Am 15. Juni fand in der Propstei St. Gerold im großen Walsertal die Jahreshauptversammlung des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg statt. Im Mittelpunkt standen die Wahl eines neuen Vorstands und der interreligiöse Dialog.

Wechsel im Vorstand

Nach langen Jahren der Vorstandstätigkeit im Bildungswerk übergaben Edith Viktorin, Nora Bösch und Gertraud Lässer ihre Ämter einer neuen „Mannschaft“.  Unter dem Motto, „Neue Besen kehren gut“, reichte Edith Viktorin als scheidende Obfrau ihrem Nachfolger Dr. Hanno Platzgummer einen neuen Besen. Mit seiner neuen Crew, Thomas Stubler, Gaby Arbeiter und Thomas Gassner, wird er die Geschicke des Vereins in den kommenden drei Jahren leiten. Insbesondere die Anwesenheit zahlreicher junger Menschen an der Jahreshauptversammlung hatte es dem neuen Obmann angetan: das ist für Vereine nicht selbstverständlich.

Tradition und Wandel

Tradition und Wandel war das Motiv, das sich durch die Jahreshauptversammlung des Bildungswerks im Walsertal durchzog. Bereits bei seiner Begrüßung betonte der Walser Landtagsabgeordnete Josef Türtscher, dass die Walser vor 700 Jahren als MigrantInnen aus der heutigen Schweiz eingewandert waren. Heute sind sie aus der Vorarlberger Kultur nicht mehr wegzudenken. Augenfällig und ein Ohrenschmaus war die musikalische Umrahmung der Jahreshauptversammlung durch den Walserchor Fontana unter der Leitung von Susanne Konzett, welcher die Veranstaltung mit traditioneller Volksmusik abrundete.

Interreligiöse Spiritualität

Auch Kultur und Religion(en) sind nie aus dem Nichts entstanden. Sie haben sich immer im Gespräch und der Auseinandersetzung mit anderen Welt- und Gottesentwürfen entwickelt. Das betonte Prof. Dr. Ursula Rapp (Kirchlich-Pädagogische Hochschule Edith Stein) in ihrem Impuls zum inhaltlichen Teil der Jahrestagung. Religionen geben Antworten auf die großen und existentiellen Fragen der Menschen. Wenn man sich aber auf das Gespräch mit anderen Religionen einlässt, wird es auch gefährlich, weil wir durch andere Sichtweisen auf Welt und Gott oft verunsichert werden. Aber es gibt kein Lernen und Wachsen ohne diese Verunsicherung. Deshalb ist auch dieses Gespräch mit anderen Religionen für Ursula Rapp so wichtig.

Tugenden des interreligiösen Gesprächs

Damit ein solches Gespräch gelingen kann, braucht es von allen Seiten Voraussetzungen. Im Anschluss an Catherine Cornille umriss Rapp die Tugenden des interreligiösen Gespräches:

  • Demut: Niemand kann die letzte Wahrheit für sich in Anspruch nehmen
  • Bekenntnis und Zugehörigkeit zur eigenen Tradition
  • Vertrauen in die Verbundenheit der Religionen: ein Gespräch ist möglich
  • Empathie
  • Gastfreundschaft
  • Zeit

Bereicherung

Wie bereichernd dieser Dialog sein kann, wurde im Podiumsgespräch mit Nora Bösch (St. Martin, Dornbirn), Christian Kopf (Bildungshaus Batschuns) und Rumeysa Şeker (muslimische Jugend Österreichs) deutlich. Sie alle hatten sich als Organisatoren, TeilnehmerInnen oder Veranstalter der Kursreihe „Islam und Christentum“ engagiert. Sie alle haben diese Begegnungsreihen als sehr bereichernd erlebt. „Wir haben erst gedacht, dass wir nach vier Abenden genug Informationen haben. Aber unsere Neugierde ist dadurch größer geworden“, fasste Nora Bösch ihre Erfahrungen zusammen. Deshalb wird es auf Wunsch von TeilnehmerInnen Fortsetzungsabende zu bestimmten Themen geben. Natürlich wird es auch vor allem für junge Menschen das gemeinsame Tun geben müssen. Rumeysa Şeker verwies auf mögliche soziale Projekte mit der katholischen Jugend. Wichtig ist aber, dass Kontakte entstehen. „Die meisten haben noch nie mit Muslimen selbst gesprochen“, beobachtete Christian Kopf. Deshalb seien solche Kursangebote auch so wichtig.

„Es gibt Muslime, die wirklich am gemeinsamen Dialog mit Veranstaltungen interessiert sind“, fasste Rumeysa Şeker ihre Erfahrungen zusammen. Das zeigt schon ihr eigenes Beispiel: Die Jahreshauptversammlung in St. Gerold war am Abend des muslimischen Zuckerfests am Ende des Fastenmonats Ramadan. Dass sie einen Teil dieses Abends für diese Veranstaltung opferte, war nicht selbstverständlich.

Zahlen und Fakten zum Katholischen Bildungswerk

In 866 Veranstaltungen und 8.237 Arbeitseinheiten wurden 18.835 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht und 139.201 TeilnehmerInnenstunden geleistet. Die wichtigsten Themenbereiche des Bildungswerks sind Glaube/Weltanschauung, Persönlichkeit/Kommunikation, Familie/Ehe/Partnerschaft, Gesellschaft/Politik, Musisch-Kulturelle Bildung und SeniorInnenbildung.

Die Angebote für Bildungswerke vor Ort und für Pfarren zum Thema interreligiöser Dialog können hier heruntergeladen werden.