Der Wiener Professor für Religionspädagogik, Dr. Karl-Richard Essmann, hat in Nüziders einen Vortrag zum Thema der Frauen in der Kirche gehalten. Ein Bericht von Herbert Burtscher, Nüziders.

Die Geschichte der Frau in der Kirche hat mit der Verarbeitung des jüdischen und des griechisch-hellenistischen Frauenbildes zu einem christlichen Bild begonnen. Prof. Dr. Karl-Richard Essman hat in seinem gut besuchten Vortrag im Pfarrsaal Nüziders ausführlich erläutert, wie das christliche Frauenbild entstanden ist. Dabei ist er vor allem auf die missverständliche und unzureichende Auslegung der biblischen Schöpfungsgeschichte eingegangen. Er gab zu bedenken, dass die biblischen Geschichten von Männern aufgeschrieben wurden und auch deshalb die Frauensichtweise der Geschehnisse zu kurz gekommen ist. Auch Kirchenväter wie Augustinus haben mit dem Blick des Mannes und dem Geist der Zeit folgend zentrale Bibelstellen einseitig interpretiert. Von den beiden Schöpfungsgeschichten über die Erschaffung des Menschen wurde beispielsweise jener in Gen. 1,27 f lange nicht der gebührende Stellenwert eingeräumt:

„Gott schuf also den Menschen als sein Abbild,
als Abbild Gottes schuf er ihn.
Als Mann und Frau schuf er sie.
Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen:
seid fruchtbar und vermehret euch.“

Benachteiligung von Frauen

Prof. EssmannAn Hand zahlreicher Beispiele erläuterte er die Jahrtausende anhaltende Benachteiligung von Frauen, die sich in keiner Weise auf eine Anweisung Jesu berufen kann. Im Gegenteil – im Neuen Testament finden sich zahlreiche Episoden in denen Jesus in einer Art und Weise auf Frauen zugeht, die in geradezu außergewöhnlicher Weise deutlich macht, mit welcher Würde und Anerkennung er Frauen begegnet ist. Als Lehrbeispiel verwies Prof. Essmann auf die Begegnung mit der Samariterin am Brunnen. In dieser Geschichte setzt sich Jesus sogar über drei Tabus hinweg. Er spricht mit einer Fremden (Samariterin). Er spricht eine Frau an. Und er wagt es sogar, mit Ihr über Theologie zu sprechen. Dies war zur Zeit Jesu geradezu undenkbar.

In vielen Jahrhunderten wirkte sich das Wort „die Frau schweige in der Kirche“ (wie auch in der Synagoge) als eine schwere Fessel für die Frau aus. Es wurde zu einem festgemauerten Vorurteil, an dem man nicht zu rütteln wagte.  Nur selten ereignete es sich, dass eine Frau dieses aufgenötigte Schweigen durchbrach. Und dennoch geschah es immer wieder, dass sich neben Frauen der Heiligen Schrift auch große Frauen der Kirchengeschichte nicht an diese einengende Schranke hielten. Allen voran Hildegard von Bingen, aber auch Birgitta von Schweden und Jeanne d´Arc hüllten sich nicht in Schweigen.

Lange hat es auch gedauert, bis erkannt wurde, dass die Frau im Zeugungsakt eine gleichwertige Rolle einnimmt und das Leben nicht allein im Samen grundgelegt ist, sondern erst durch Verschmelzung von Ei und Samenzelle von beiden Geschlechtern genetisch bestimmt wird.Und wer schreibt die Geschichte der Frauen in der Kirche von morgen? Eine kritische Auseinandersetzung ist nötig. Zum Beispiel auch mit den von Prof. Essmann zusammengefassten häufigsten Begründungen, die gegen eine Weihe von Frauen ins Treffen geführt werden.

  1. Der Mann ist nach der Schöpfungsgeschichte von Gen 2 der Frau übergeordnet. (Aber nach Gen 1 schuf Gott "Mann und Frau nach seinem Ebenbild", es gibt in der jüdischen Geschichte beide Traditionen.)
  2. Christus ist als Mann auf die Welt gekommen, nur Männer können ihn repräsentieren. (Die Stellung der Frau zur Zeit Jesu bot keinerlei Vorraussetzung, dass eine Frau den Erlösungsauftrag erfüllen könnte. Gerade darin zeigt sich auch das Gott mit seinem Handeln auf die jeweilige Zeit Bezug nimmt.)
  3. Christus wählte nur Männer zu Aposteln. (Er wählte auch nur Juden, nur Beschnittene, viele mit einer Fischereilizenz, auch Verheiratete usw., alles haben wir geändert, nur das Geschlecht nicht.)
  4. Paulus gebot der Frau, sie soll in der Versammlung schweigen (1 Kor 14,34). (Paulus verordnete im selben Schreiben, eine Frau sollte nicht unverschleiert in der Versammlung erscheinen (1 Kor 11, 2-16). Nicht alles haben wir von den paulinischen Anweisungen übernommen oder beibehalten.)
  5. Maria selbst als Gottesmutter war keine Priesterin. (Die Berufung zur Mutter Gottes kann gar nicht mehr gesteigert werden).
  6. Eine geschlechtliche Polarität wirkt sich im Sakralraum störend aus, z.B. Thomas von Aquin: eine Frau reißt die Hörer zur Begierlichkeit fort. (Auch Männer können anziehend wirken, eben für Frauen....)
  7. Die Kirche hielt 2000 Jahre am Ausschluss der Frau vom Weiheamt fest. (Kann Tradition jemals normativen Charakter haben? Aber dann müsste es zumindest Diakoninnen geben, den die gab es vor 2000 Jahren.)