Exzerpt des Vortrages von Frau Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler bei der Jahreshauptversammlung des Katholischen Bildungswerks am 4.10.2008

Strukturmerkmale zukunftsfähiger Elternbildungsmodelle in der niederschwelligen Elternbildung
Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler
Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften – Fachhochschule Köln

Unterstützungsangebote zur Stärkung der elterlichen Erziehungsverantwortung
Alles das, was heute im weitesten Sinn unter Elternbildung subsumiert werden kann, ist ebenso verwirrend vielfältig wie die dazugehörigen Bezeichnungen: Elternarbeit, Elternwerkstatt, integrative Elternmitarbeit, Elternschulung, Elterntraining oder dialogische Begleitung, Beteiligungsprojekte für Eltern, Handwerkszeug für Eltern oder Stärkung der Erziehungskraft der Eltern, Elterntalk - hinter jedem dieser Begriffe stehen differenzierte konzeptionelle Entwürfe mit konkreten praktischen Umsetzungsideen. Der expandierende Markt von Elternbildungsangeboten antwortet mit seinen unterschiedlichen Programmen auf die größer gewordenen Anforderungen an Mütter und Väter, die sich zwar eine Familie wünschen, ihre Kinder lieben und für sie auch „das Beste“ tun wollen, aber dennoch angeben, dass sie sich im Erziehungsalltag oftmals überfordert, hilflos und unsicher fühlen. Nicht zuletzt durch eigene Lebensprobleme und mangelnde Problemlösungsstrategien fühlen Erwachsene sich in ihrer eigenen Lebensführung derart belastet, dass sie kaum noch Kraft für die Bewältigung der Erziehungsaufgaben haben.

Erziehung heute ist schwieriger geworden.
Traditionsabbruch und Wertepluralismus schlagen sich nicht zuletzt in Orientierungslosigkeit und Unsicherheiten in der Lebensführung nieder. Schnelllebigkeit, Mobilitäts- und Flexibilitätsansprüche führen dazu, dass Kinder und Erwachsene gleichermaßen Lebenskompetenzen erlangen müssen, um sich in der immer rascher verändernden Welt zurechtzufinden. Eine gemeinsame Suche nach Orientierung und das Lernen mit- und voneinander sind an die Stelle des eindeutigen Orientierungs- und Informationsvorsprungs der Eltern gegenüber ihren Kindern getreten. Durch die Pluralisierung von Lebensstilen gibt es kaum noch etwas, auf das sich Eltern berufen und an das sie anknüpfen können. Eltern und Familien in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen kann demnach nicht nur bedeuten, ihnen Erziehungswissen zu vermitteln, sondern muss gleichzeitig auch ihre Handlungsoptionen erweitern helfen, die sie in die Lage versetzen, sich in ihrem Lebensraum als mitgestaltende Subjekte mit Selbstwirksamkeit erleben zu können. Das kann für Elternbildungsprojekte bedeuten, die Ressourcen der Eltern zu aktivieren, die es ihnen ermöglichen, diese (wieder) für sich und ihre Kinder nutzen zu können.

Welche Form von Unterstützungen wünschen sich Eltern für ihren Erziehungsalltag?
Das Erkenntnisinteresse einer Studie mit 350 narrativen Interviews mit Müttern und Vätern im Rahmen eines Werkstattseminars zum Thema "Elterliche Erziehungskompetenz" an der Fachhochschule Köln war es, von Eltern zu erfahren, wie sie sich Unterstützung in ihrem  Erziehungsalltag vorstellen (Tschöpe-Scheffler 2005a). Aufschlussreich war, dass Eltern mit ihren Vorstellungen und Wünschen gleichermaßen das benannt haben, das auch als Erziehungskompetenz für elterliches Verhalten festgelegt werden kann. Die unterschiedlichen Antworten haben wir unter vier Punkten zusammengefasst:
1. Eltern wünschen sich ganz konkrete Hilfen, um sich in Konflikten, aber auch im Erziehungsalltag sicherer zu fühlen (Erweiterung von Handlungsoptionen).
2. Eltern suchen Informationen z.B. über Entwicklungsphasen der Kinder, Medien, Gewaltprävention (Wissen, Information).
3. Eltern möchten mehr über sich erfahren, über die Ursachen von Konflikten und Problemen in Interaktionen (Selbstreflexion, Selbsterfahrung).
4. Eltern wünschen sich Austausch mit anderen Eltern und Erweiterung des sozialen Netzwerkes, u. a. auch darum, um Entlastung zu erhalten (Netzwerknutzung), (Tschöpe-Scheffler 2005a).

