Bildung: wichtig, richtig, gut und schön – zumal bei der Bilanz, die die Angebote des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg auch 2016 einfahren konnten. Trotzdem stellte Referentin Magdalena Holztrattner bei der Jahreshauptversammlung die Frage nach dem Warum. Ihre Antworten gingen ans Eingemachte.

Bildung blüht!

Ein Garten: Die Rasenfläche – gemäht und eben – umschließt ein Areal, in dem es nicht ganz so ordentlich zugeht. In einem Beet schießt und sprießt es als gäbe es kein Morgen. Der Zaun, der diesen Bereich begrenzen sollte, ist allenfalls noch zu erahnen – das wilde Grün hat ihn einfach überrannt.
„Als Finanzverantwortliche hat man jetzt zwei Optionen“, meint Monika Stemmer, die dieses Bild vergangenen Freitag für ihren Bericht bei der Jahreshauptversammlung des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg ausgewählt hat. „Stutze ich dieses Feld wieder so zurecht, dass er in die Grenzen passt – oder passe ich das Budget an?“

Dass sie sich im Namen des Bildungswerks für zweiteres entscheidet, entscheiden kann, hat gute Gründe. Zum einen ist die Nachfrage nach den Angeboten des KBW in allen Bereichen ungebrochen hoch – die großartigen Auslastungszahlen der Vorjahre habe man auch 2016 entspannt erreicht, so Obfrau Edith Viktorin. Noch besser: Die Teilnehmerstunden seien dabei um 12 Prozent gestiegen, sprich: Die, die kommen, bleiben länger. Menschen entscheiden sich also doppelt für Bildung: indem sie die Angebote überhaupt nutzen – und indem sie sie so intensiv nutzen wie möglich. Das wiederum ist Argument für die Förderer des KBW – die Diözese Feldkirch, das Land Vorarlberg, verschiedene Bundesministerien und Kommunen – die Mittel so zu erhöhen, dass dieser schießende, sprießende Bereich der Erwachsenenbildung nicht zurückgeschnitten werden muss, sondern weiter wachsen darf.

Welchem Gott dienen wir?

Warum das nicht nur schön ist, sondern wichtig, zeigt neben den Berichten aus den einzelnen Arbeitsbereichen vor allem der Vortrag von Dr.in Magdalena Holztrattner, Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs. Die Theologin, Armutsforscherin und Pädagogin fragt ausgehend von der päpstlichen Umweltenzyklika Laudato si', welche Konsequenzen der christliche Glaube für Leben und Bildung hat. Oder anders formuliert: Wie passen Gott und Gegenwart zusammen?

Eine erste Antwort findet Holztrattner bei Rosa Luxemburg, die auf das „ungehemmt schäumenden Leben“ setzte, dem so viel „schöpferische Kraft“ innewohne, dass auch Fehlentscheidungen und Irrwege korrigiert werden könnten. Das Ideal des herrlich wuchernden Gartens – da ist es wieder.

Bildung nach Plan... oder?

Allein: Wem nützt der Wildwuchs, wenn es niemanden gibt, der die schönsten und besten Schösslinge darin erkennt und obendrein hegt und pflegt? Echte Bildung – die, die ganzheitlich angelegt sei und auf den offenen Geist und die Mündigkeit des Einzelnen ziele – könne das, so Holztrattner. Bloß hätten die standardisierten Lehrpläne der Gegenwart an so einer Bildung zu wenig Interesse: „Warum vergessen wir Technikapologeten, dass am Ende alles mit allem zusammenhängt?!“ Holztrattner zitiert den Fundamentaltheologen Ansgar Kreutzer, auf den die unbequeme Beobachtung zurückgeht, dass es die im landläufigen Sinne Bestausgebildetsten seien, die unsere Welt an den Rand des Zusammenbruchs brächten – weil sie genau diese Zusammenhänge aus den Augen verloren hätten. Autsch!

Was also tun? „Bilden“, meint Holztrattner. Und zwar richtig – auf dem Fundament des lauten, bedingungslosen „Ja!“ Gottes zu jedem einzelnen Teil der Schöpfung. „Wer sich dieser unerschütterlichen Anerkennung seiner selbst gewiss ist – der findet auch die Kraft, andere in selber Weise anzuerkennen.“ Et voilà: Das ist die Grundlage von Demokratie und nachhaltigem Handeln.

Politik und Glaube

„Religion ist – so verstanden – nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung“, erläutert Holztrattner mit Blick auf die Debatten um „Werteanerkennung“ durch Geflüchtete. „Gottes Wunsch ist ein gutes Leben für alle“ – etwas, an das sich auch mancher Christ gern wieder erinnern dürfe.

Bildung befähige, hinzusehen – und zu erkennen, ob IST- und SOLL-Zustand tatsächlich schon identisch sind. Sie ermögliche, die Perspektive zu wechseln und Ideen auch aus dem Blickwinkel derer zu betrachten, denen es noch nicht ganz so geht, wie es gottgewollt wäre.

Integration am Kaffeeautomaten

In der Praxis funktioniere dieses Aufeinander-Schauen oft sehr gut, berichten Waltraud Klement-Schneider, Biologie- und Ethiklehrerin am Bundesgymnasium Blumenstraße, und Stefan Fischnaller von der Volkshochschule Götzis in der anschließenden Podiumsdiskussion mit Holztrattner, Landesrat Johannes Rauch und Hans Rapp als Geschäftsführer des KBW: „Integration findet bei uns am Kaffeeautomaten statt“, erzählt Fischnaller – wenn in seiner Volkshochschule eben parallel Deutschkurse, Zumba-Klassen und Imam-Fortbildungen stattfänden.

Allerdings – da macht sich trotz der positiven Zahlen vom Beginn – niemand Illusionen: Am Kaffeeautomaten treffe sich die, die gekommen sind. Es gebe aber immer noch zu viele, die zu Hause blieben – die man mit Bildungsangeboten nicht erreicht. Oder um im Bild des Gartens zu bleiben: Areale, die völlig brach liegen.

Es bleibt also zu tun – für Pädagogen, Organisatoren, Politik. Einen Eindruck davon, wie es aussieht... oder besser: wie es klingt, wenn sich etwas bildet – aus einem Schnalzen, Stampfen, Summen – gaben die musikalischen Impulse von Andreas Paragioudakis.