Pater Alex Blöchlinger SJ initiierte gemeinsam mit dem Lampert-Projekt ein Gedenken an den ehemaligen Stella-Lehrer, Seelsorger und Jesuiten Pater Alois Grimm SJ. Mit einer Gedenklesung in der Pfarrkirche und einem anschließenden Vortrag im Pfarrsaal wurde an diesen Blutzeugen erinnert.

Gedenkfeier

Von seiner Berufung an bis zu seinem letzten Brief an seine Mitbrüder wurde eine Lebensgeschichte gedeutet, die zutiefst der Nachfolge Jesu verpflichtet war bis zum gewaltsamen Tod. Immer wieder eingeschobene Evangelientexte, Briefauszüge und Zeugnisse über P. Grimm gaben der Lesung Dramatik und hauchten sie spirituell an. Die von der Cellisitin Judith Susana zu den Texten ausgewählten und gespielten Bach’schen Cello-Suiten halfen den Tiefgang einer faszinierenden und in ihrer Strenge sich auch immer wieder entziehenden Persönlichkeit nachzuvollziehen.(Texte der Gedenkfeier für Pater Alois Grimm am 10. November 2009)

Vortrag

„Es fordert den ganzen Menschen“, antwortet Roland Freisler, Präsident des NS-Volksgerichtshofs auf die Frage, was Nationalsozialismus und Christentum gemeinsam hätten. Mit dieser Aussage stieg die Jesuitenhistorikerin Rita Haub in ihren Vortrag ein, in dem es in einer knappen Stunde um die historischen Fakten und das in den Archiven Auffindbare zu P. Alois Grimm ging, der am 11. September 1944 in Brandenburg-Görden hingerichtet worden war. Als Historikerin der deutschen Jesuiten ordnete sie dabei das Schicksal Pater Grimms in den ideengeschichtlichen Hintergrund der Feindschaft zwischen Nationalsozialisten und Jesuiten ein. Die Jesuiten galten als eine der Hauptfeinde der Nationalsozialisten. Sie wurden direkt bekämpft. Bis 1942 sollte Deutschland jesuitenfrei sein, was jedoch aufgrund der Nichtkooperation seitens der Jesuitenprovinziäle misslang.

 „Der Orden der Jesuiten arbeitet zielbewusst an der Zersetzung des nordisch-germanischen Abendlandes und nistet sich naturnotwendig überall dort ein, wo eine Wunde im Volkskörper bemerkbar ist. Seit der Herrschaft des Jesuitismus kann kein nordischer Mensch bewusst Germane und zugleich Anhänger des Loyola sein.“ (Alfred Rosenberg in „Mythos des 20. Jahrhunderts“)


 Rita Haub verwies immer wieder auf den zentralen Konfliktpunkt zwischen den Weltanschauungen: Wer hat Kontakt zur Jugend und damit Einfluss auf die Lebenschancen des Dritten Reiches? Als ehemaliger Lehrer und Jugendseelsorger in den frühen Dreißigerjahren verfügte Pater Grimm über diesen Kontakt und stand damit direkt in der Schusslinie. Haub führte anschaulich vor Augen, wie sich der Konflikt zuspitzte und schließlich eskalierte:


Nachdem im März 1939 alle Jesuitenschulen geschlossen worden waren, kam Pater Grimm nach Feldkirch, wo er in der Seelsorge in Tisis aushalf und sich der wissenschaftlichen Arbeit widmete. In seinen Predigten versuchte er über den Nationalsozialismus als Pseudoreligion aufzuklären und so im Schutz und Schatten der Kirche Widerstand zu leisten. Das sahen die Jesuiten als ihre Aufgabe an: Sich vom Nationalsozialismus nicht beirren zu lassen und Wegweiser in einer kaum durchschaubaren Welt zu sein, über den Ver-Führer aufzuklären als Dienst an den Menschen und der Wahrheit.


Ein ehemaliger Jesuitenpater und Kollege an der Stella, der ein fanatischer Nationalsozialist geworden war, sagte nach dem Hören einer Predigt: „Pater Grim hat sich in gemeiner Weise über unseren neuen Geist geäußert. Ich hoffe, dass ihm auf Jahre hinaus oder für immer das Handwerk gelegt wird.“


Ein perfider Trick wurde angewandt um Pater Grimm auszuliefern: Im Frühjahr 1943 besuchte ihn erstmals ein Soldat mit der Absicht, zum Katholizismus konvertieren zu wollen. Neben Glaubensfragen gelang es ihm, P. Grimm zu regimekritischen Äußerungen zu bewegen. P. Grimm wurde auch dann nicht misstrauisch, als der Soldat einen SS-Mann zu den Gesprächen mitbrachte, der gleichfalls behauptete, konvertieren zu wollen. Dass er hereingelegt worden war, bemerkte er erst, als er nach der Hl. Messe in der Antioniuskapelle von der Gestapo verhaftet wurde. In Innsbruck wurde er von den beiden scheinbaren Konvertiten höhnisch empfangen: „Da ist ja der Sauhund! So muss man das mit euch Saukerlen machen, sonst kriegt man euch ja nie!“
Der Volksgerichtshof in Berlin unter seinem Vorsitzenden Roland Freisler verurteilte Pater Grimm als „für immer ehrlos und zum Tode“, da er sich den Volksgenossen gegenüber „schwer zersetzend, hetzerisch defätistisch geäußert und dadurch im Dienste der Feindpropaganda unsere Kampfkraft angegriffen“ habe.


Birgt eine Geschichte wie die von Pater Grimm an sich schon genug an Interessantem und Spannendem, so trug das Publikum das seine dazu bei, dass die vorgetragenen Inhalte noch näher kamen:

 

Herr Fischer: "Ich war öfters in der Kirche und habe einige seiner Predigten in bester Erinnerung. Ich habe großen Respekt vor dieser Persönlichkeit. So geradlinig und streng er war: Pater Grimm gebührt Hochachtung."

Dr. Mähr: "Über die Pfadfinder und Pfarrer Gunz habe ich Pater Grimm kennen gelernt. Er war ein unnahbarer, strenger deutscher Jesuit. Er hat eine klare Linie vorgegeben. Wir hatten Respekt vor ihm. Im Pfarrhaus in Tisis, wo er wohnte, hatten wir aber wenig Kontakt zu ihm, weil er sich wissenschaftlich betätigte und ab und zu in der Pfarrkirche und der St. Antonius-Kapelle die Messe hielt."