 Aus der Studien können vier Basiskompetenzen abgeleitet werden, die Eltern einerseits benötigen, um entwicklungsfördernd erziehen zu können und für diese sie andererseits, ihrer Selbsteinschätzung entsprechend, auch am ehesten Unterstützung und Hilfe bräuchten:
Wissen, Handeln, Selbsterfahrung und Selbsterziehung, Aufbau und Nutzung von Netzwerken.

Vier Kompetenzbereiche der Erziehungsunterstützung
Eltern müssen demnach über ein grundständiges Wissen darüber verfügen, wie Kinder sich entwickeln, welche Bedürfnisse sie haben und wie diese in Familie und Umwelt befriedigt werden können. Das Wissen dient dazu, sich selbst und andere, aber auch Zusammenhänge besser verstehen zu können. Neben Informationen wünschen Eltern sich aber auch konkrete Hilfe zur Erweiterung ihrer Handlungsoptionen im Umgang mit ihren Kindern. Hierzu benötigen sie Übungs- und Erprobungsmöglichkeiten, um neue Formen der Erziehung und des Zusammenlebens entwickeln zu können. Das schließt die Frage ein, wie Eltern als Erwachsene mit sich und dem eigenen Leben umgehen und Sinnorientierung finden können. Auch hierzu wünschen sie sich Anleitung. Informationen, kritische Auseinandersetzung bisherigen Verhaltens, Entwicklung und Erprobung von Handlungsalternativen sind zwar unerlässlich, reichen aber nicht aus, wenn der Transfer in den Alltag gelingen soll. Von der Motivation und der Einsicht in die Veränderung über die Einübung neuer Verhaltensweisen bis zur Realisierung im Alltag ist es ein langer und mühsamer Weg, auf dem Begleitung erwünscht und oftmals auch benötigt wird. Der Transfer gelingt umso besser, je stärker auch er zum Gegenstand des gemeinsamen dialogischen Lernens in der Elterngruppe werden kann und sich nicht an einer statischen, fixierten Handlungsvorgabe orientiert.
Durch Anregung und Anleitung, eigene biografische Muster auf eine neue Stufe der Reflexion und Selbsterfahrung zu stellen und bei sich selbst und den eigenen Konflikten zu beginnen, erlangen Eltern mehr Verständnis für sich. Sie erkennen, dass Probleme, die sie als Erwachsene haben, unbewusste Auswirkungen auf die Beziehung zu ihren Kindern haben können. Elternbildung greift zu kurz, wenn nur die erzieherische Qualifizierung der Eltern angesprochen wird und nicht auch zugleich ihre Persönlichkeits- und Weiterentwicklung. Zu dem, was Eltern sich wünschen und zur Entlastung ihrer Erziehungsaufgaben auch dringend benötigen, gehören gut funktionierende Netzwerke, die auf eine prozessbegleitende, wenn nicht gar lebensbegleitende Hilfestellung angelegt sind. Arbeitsfeldbezogene und projektorientierte Formen der Zusammenarbeit stellen kreative, ressourcenorientierte Lernorganisationen dar, in denen z.B. Eltern mit anderen Eltern und ihren Kindern in einer Einrichtung oder im Stadtteil miteinander oder voneinander durch gemeinsame Aktionen lernen können. Neben der bisher üblichen Differenzierung von Elternbildung (Elternberatung, Elternkurse und Bildungsarbeit, Elternbehandlung) werden zunehmend neue Formen der Beteiligung von Eltern geschaffen, wie sie in der Stadtteil(kultur)arbeit, in Elternwerkstätten oder in der Nachbarschaftsarbeit, Elternstammtischen zum Tragen kommen. Eltern wünschen sich Austausch, suchen ihn und sind bereit sich zu engagieren, vorausgesetzt sie werden ressourcenorientiert angesprochen und fühlen sich mit ihren Fähigkeiten ernst- und wahrgenommen. Außerdem wünschen sie sich Hilfe bei der Etablierung und Pflege eines stabilen Freundes- und Bekanntenkreises.

