Der Kammerchor Vocale Neuburg mit Chorleiter Oskar Egle und die Poetry-Slammerin Katharina Wenty konzertieren am Samstag, den 22. April, gemeinsam auf der Kulturbühne Ambach in Götzis. Beide haben ein konkretes Anliegen: Sie möchten ihre Zuhörer:innen zu einem Schulterschluss für Umwelt und Klima bewegen.

Wir haben mit Oskar Egle und Katharina Wenty ein Gespräch zu ihrem Engagement geführt.

Was war ihr Anliegen ein Konzert für die "Erde" zu initiieren? 

Oskar Egle: "Der Klimawandel wird zum Bestandteil unseres Lebens. Dieser Umstand kann weder beschönigt noch geleugnet werden. Die Klimafürsorge braucht einen gemeinsamen Schulterschluss und bedarf der Bündelung aller uns zur Verfügung stehenden Kräfte. Mit dem Konzert möchten wir möglichst viele Menschen zu beherztem Handeln für Klima und Umwelt motivieren. Gemeinsam mit der Poetry-Slammerin Katharina Wenty wird unser Chor zu Herzen gehende und aufrüttelnde Texte und Musik präsentieren. Wir wollen unsere Zuhörer nachdenklich machen und ihren Mut und ihre Lust auf Veränderung stärken. Denn jeder Schritt in Richtung Umwelt- und Klimaschutz – wenn er auch noch so klein ist – ist ein wertvoller Beitrag und unterstützt eine notwendige Veränderung. Kunst ist da ein wunderbares Medium, das Thema den Menschen auf eine andere Art und Weise näher zu bringen.

Herr Egle, Sie haben ja die Slammerin Katharina Wenty mit ins Boot geholt. Was ist der Hintergrund zu dieser Kooperation? 

Oskar Egle: "Sie beschäftigt sich als junge Künstlerin schon lange mit diesem Thema. Ihre Texte haben eine klare Sprache, sie sind bildhaft. Ihre Performance ist sehr ausdrucksstark und gehen jedem Zuhörer unter die Haut. Katharina begann bereits im Alter von acht Jahren Kurzgeschichten und Gedichte zu schreiben. Sehr früh kam dann auch das Interesse am Schauspiel dazu. Seit 2013 publiziert sie laufend in verschiedenen Literaturmagazinen und hat sich im Laufe der Jahre zu einem fixen Bestandteil, ja sogar zu einer der erfolgreichsten und performance-stärksten aktiven Poetin der deutschsprachigen Slam Szene entwickelt.

Wie sieht die Zusammenarbeit im Konzert aus? 

Oskar Egle: "Texte und Musik wechseln sich ab, teilweise ineinander verwoben. So verschmelzen sie zu einem gemeinsamen Ganzen. Alle Stücke des Abends kreisen um das Thema „Unsere Erde“ und unser Umgang damit. Von der kritischen Umweltmotette „Unser blauer Planet“ von Peter Ring aus dem Jahr 1989, bis zu Alwin Schronens Werk „Power of Nature“, in dem wir die Kraft und Schönheit der Natur besingen. In Enjott Schneiders „Kyrie und Gloria“ begleitet unser Chor eingespielte Gesänge von Walen. Ein Werk ist sogar der Klimaaktivistin Greta Thunberg gewidmet. Prägnante Sätze aus ihren Reden wurden zum Stück „No, Sir, we will not“ verarbeitet."

Wie sind Sie an die Texte herangegangen Frau Wenty?

