunde.“

Die katholische Frauenbewegung Österreichs teilt mit einer Reihe von TheologInnen wie etwa den Jesuiten Klaus Mertes und Ansgar Wucherpfennig die Analyse, dass es im Zuge einer neuen strukturellen Ordnung in der Kirche u.a. die Öffnung aller Weiheämter für Frauen brauche, so Veronika Pernsteiner: „Es gilt, einem den Missbrauch begünstigenden Klerikalismus entgegenzutreten, Weihe- und Leitungsamt zu trennen und alle Ämter zugänglich zu halten für geeignete Männer wie Frauen.“ Die Trennung von Weihe- und Leitungsamt soll Macht verteilen helfen, wobei „geistliche Macht“, im Weihesakrament verliehen, als Machtausübung nicht im Sinne von „Beherrschen“, vielmehr im Sinne von „Ermächtigen“ zu verstehen sei. „Die Katholische Frauenbewegung Österreichs steht in dieser Tradition“, so Veronika Pernsteiner. „Frauen stärken“ sei ein Grundsatz ihrer Bildungs- wie spirituellen Arbeit. Im Herbst startet sie unter dem Motto „einmischen/aufmischen/mitmischen“ in einen zweijährigen Themenschwerpunkt rund um die Aspekte „Partizipation“ und „Demokratie“.

„Wir wollen Kirche gestalten, gemeinsam mit Männern, in geteilter Macht“, so Pernsteiner. Denn die Botschaft des Evangeliums sei es wert, sich einzusetzen. Es gehe darum, die Glaubwürdigkeit der Kirche aufrechtzuerhalten und wiederherzustellen, wo nötig. „Und wir wollen Gesellschaft gestalten, gemeinsam mit Männern, in geteilter Macht.“ Das bedeute Engagement in Fragen der Wirtschafts-, Finanz-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, Einsatz für eine (geschlechter)gerechte Verteilung von Ressourcen und Teilhabechancen. „Es geht uns darum, Spielräume zu schaffen und dafür zu nutzen, die Interessen von Frauen und Männern als aufeinander bezogene Gemeinschaft.