Arbeitslose Männer im Alter von über 50 Jahren: Situation per August 2013

von Heinz Mätzler

Laut AMS ist die Arbeitsmarktsituation in Österreich wie folgt:

Arbeitslose gesamt:   263.087
Anteil an Gesamt 50+:  63.203 (24%)
Männer 50+:  42.471 (16%)

Das zeigt, dass Arbeitslose 50+ mit einem Anteil von 24% eine verhältnismäßig große Gruppe darstellt und mit einer Steigerung von über 5.000 gegenüber dem Vorjahr eine hohe Zuwachsrate aufweist.
Der Anteil der Männer 50+ an der Gesamtarbeitslosenzahl beträgt 16 % mit der höchsten Steigerung von 14 % gegenüber dem Vorjahr - Tendenz steigend.
Somit ist jeder 6. Arbeitslose in Österreich ein Mann im Alter von über 50 Jahren!

Die durchschnittliche Verweildauer in der Arbeitslosigkeit liegt bei 94 Tagen. Die Gruppe 50+ bei 110 bis 170 Tagen. Die Situation für Ältere am Arbeitsmarkt ist prekär. Altersgerechte Arbeitsplätze und altersspezifische Kompetenzen werden (noch) zu wenig geschätzt. Das begünstigt Altersarmut und beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft.

Die Gesellschaft und die Politik sind derzeit - verstärkt durch die Veröffentlichung von Horrorzahlen aus Südeuropa - fokussiert auf die Jugendarbeitslosigkeit. In die Aus- und Weiterbildung von Jugendlichen, sowie in die Schaffung von Lehrplätzen, wird von Politik und Wirtschaft investiert. Die Situation der Arbeitslosen-Generation 50+ hingegen wird zuwenig beachtet. Zur Durchsetzung und Finanzierung geeigneter Maßnahmen fiir die Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung älterer Arbeitnehmer fehlt derzeit (vor den Wahlen) der politische Wille.

Gründe für Arbeitslosigkeit:

1) Firmenschließungen durch Konkurs oder aufgrund fehlender Nachfolge.
2) Umstrukturierungen bei denen überwiegend ältere Arbeitnehmer abgebaut werden.
3) Die Wirtschaft gibt bei Einstellungen wenn möglich jungen Männem (bis ca. 35 J.) mit Fachausbildung bzw. HTL oder FH-Abschluss den Vorzug gegenüber Männem 50+ bei gleichwertiger Kompetenz (Altersdiskriminierung).
4) Ältere Arbeitnehmer sind nach oft mehr als 30 Dienstjahren in einer höheren Gehaltstufe und haben Anspruch auf fünf bezahlte Urlaubswochen. Das bedeutet eine größere finanzielle Belastung für den Arbeitgeber (Kostenfaktor).
5) Ältere Männer sind mit dem immer größer werdenden Zeit- und Termindruck sowie Wochenend- und Nachtarbeit überfordert (Burnout) und müssen sich deshalb am Arbeitsmarkt neu orientieren (evtl. Teilzeitjob).
6) Pflege eines Angehörigen.
7) Körperliche Beschwerden - chronischen Krankheiten - Allergien erfordern Berufswechsel.

Auswirkungen der Arbeitslosigkeit:

Männer definieren ihre eigene Identität vor allem über Arbeit, Leistung und materielle Sicherheit. Diese Bereiche fallen bei Arbeitslosigkeit weg. Es ist daher grundsätzlich für alle Betroffenen, aber speziell für Männer 50+ ein großer Schock, - psychisch und physisch eine enorme Belastung - unterschiedlich je nach Lebenssituation und Dauer der Arbeitslosigkeit.

Man unterscheidet zwischen Kurzzeit- und Langzeitarbeitslosigkeit. Während bei kurzer Arbeitslosigkeit die entstandenen Probleme in den meisten Fällen noch überbrückt werden können, sind die Auswirkungen bei Langzeit-Arbeitslosigkeit (1 Jahr und länger) gravierend:

a) Erfolglose Arbeitssuche über Wochen und Monate senkt das Selbstwertgefühl und es entsteht ein Gefühl der Sinnlosigkeit und Orientierungslosigkeit. Die Psyche wird beeinträchtigt- im schlimmsten Fall bis zum Suizid.
b) Die Ehe bzw. Partnerschaft kann zerbrechen. Es kommt zur Scheidung bzw.Trennung.
c) Finanzielle Probleme - Armutsgefährdung- Altersarmut.
d) Höhere Gewaltbereitschaft - Aggressivität - Depressionen -Alkohol - Drogen.
e) Chronische Erkrankungen - Arbeitsunfähigkeit.
f) Negative Auswirkungen auf die Pensionshöhe.
g) Mit der Dauer der Arbeitslosigkeit sinkt die Wahrscheinlichkeit der Reintegration in den sog. Ersten Arbeitsmarkt kontinuierlich.

