Die Jahreshauptversammlung und das Sommernachtsfest des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg am 6. Juni standen unter dem Titel „Der Aufbruch des II. Vatikanischen Konzils - Erinnerungen und Perspektiven“. Für die über 100 Gäste war es ein wertvoller Abend.

Andrea Hinteregger*

In seinen Grußworten würdigte Schulamtsleiter Mag. Theo Lang als Vertreter der Diözese das Kath. Bildungswerk als einen Ort der Bildung, der Begegnung sowie des vorbildlich funktionierenden Zusammenspiels von hauptamtlichem und ehrenamtlichem Engagement.
Nach Berichten des Obmannes Christoph Schindegger, des Geschäftsführers Hans Rapp und der Bereichsverantwortlichen wurde der Vorstand des KBW bis auf Karl Peböck, der auf eigenen Wunsch ausschied (Nachfolge Nora Bösch), einstimmig für drei Jahre wiederbestellt.

Erinnerungen

Im Mittelpunkt des Abends stand die Erinnerung an das II. Vatikanische Konzil. Der ehemalige Schulamtsleiter Dr. Hans Fink als Referent und Mag. Annemarie Spirk, früher Religionsprofessorin an der Pädagogischen Akademie, als Gesprächsteilnehmerin am Podium erzählten, wie sie die Zeit vor und den Um- bzw. Aufbruch mit dem Konzil erlebt haben.

Die Zeit vor dem Konzil

Hans Fink empfindet es heute als „Gnade der frühen Geburt“, die vorkonziliare Zeit noch erlebt zu haben: Priester, die mit dem Rücken zum Volk für ihn als Schüler unverständliche Texte still vor sich hin sprachen, während das Volk dazu den Rosenkranz betete; die Diskussionen zwischen der weltoffenen Theologie der Brüder Karl und Hugo Rahner einerseits und der traditionellen Theologie, die in der Kirche immer die „Societas perfecta“ sah, andererseits.
Auch Annemarie Spirk berichtete von ihren Erfahrungen vor dem Konzil: in den Texten und Gebeten sei immer nur die Rede von Brüdern (und nie von Schwestern) gewesen; selbst Klosterschwestern durften nur zu Putz- und Reinigungsdiensten den Altarraum betreten. Nur wer das erlebt habe, könne eigentlich die ungeheuere Befreiung nachvollziehen, die viele Menschen mit dem Konzil verbinden.

Die Veränderungen mit dem Konzil

Ein Bild, so Fink, habe sich ihm besonders eingeprägt: Noch ganz traditionell ließ sich Johannes XXIII. auf einem Thron zur Konzilseröffnung tragen, stieg dann aber ab, nahm die Tiara (die Papstkrone) ab, setzte sich die Mitra (die Bischofsmütze) auf und ging zu Fuß als ein Bischof unter den Bischöfen in den Petersdom hinein.
Annemarie Spirk und Hans Fink schätzen vor allem die Veränderungen im Gottesdienst, das Miteinander von Priestern und Volk, die Verwendung der Muttersprache, dass im Vordergrund der Verkündigung heute die Barmherzigkeit Gottes stehe. Kirche wird jetzt als Communio, als Gemeinschaft der Getauften, gesehen. Der Wert des Bibellesens und der Exegese wurde neu entdeckt, das Verhältnis zu den anderen Religionen neu geordnet. Das Eheverständnis hat sich grundlegend gewandelt.

Fürchtet euch nicht!

Hans Fink meint, dass die restaurativen Tendenzen in der Kirche der letzten 20 bis 25 Jahre längerfristig keine Zukunft haben. Die Entwicklung sei trotz vieler gemachter Kompromisse bei Beschlüssen in Rom nicht mehr aufzuhalten. Ein Zurück hinter die Ziele des Konzils sei undenkbar. Er schloss mit dem Jesuwort: „Fürchtet euch nicht!“
Annemarie Spirk stellte fest, dass das Kabarett als Heilkraut des Lachens befreiend wirke und sie vor Bitterkeit bewahre. Spirk bezeichnete sich als grundsätzlich optimistisch. Es stehe noch vieles an, was z.B. die Stellung der Frau in der Kirche und die Zulassungsbedingungen zum Amt anbelange. Oder das Suchen nach einer kirchlichen Sprache, die sich am Heute orientiere. Sie spüre eine unausrottbare Hoffnung. Die Veränderungen in der Kirche seit dem Konzil seien vergleichbar mit einer neuen Haut, die auch Zeit brauche zu wachsen. Sie selbst sei geprägt von einer „großen Freude im Glauben an den Gott der Liebe, der alles trägt.“

*Andrea Hinteregger ist Leiterin des Katholischen Bildungswerkes in Wolfurt