Das Menschenbild wie es der Koran zeichnet und die modernen Herangehensweisen an die Heiligen Schriften standen im Zentrum des zweiten Tages beim Herbstsymposion im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast.

Das Menschenbild des christlichen Glaubens wie es die unter anderem der Schöpfungsbericht des Alten Testaments beschreibt, ist bestimmt durch zwei wesentliche Begriffe das "Ebenbild Gottes" und die "Krönung der Schöpfung". Und es sind auch mit diese beiden Begriffe, die die Formen des Zusammenlebens, den Respekt der Menschen voreinander als Geschöpfe Gottes, prägen.

Angesichts der politischen Situation derzeit stelle sich aber auch, so führte die Islambeauftrage der Katholsichen Kirche Vorarlberg - Dr. Ursula Rapp - in das Thema ein, die berechtigte Frage nach dem Menschenbild des Islam. So stand zu Beginn des zweiten Symposiontanges die eine Frage: "Welches Menschenbild trägt diese Religion?"

Zwischen Wertschätzung und Verantwortung

Die Antwort, oder besser eine Antwort darauf lieferte Dr. Mahmoud Abdallah von der Universität Tübiingen in seinem Vortrag "Das Menschenbild im Koran zwischen Wertschätzung und Verantwortung". Und genau darum ging es auch. "Wir fragen uns heute sehr oft, was in einer modernen Koran-Hermeneutik möglich ist und was sich hier aktuell bewegt", so Dr. Abdallah, der betonte, dass ein erster Weg zu dieser modernen Koran-Hermeneutik über das Verstehen des Wertes "Wissen" verläuft. "Es gibt viele Verse, die direkt vom der Wertschätzung des Menschen sprechen. In der Sure 2, dem ,Herzen des Korans' steht zum Beispiel die Bedeutung des Wissens im Mittelpunkt des Berichts. Das Wissen besitzt den höchsten Stellenwert."
 Gott, der beschlossen hatte, einen Statthalter auf Erden zu haben, wird von den Engeln bestürmt, dies nicht zu tun. Adam werde Unheil stiften. Gott aber, so erklärte Dr. Abdallah, lehrte Adam die Namen aller Dinge und argumentierte so gegenüber den Engeln die Richtigkeit seiner Entscheidung. Das Wissen Adams ist Zeichen der höchsten Wertschätzung Gottes. Mehr noch, die Wertschätzung des Menschen liegt vor allem auch darin, dass Gott selbst mit dem Menschen kommunizierte. 

Der Mensch übernimmt im Gegenzug Verantwortung - Verantwortung für das Universum und Verantwortung für den Umgang mit der Offenbarung Gottes.

Dr. Mahmoud Abdallah betonte in diesem Zusammenhang vor allem die Bedeutung des Korans als eine direkte Offenbarung Gottes. Da also der Prophet seine Offenbarung direkt von Gott erhält, so kann diese nur richtig sein. "Jede Auslegung, jede Theologie kann deshalb nur ein Versuch sein, das Offenbarte zu verstehen", fuhr Dr. Abdallah fort. Und genau darin liegt die große Herausforderung für die moderne Koran-Hermeneutik, denn zum verantwortlichen Umgang mit den Heiligen Schriften gehöre es eben auch, sie für Toleranz und nicht für Intoleranz einzusetzen.

Diskussionsstoff bis zum Schluss

In abschließenden Workshops und Gesprächsrunden wurde dann über Themen wie den Koran an sich, interreligiöse Gebtsformen, die Situation der Pfarren angesichts vieler muslimischer Menschen, die auf der Flucht hier Schutz suchen oder aber auch über die Probleme und Chancen an Schulen diskutiert.

Mit dem Herbstsymposion in St. Arbogast erröffnet die Katholische Kirche Vorarlberg jeweils im Herbst das neue Arbeitsjahr. Aufgegriffen werden dabei immer wieder auch tagesaktuelle Themen. 2015 stand unter dem Titel "Kreuz und Halbmond" das Zusammenleben von Christ/innen und Muslimen im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen. Als Referenten eingeladen waren Dr. Mahmoud Abdallah von der Universität Tübingen und Dr. Andreas Renz vom Bischöflichen Ordinariat in München.