Unterschiedliche Angebote für die Vielzahl menschlicher Lebensentwürfe
In § 16 SGB VIII wird die Förderung der Familienerziehung in den Mittelpunkt gestellt. Die Träger der Jugendhilfe werden verpflichtet, den Erziehungsberechtigten Unterstützung in ihrer Erziehungsverantwortung anzubieten. Als Bereiche dieser Unterstützungsleistungen werden ausdrücklich die Angebote der Familienbildung genannt (neben der Beratung und den Angeboten der Familienerholung und Freizeit). Sie sollen „auf Bedürfnisse und Interessen sowie auf Erfahrungen von Familien in unterschiedlichen Lebenslagen und Erziehungssituationen eingehen, die Familie zur Mitarbeit in Erziehungseinrichtungen und in Formen der Selbst- und Nachbarschaftshilfe besser befähigen sowie junge Menschen auf Ehe, Partnerschaft und das Zusammenleben mit Kindern vorbereiten.“ Ziel ist dabei die Stärkung der Erziehungsverantwortung der Eltern, wobei diese „bedarfsgerecht“ auf unterschiedliche Lebenslagen und Familienformen zugeschnitten sein sollte. Gleichzeitig wurden Jugendhilfeträger durch eine Ergänzung im Kinder- und Jugendhilfegesetz (§ 16) verpflichtet, dass sie „Eltern Wege aufzeigen sollen, wie Konfliktsituationen in Familien gewaltfrei gelöst werden können.“

„Gute Erziehung“, dargestellt am Modell der „Fünf Säulen der Erziehung“
Eltern, die ihrem Kind entwicklungsfördernde Unterstützung geben, fühlen sich zuständig und bejahen sowohl ihr Kind wie die Aufgaben, die mit Erziehung und Beziehung verbunden sind. Sie sind bereit, ihren Lebensentwurf mit dem des Kindes zu verbinden und Veränderungen in ihrem eigenen Leben zu akzeptieren, ja diese sogar als individuelle Entwicklungschancen zu verstehen. Ist die Grundbasis der Beziehung zwischen dem Kind und dem Erwachsenen hingegen rigide, durch Desinteresse geprägt oder gar feindselig und tritt anstelle einer Zustimmung zum Kind eher Ablehnung oder eine ambivalente Haltung, dann wird kaum eine sichere Bindung zwischen Mutter und Kind bzw. Vater und Kind entstehen. Eine sichere Bindung ist aber für die Persönlichkeitsentwicklung von grundlegender Bedeutung.
Entwicklungshemmendes Verhalten zeigt sich insbesondere in einem Zuviel oder einem Zuwenig von emotionaler Wärme, Förderung, Schutz, Sicherheit, Struktur und Distanz. Dies stellt eine Missachtung und seelische Verletzung dar und wird vom Gesetzgeber im § 1631, II BGB als unzulässige Gewalt in der Erziehung gleichgesetzt. Die „Fünf Säulen“ stellen ein idealtypisches Modelle dar, das als Orientierung und als diagnostisches Instrumentarium gedacht ist, um Missachtung, Demütigung und seelische Verletzung zu erkennen. Mit dem Bild der fünf Säulen sollen einerseits die entwicklungsfördernden Aspekte und andererseits die entwicklungshemmenden Aspekte des Erziehungsverhaltens dargestellt werden (vgl. Tschöpe-Scheffler 2003a, 2003 b):

Dimensionen elterlichen Erziehungsverhaltens
grundsätzliche Haltung zum Leben, zu den Mitmenschen und zu sich selbst

