Ein "Plädoyer für den Zweifel" hat die deutsche Religionspädagogin und Buchautorin Anna Jürgens gehalten: Wer Wahrhaftigkeit vor sich selbst ernst nehme, könne sich nicht damit zufriedengeben, "die Antworten anderer nachzuplappern, wenn er im tiefsten Inneren an ihnen zweifelt", schreibt sie auf dem Theologie-Portal "feinschwarz.net".

Für ihr Buch "Was glauben eigentlich Atheisten?" führte die studierte Theologin Anna Jürgens Interviews mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die die Frage "Glaubst du an Gott?" nicht mit Ja beantworten können. In ihren Zweifeln um ein kohärentes Weltbild, das naturwissensschaftliche Erkenntnisse ebenso einschließt wie Antworten auf Sinnfragen, hätten ihre Interviewpartner teilweise "eine für ihr Alter erstaunliche gedankliche Tiefe" erreicht. Während gläubige Jugendliche von ihrer Religionsgemeinschaft ein "fertiges Weltbild" präsentiert bekämen, das sie oft unhinterfragt übernehmen, kann der Zweifel an überlieferten Glaubenssätzen laut Jürgens "bei den nicht (mehr) gläubigen Jugendlichen zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Sinnfragen führen".

Nachdenken nicht wiederkäuen

Wer zweifelt und sich traut, dies auch zuzugeben, gebe auf Sinnfragen nicht vorformulierte, "sozial erwünschte" Antworten, sondern selbst durchdachte, manchmal vielleicht auch unfertige und noch nicht zu Ende gedachte "Antwort-Entwürfe". Im Austausch darüber - mit dem Mut, eigene Unsicherheiten zuzugeben - könne das Weltbild weiter entwickelt und von anderen Antwortmöglichkeiten inspiriert werden, so Anna Jürgens. Sie befürwortete zugleich eine "gewisse Unsicherheit im eigenen Glauben und die Bereitschaft, sich immer wieder kritisch mit traditionellen Überzeugungen auseinanderzusetzen".

Hoffen oder glauben?

In Bezug auf die Existenz eines liebenden Gottes und ein Leben nach dem Tod habe sich aus ihren Interviews eine weitere interessante Beobachtung ergeben: Während bei Gläubigen Hoffen und Glauben in der Regel zusammenfallen, würde sich bei Atheistinnen oder Agnostikern beides unterscheiden oder sogar im Widerspruch zueinander stehen. Jürgens berichtete als Beispiel vom Jugendlichen Konstantin, der auf die Frage, was seiner Meinung nach dem Tod kommt, antwortete: "Ich glaub, ich verbind's mittlerweile mit dem Nichts, hoffe aber - inständig - dass es was danach gibt. Also wirklich. Die Vorstellung, dass alles vorbei ist, ist eigentlich unerträglich."

www.feinschwarz.net

 

Buch JürgensBuch-Tipp

Anna Sophie Jürgens: Was glauben eigentlich Atheisten? 236 Seiten, Matthias Grünewald Verlag 2021

 

Red. /KAP