Mögliche arbeitspolitische Maßnahmen zur Verbesserung:

Politik - Sozialpartner - Unternehmen:

  • Der Sozialminister spricht von einer "Beschäftigungsgarantie" für ältere Jobsuchende. Vorbild sei die bereits eingefiihrte Ausbildungsgarantie fiir Jugendliche.
  • Weiters sollen Lohnsubventionen an Firmen intensiviert werden, die Arbeitssuchende 50+ einstellen.
  • Ein wichtiger Lenkungseffekt wäre die Einführung eines Bonus-Malus-Systems für die Einstellung sowie Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern 50+.

  • Vorschlag von AK und Gewerkschaft:
    Das System sieht vor, dass bei Einstellung eines Arbeitnehmers 50+ der Dienstgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung entfällt. Wird ein langjähriger Arbeitnehmer 50+ entlassen wird eine Malus-Zahlung fällig. Die Höhe entspricht einem Teil der Beitragsgrundlage zur Sozialversicherung. Diese Maßnahme wurde bereits 1996 eingefiihrt und dann 2006 von der Politik wieder abgeschafft, obwohl die Erfahrungen damit sehr gut gewesen seien. Der Sozialminister unterstützt nun die Wiedereinführung. Die Sozialpartner wurden aufgefordert, bis Herbst 2013 konkrete Vorschläge zu erarbeiten.
  • Sollte in der Privatwirtschaft keine geeignete Stelle gefunden werden, könnte der zweite Arbeitsmarkt, also der gemeinnützige Sektor einspringen.

  • Die Anhebung des Pensionsantrittsalters und damit die Verlängerung der Lebensarbeitszeit verlangt entsprechende Rahmenbedingungen. Um ältere Arbeitnehmer im Arbeitsprozess zu behalten entwickeln die Sozialpartner dazu Vorschläge unter dem Begriff Generationen-Management. Es liegt im Interesse der Unternehmen und der Gesellschaft, die gesellschaftlichen Rahmen- sowie die Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmer so zu gestalten, dass ein gesunder Verbleib im Arbeitsleben bis zum Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters möglich ist.

Notwendige Maßnahmen:

1) Das Arbeitsumfeld soll so gestaltet werden, dass es auf die Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer eingeht.
2) Flexible Arbeitszeitmodelle fiir ältere Arbeitnehmer.
3) Eine Neuverteilung der Aufgaben zwischen jüngeren und älteren Arbeitnehmern in den Unternehmen um die Fähigkeiten und Arbeitsfreude der Älteren bis zur Pensionierung zu erhalten. Die Älteren bringen Erfahrung und Routine ein, die Jungen zum Beispiel ein breites Computer-Wissen.
4) Innerbetriebliche Angebote zur Weiterbildung und Qualifizierung speziell für ältere Arbeitnehmer.
5) Neben der Verpflichtung der Unternehmen zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge gehören auch altersgerechte Sportangebote . Diese müssen von den Arbeitnehmern aber auch angenommen werden um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten.
6) Das AMS unterstützt ältere arbeitslose Männer durch Anleitungen zur Arbeitssuche sowie Umschulungen bei Berufswechsel.
7) Caritas und private Arbeitsprojekte- durch Land und Gemeinden gefördert - bieten befristete Arbeitsplätze für Langzeit-Arbeitslose als Vorbereitung auf einen Wiedereinstieg.
8) Auf die Personalvermittler ist einzuwirken, dass vermehrt auch ältere und vor allem arbeitslose Arbeitnehmer an Gewerbe- und Industrieunternehmen vermittelt werden.

Handlungsmöglichkeiten der KMB:

  • Wir thematisieren und publizieren die schwierige Situation, in der sich Betroffene durch Politik und Gesellschaft allein gelassen fühlen, um damit Druck auf die zuständigen sozialpolitischen Gremien und die Öffentlichkeit aufzubauen.
  • Wir bieten den betroffenen Männern eine Plattform wo dieses Thema öffentlich - auch mit politischen Entscheidungsträgem - diskutiert wird und Arbeitslose ihre Probleme zur Sprache bringen können. Zum Beispiel die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Ethik-Center Vorarlberg "Gesellschaftspolitischer Stammtisch".
  • Wir laden Betroffene zu unseren Männerrunden ein, um zu zeigen, dass wir mit ihnen solidarisch sind, ihre Situation verstehen und ihre Anliegen unterstützen. Damit können wir wieder Vertrauen und Zuversicht für eine Verbesserung der Situation vermitteln.
  • Wir helfen den Betroffenen, indem wir mit ihnen Beratungsstellen der Diözesen (z.B. Ehe- und Familienzentrum) und des Landes aufsuchen.