Erziehung

als dialogische Struktur des Miteinander-Umgehens, Erziehung entspricht entweder dem der Erziehungsstil ist demokratisch, sozialintegrativ, Elternrolle wird bejaht, Kind wird als Subjekt wahrgenommen

Erziehung

entspricht entweder dem autoritären oder dem permissiven Erziehungsstil. Kind wird vorwiegend als Objekt der Erziehung wahrgenommen, Elternrolle kann ablehnend-feindlich, ambivalent und/oder dominant sein

 

 

entwicklungsförderndes

entwicklungshemmende

Erziehungsverhalten

Erziehungsverhalten

liebevolle Zuwendung,

emotionale Überhitzung

emotionale Wärme

emotionale Kälte

Achtung, Respekt

Geringschätzung

Anerkennung

Missachtung,

Kooperation,

Dirigismus

Verbindlichkeit,

Beliebigkeit,

Konsequenz

Inkonsequenz

partnerschaftliches Miteinander

Fremdbestimmung

 Mit Hilfe der oben genannten Strukturelemente können Eltern angeleitet und unterstützt werden, ihr Verhalten und ihre Einstellungen selbst zu reflektieren. Auf dieser Reflexionsfolie ist es möglich, entwicklungsförderndes Verhalten als solches zu erkennen und zu „maximieren“ und entwicklungshemmendes zu „reduzieren“. Elternbildungsangebote können auf dieser Folie sowohl Selbstreflexions- und Selbsterfahrungsprozesse der Eltern anregen als auch bei der Suche nach erweiterten Handlungspotentialen einen wesentlichen Beitrag leisten.
Eine andere Form der Orientierung stellt das Modell des „magischen Zieldreiecks der Erziehung“ (Hurrelmann 2002) dar. Hier werden drei pragmatische Pole postuliert, die mit konkreten Erziehungspraktiken zu erreichen sind: Anerkennung, Anregung und Anleitung. Bei dem Pol Anerkennung geht es um emotionale Zuwendung und Akzeptanz, beim Pol Anregung „ … kommt es darauf an, Kindern positive Rückmeldungen zu ihrem erreichten Entwicklungsstand im sozialen und Leistungsbereich zu geben, zugleich aber auch Impulse für die Weiterentwicklung und Verbesserung des Entwicklungsstandes zu vermitteln“ (Hurrelmann 2002, S.164). Der Pol Anleitung hat mit klaren Vereinbarungen, Umgangsformen und Regelsetzungen zu tun. Die Umsetzung einer entwicklungsfördernden Erziehung, wie sie in den „Fünf Säulen“ und im „magischen Zieldreieck“ beschrieben ist, zeigt sich in einem demokratischen Erziehungsstil (auch sozial-integrativ, partizipativ oder autoritativ), und bietet allgemeingültige Voraussetzungen und wichtige Ressourcen für die Entwicklung einer starken, leistungsfähigen und verantwortungsbewussten Persönlichkeit. Mit Hilfe einer solchen Erziehung ist das Kind in der Lage, Selbstwertgefühl, Selbstregulation und Autonomie aufzubauen.
Demgegenüber verhindert eine entwicklungshemmende Erziehung, die entweder durch ein Übermaß oder durch einen Mangel an Kontrolle oder Fürsorge gekennzeichnet ist, die wichtige Selbstregulierungskraft des Kindes, die es benötigt, um intrinsisch „stark“ und lebenskompetent zu werden; der entsprechende Erziehungsstil kann in diesem Fall autoritär, permissiv oder laissez-faire sein.