Katharina Wenty: "Bei Slam Poetry geht es ja nicht nur um das Schreiben, sondern gleichermaßen um das Performen von Texten – zumindest gehe ich so an dieses Format heran. Ich habe mich aktiv mit den für das Konzert ausgewählten Liedern bzw. Liedtexten auseinandergesetzt und versucht Gedichte zu schreiben, die in Bezug auf die Musik an manchen Stellen vielleicht als eine Art Antwort, Verstärkung oder Spiegelung wirken. Als ich die Reihenfolge der Lieder zum ersten Mal gesehen habe, ist mir sofort aufgefallen, dass gleich zu Beginn Stücke stehen, die das Wasser stark thematisieren. So bin ich recht schnell auf die Idee gekommen, dem Konzert eine evolutionäre, schöpfungskreative lyrische Narration zu verleihen. So wie alles Leben auf Erde im Wasser entstand, verbringt auch jeder Mensch die ersten neun Monate im Fruchtwasser des Mutterleibs. Das Wunder des Lebens wird thematisiert und poetisch nachgezeichnet. Es geht nicht ums Parolen rausrufen und glorreich die Welt retten, sondern vielmehr ums Stille-Werden und aufmerksam zuhören. Nicht darum, die Stimmen FÜR unsere Erde zu erheben, sondern die Stimmen VON unserer Erde, seien es jene der Winde, der Wälder, der Wale, all diese tausend bunten Stimmen, die sie ja schon immer hatte, zu hören und gegebenenfalls zu verstärken. Deren Geschichten zu lauschen und wahrscheinlich hört man dann auch die eigene innere Stimme."

Steckt hinter ihrer gemeinsamen Initiative auch eine politische Motivation? 

Oskar Egle: "Eine solche Thematik ist immer auch hochpolitisch – natürlich im gesellschaftspolitischen Zusammenhang. Allein die im Chor entstehenden Diskussionen rund um dieses Konzert sind es Wert, sich mit der Klimaproblematik auch künstlerisch auseinander zu setzen."

Katharina Wenty: "Ja, auf jeden Fall! Ich selbst und meine ganze Generation sind akut vom Klimawandel bedroht und das ist eine ganz reale, ernstzunehmende, aber v.a. auch wahrnehmbare Bedrohung, die durchaus auch Angstzustände, Gefühle der Hilflosigkeit und große Sorgen auslösen kann – ganz zu schweigen von tödlichen, physischen und psychischen Folgen aufgrund von Naturkatastrophen und Extremwetterereignissen. Wir müssen nicht alle zu Weltrettern werden, aber wenn wir alle aufhören würden, unseren Planeten wie den letzten Dreck zu behandeln, würden wir, und davon bin ich überzeugt, sowieso automatisch die Welt retten."


Wie soll das Konzert weiterwirken? Gibt es weitere Initiativen? Oder gar eine Handlungsempfehlung für die Menschen? 

Oskar Egle: "Alleine das Bewusstmachen ist ein wichtiger Anstoß für weitere Schritte. Bei uns im Chor wirkt es schon. Wir optimieren z.B. gerade die Fahrgemeinschaften zur Probe und erarbeiten, wie wir unseren ökologischen Fußabdruck weiter verbessern können. Aber auch individuell bewegt sich etwas bei den ChorsängerInnen. Durch die Diskussionen kommen viele Ideen auf, wie wir unser persönliches Leben klimafreundlicher gestalten können. Allgemeine Handlungsempfehlungen werden wir keine geben, wir wollen anregen, aber niemanden bevormunden. Wenn wir als Chor durch unser Konzert und unser Tun auch nur einen Menschen motivieren, sein Handeln zu hinterfragen und etwas im Sinne unserer Umwelt zu verändern, hat das positive Auswirkungen für uns alle."

Katharina Wenty: "Ich hoffe sehr, dass das Konzert nachhaltig berührt und Menschen nicht nur zum Nachdenken anregt, sondern auch dazu bewegt, etwas in ihrem Leben tatsächlich zu ändern - und sei es „nur“ die Perspektive. Ich sehe mich nicht in der Rolle, irgendwelche Empfehlungen auszusprechen, wie man zu leben oder handeln hat, weil ja sowieso jede:r im Großen und Ganzen weiß, was klimabewusstes Verhalten und ein nachhaltiger Lebensstil ausmachen. Oder was ich vielleicht doch mitgeben kann, ist folgendes treffendes Zitat von dem Lyriker Erich Fried: 'Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.'"

Weitere Informationen finden Sie hier:
https://vocale-neuburg.com/