Ab wann ist man alt? Ist man wirklich nur so alt, wie man sich fühlt? Und wie wird man eigentlich gut älter, ohne sich auch so zu fühlen? Fragen über Fragen, die nicht nur am Tag der älteren Menschen am 1. Oktober eine Antwortsuche wert sind.

Simone Rinner

Auf diese Suche müssen wir uns heuer nicht alleine begeben, denn Doris Bauer-Böckle steht dem KirchenBlatt Rede und Antwort. Als Leiterin von Alt.Jung.Sein. hat sie sich berufsbedingt schon öfters Gedanken übers Alter mit all seinen Herausforderungen gemacht und hält gleich zu Beginn fest: „Alt sein ist leider negativ konnotiert.“ Nur dass es eine einheitliche Altersdefinition gar nicht gibt. Eine Orientierung bietet für die meisten der Antritt der Pension mit Mitte 60, so Bauer-Böckle. Und die hat es für viele in sich.

Das Pensionsloch

Plötzlich ist da viel freie Zeit, die sinnvoll gefüllt werden will und die Frage: „Wie gestalte ich den Tag, wenn ich vorher gestaltet worden bin?“ Vor allem Männer, die während ihrer Berufstätigkeit ihren Freundeskreis, Hobbys oder etwas anderes wofür sie brennen können, vernachlässigt oder vergessen haben, fallen in das berühmte Pensionsloch. Das Ehrenamt ist nach wie vor eher weiblich besetzt und es seien auch vorwiegend Frauen, die beispielsweise Alt.Jung.Sein.-Kurse besuchen, erzählt Bauer-Böckle, dass Frauen meist weniger Probleme hätten, sich zu engagieren.

Jeder will alt werden, aber niemand will alt sein, bestätigt Bauer-Böckle augenzwinkernd. Und das hänge vor allem damit zusammen, dass Wert in unserer Gesellschaft meist über Leistung definiert wird, ergänzt sie ernst: „Wenn du arbeiten kannst, bekommst du dafür Geld oder als Hausfrau Anerkennung für deine Talente, die ja auch Leistung sind. Wenn du die Leistung nicht mehr bringst, bist du alt. Dann fällst du nämlich zur Last - egal ob im sozialen Umfeld oder dem Staat“, formuliert es die Leiterin etwas überspitzt. 

1,5 Billionen

Ein gefährlicher Trend, wenn man bedenkt, dass die Gesellschaft dank höherer Lebenserwartung immer älter wird. Laut den Vereinten Nationen wird sich die Zahl der Menschen über 65 Jahre in den nächsten drei Jahrzehnten von 703 Millionen (2019) weltweit auf mehr als 1,5 Billionen (2050) verdoppeln. Eine Herausforderung, der wir laut Bauer-Böckle nicht nur mit einer monetären Aufwertung pflegerischer Dienstleistungen, sondern auch mit der Anpassung der Grunderhaltung begegnen müssen.

Alt.Jung.Sein.

Einen weiteren Grundstein für die körperliche und geistige Fitness im Alter bilden Alt.Jung.Sein.-Kurse, in deren Mittelpunkt nicht nur die Psychomotorik, Gedächtnistraining, Lebens- und Sinnfragen, sondern auch der soziale Aspekt und digitale Alltagskompetenzen stehen. Ältere Menschen dürfen nicht nur als Belastung und Störfaktoren wahrgenommen werden, die uns am eigenen Tempo hindern, betont Bauer-Böckle. Ihr Erfahrungswissen und all die wertvollen Qualitäten, die ältere Menschen mit sich bringen, müssen wieder mehr in die Gesellschaft integriert werden. Ob der „Tag der älteren Menschen“, der 1990 von der UNO initiiert wurde, der richtige Weg ist? Ja, aber nicht „wenn es wieder nur darum geht, Leistung zu würdigen oder sie mit benachteiligten Randgruppen gleichzusetzen“, so Bauer-Böckle.

Ausblick

Auf ihre eigene Pension freue sie sich vor allem deshalb, weil sie dann nicht nur mehr Zeit für ihre Ehrenämter, sondern auch für den Jakobsweg im Winter habe ohne auf Skitouren zu verzichten, lacht Bauer-Böckle.

www.altjungsein.at