 Wie kommt Prävention zu den Eltern?
Je nach „Eltern-Typ“ kann die Motivation, Unterstützung zu suchen, sehr unterschiedlich sein: Interessierte und motivierte Eltern, übermotivierte Eltern, hilflose oder entmutigte Eltern haben unterschiedliche Wünsche an die Art der Unterstützung (Tschöpe-Scheffler 2006b) Interessierte und motivierte Eltern bekommen entweder gerade ihr erstes Kind oder haben kleine Kinder. Sie möchten von Anfang an richtig handeln, sind sehr aufgeschlossen, interessiert und wollen gerne dazulernen. Übermotivierte Eltern wissen schon sehr viel, weil sie sich ausgiebig informiert haben und auf keinen Fall Fehler in der Erziehung machen wollen oder etwas bei ihrem Kind versäumen wollen. Diese Eltern stehen oft unter hohem Druck und muten auch ihren Kindern viel zu. Oft suchen diese Eltern Rat, weil sie noch „besser“ und „perfekter“ sein möchten. Für sie kann es erleichternd sein, wahrnehmen zu lernen, dass ihr Kind mit seinen Selbstentfaltungskräften vieles eigenständig reguliert und sie nicht alles für, sondern mehr mit ihrem Kind entscheiden und gestalten können. Eltern, Kinder und das Beziehungsgefüge können durch unterstützende Beratung entlastet werden. Die eher hilflosen und entmutigten Eltern stehen vor besonderen Erziehungsproblemen, für die sie keine Lösung finden. Oft haben sie resigniert aufgegeben, wenn ihre vergeblichen Bemühungen, den Schwierigkeiten mit ihren Möglichkeiten zu begegnen, fehlgeschlagen sind. Gewalt und wechselseitige Missachtung belasten die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, beide brauchen ganz konkrete und schnelle Hilfen für den Alltag, damit sie aus der Gewaltspirale herausfinden. Eltern, die ihr Leben als willkürlich und ihr Tun als sinnlos erleben, sich als Opfer ihrer Lebensbedingungen wahrnehmen oder sich den Forderungen ihrer Kindern ausgeliefert fühlen, haben wenig motivationale Kraft, ihre Lebenssituationen zu ändern. Die Schwierigkeiten lähmen und selbst wenn Unterstützungsmöglichkeiten im weiteren Umkreis vorhanden wären, können diese aus mangelnder Antriebs- und Selbstüberzeugungskraft nicht wahrgenommen werden. Entsprechend dem Modell der Salutogenese (Antonovsky 1997) können Probleme nur dann als positive Herausforderungen, die bewältigbar sind, verstanden werden, wenn das eigene Leben als verstehbar und als handhabbar erlebt wird. Werden Menschen mit ihren Ressourcen (inneren und äußeren) konfrontiert und erfahren, dass ihr Leben grundsätzlich auch durch eigene Kraft bewältigbar ist, kann sich ein Kohärenzgefühl entwickeln.
Antonovsky benennt in seinem Modell der Salutogenese u.a. drei Bedingungen für das Kohärenzgefühl: Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns (Antonovsky 1997).

Niedrigschwelligkeit zeichnet sich neben der Kostengünstigkeit, der begleitenden Kinderbetreuung und dem geringen Verbindlichkeitsgrad auch dadurch aus, dass Angebote im gewohnten Umfeld mit vertrauten Personen, die eine hohe Akzeptanz vermitteln, zur Verfügung stehen.
Die häufig geäußerte Klage "Eltern, die Elternbildung bräuchten, kommen ja nicht in die Veranstaltungen", stimmt dann, wenn Angebote der Kommstruktur als einzige Wege der Elternbildung präsentiert werden. Werden Eltern in ihrem Sozialmilieu und von ihnen vertrauten Bezugspersonen angesprochen, sind sie eher bereit, im Rahmen ihrer Möglichkeiten mitzuarbeiten. Hier sind besonders die Programme zu nennen, die die Eltern in ihrem häuslichen Umfeld erreichen, z.B. Hippy, Opstapje, die mit einzelnen Familien arbeiten oder Femmestisch, Elterntalk, wenn sie in den Räumen der Familien stattfinden. Darüber hinaus ist angesichts veränderter gesellschaftlicher Strukturveränderungen Elternbildung keineswegs nur für speziell ausgewählte Elterngruppen hilfreich, sondern kann für alle Eltern aus unterschiedlichen Gründen sinnvoll sein, z.B. als Entlastung und Ermutigung für Eltern, die an sich und ihre Kinder einen besonders hohen Perfektionsanspruch haben. Insbesondere Eltern, die einen erschwerten Bildungszugang haben oder (noch) motivationsschwach sind, werden als eine Zielgruppe betrachtet, die es in Zukunft besser zu unterstützen gilt. Im Sinne der Familienbildung als elementarem Bestandteil familienunterstützender Angebote wird es immer dringender, weitere und neue Zielgruppen an unterschiedlichen Orten zu erreichen. Zukünftig werden gerade koperative, bündelnde, integrierende Ansätze wegweisend sein, da sie den aktuellen Entwicklungen eines systemisch-vernetzten Denkens entsprechen.

Institutionen und handelnde Fachkräfte, die sich der Komplexität familialer Lebenswirklichkeiten in ihrer Arbeit mit den Familien so stellen, wie die Familien es in ihrem Alltag ständig tun müssen, werden qualitativ erweiterte Zugänge zu den Familien finden und damit noch mehr in der Lage sein, Familien bei der Entdeckung und Stärkung ihrer individuellen und sozialen Ressourcen zu begleiten.

Literatur:
Antonovsky A. (1997): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit, Tübingen
Bauer, P./Brunner, E. J. (Hrsg.) (2006): Elternpädagogik. Von der Elternarbeit zur Erziehungspartnerschaft, Freiburg
Hurrelmann, K. (2002). Einführung in die Sozialisationstheorie (8.vollständig überarbeitete Auflage). Weinheim: Beltz
Smolka, A. (2002): Beratungsbedarf und Informationsstrategien im Erziehungsalltag. Ergebnisse einer Elternbefragung in Nürnberg zum Thema Familienbildung im Rahmen der Kampagne Erziehung.
Dokumentation, Nürnberg
Tschöpe-Scheffler, S. (2003a). Elternkurse auf dem Prüfstand. Wie Erziehung wieder Freude macht. Wiesbaden: VS
Tschöpe-Scheffler: S. (2003b). Fünf Säulen der Erziehung. Wege zu einem entwicklungsfördernden Miteinander von Erwachsenen und Kindern. Mainz: Grünewald
Tschöpe-Scheffler, S. (2005a). Was Eltern wollen und was sie brauchen - eine Befragung von 350 Eltern, unveröffentliches Manuskript, Köln
Tschöpe-Scheffler, S. (Hrsg.) (2005b). Konzepte der Elternbildung – eine kritische Übersicht, Opladen: Verlag Barbara Budrich
Tschoepe-Scheffler, S.: (2006a): Perfekte Eltern und funktionierende Kinder – vom Mythos der richtigen Erziehung, Opladen: Verlag Barbara Budrich
Tschöpe-Scheffler, S. (2006b): Die Arbeit mit hilflosen Eltern - zehn Empfehlungen. In: Deutsche Gesellschaft gegen Kindesmisshandlung und -vernachlässigung (DGgKV) e.V., Jahrgang 9, Heft 2, Kiel, S.27-42
Tschöpe-Scheffler, S. (2007): Elternbildungsarbeit im öffentlichen Interesse. In:
Homfeldt, H. G./ Schulze-Krüdener, J. (Hrsg.): Elternarbeit in der Heimerziehung, S.16-31
Tschöpe-Scheffler, S. (2007): Erziehungspartnerschaften. Einführungsvortrag. In: Fachtagung Erziehungspartnerschaften der Stadt Köln am 20.05.2006. Dokumentation, Köln, S. 18-23

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler
Erziehungswissenschaftlerin
Direktorin des Instituts für Kindheit, Jugend und Familie
Fachhochschule Köln, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften
Mainzerstr. 5, 50678 Köln
Tel.: 0221 – 8275 3346 oder 3348
www.tschoepe-scheffler.de
Mailadresse: Sigrid.Tschoepe-Scheffler@fh-koeln.de
Aktuelle Forschungsschwerpunkte: Elternkurse im Vergleich, Unterstützung elterlicher Erziehungskompetenz
Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler
Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften – Fachhochschule Köln

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