Oikocredit ist ein Wort, das heutzutage so gut wie jedem zumindest ein Begriff ist. Immer mehr Menschen nutzen diese ethische Geldanlage um so eine Art Hilfe zur Selbsthilfe leisten zu können. Allein in Österreich investierten im Jahr 2012 insgesamt 3.500 heimische Anleger 42 Millionen Euro - 34 Prozent mehr als im Jahr davor - in das Mikrofinanz-Unternehmen. Und der Trend hält an.

Bild rechts: Vor 15 Jahren setzte Karen Aoko ihre Idee in die Tat um und eröffnete eine kleine Schneiderei an einem Marktplatz von Nairobi. Ihre erste Nähmaschine konnte sie dank eines Darlehens anschaffen. Weitere Mikrokredite in den Folgejahren ermöglichten ihr, neue Stoffe und Arbeitsmaterial zu kaufen.

"Oikocredit refinanziert Mikrokreditprogramme sowie weitere sozial arbeitende Klein- und Mittelbetriebe. Damit unterstützt die interntationale Entwicklungsgenossenschaft den Aufbau finanzieller Infrastrukturen in Asien, Afrika, Lateinamerika und Osteuropa, sodass auch für Menschen in Armut ein Zugang zu Finanzdienstleistungen geschaffen wird", ist auf der Homepage von Oikocredit zu lesen. Und damit ist auch schon zusammengefasst, was sie leisten: Oikocredit gibt einkommensschwachne Menschen, die normalerweise keinen Zugang zu regulären Bankkrediten haben mittels eines kleinen unternehmerischen Startdarlehen zu fairen Konditionen eine Chance.

43 Millionen Euro investiert
Auch die ÖsterreicherInnen haben diese Art der Geldanlage für sich entdeckt und allein im Jahr 2012 43 Millionen Euro investiert. Das entspricht einer Steigerung von 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Der deutliche Trend zur ethischen Geldanlage hält an, da offensichtlich viele Menschen infolge der Krisen bei Geldfragen kritischer und mündiger geworden sind", resümierte Peter Püspök, Vorstandsvorsitzender von Oikocredit Austria.

Österreich: die Nummer eins im Ländervergleich
Weltweit beträgt das Portfolio des Mikrofinanz-Gebers und Entwicklungsprojekts-Financiers derzeit 530 Millionen Euro, wobei Österreich bei Pro-Kopf-Anlagen die Nummer Eins im Ländervergleich ist. Filialen hat Oikocredit hierzulande keine, Püspök führt den Erfolg u.a. auf das Medieninteresse und die Kompetenz des ehrenamtlich geführten Vorstandes und des Leitungsteams zurück. Als Ziel gab er an, binnen "vier, fünf Jahren ein Promille der Österreicher - also das Doppelte der derzeit knapp 4.000 Anleger - als Investoren gewonnen zu haben", so der Oikocredit-Vorstandsvorsitzende.

Wer investiert genau in Oikocredit?
Österreichs durchschnittlicher Oikocredit-Investor ist zwischen 50 und 59 Jahre alt und hat 12.150 Euro angelegt, "wobei jedoch auch viele Jugendliche mit 200-Euro-Mindestbeitrag vertreten sind", wie Püspök erklärt. Neue und bestehende Mitglieder seien gut durchmischt, wobei letztere ihre Anlagen meist weiter erhöhen würden, während ein Ausstieg mit zuletzt 1,5 Prozent sehr selten vorkommt. 89 Prozent der Investoren sind Privatpersonen und elf Prozent institutionelle Anleger, hier allen voran kirchliche und entwicklungspolitische Einrichtungen. Und: Sowohl Männer als auch Frauen sind dabei.

Im Vordergrund: nachhaltige Armutsbekämpfung
Wie Püspöks Stellvertreter Günter Lenhart betonte, sei man jedoch anders als manche Großanbieter der Branche nicht am Profit interessiert, sondern an nachhaltiger Armutsbekämpfung. Wichtig sei Oikocredit, die insgesamt 26 Millionen Kreditnehmer zu begleiten, "etwa indem unsere Partner vor Ort sie noch vorab beraten und deren geplante Projekte - beginnend mit einem Marktstand oder einer Näherei - evaluieren." Komme ein Kunde etwa durch Krankheit oder Marktprobleme in Schwierigkeiten, versuche man flexibel zu reagieren etwa durch Verlängerung oder Aufstockung des Kredits. Die Kreditausfallrate von unter einem Prozent gebe diesem Vorgehen Recht.

Genau ausgesucht
Neuralgischer Punkt ist demnach die Auswahl der Projektpartner, von denen Oikocredit derzeit 854 in insgesamt 70 Ländern besitzt, 583 davon aus dem Mikrofinanz-Sektor. "Wir versichern uns, dass unsere Partner ihr Geschäft mit den Kunden gut machen. Wir haben dazu ein eigenes Messinstrument für die soziale Verantwortung erstellt, besuchen die Partner vor Ort und holen laufend Feedback ein", erklärte Salome Sengani, Vorstandsvorsitzende von Oikokredit International. Das Handeln mit lokalen Akteuren steigere Diversität und Wertschöpfung auf realwirtschaftlicher Basis.

Mehr Fokus auf Afrika
Lag der regionale Fokus von Oikocredit bisher mit 46 Prozent des Kreditvolumens klar auf Lateinamerika, soll künftig der 15-prozentige Anteil Afrikas deutlich erhöht werden - schließlich wolle man vorrangig die von Armut betroffenen Regionen erreichen. Segani: "Vor jedem Eintritt in neue Märkte - derzeit etwa Ruanda oder Senegal - erforschen wir, wie die Menschen arbeiten, wo es besondere Nöte gibt und welche Risiken bestehen."

Oikocredit seit 1970er Jahre
Gegründet wurde "Oikocredit" Mitte der 1970er Jahren auf Initiative des Weltkirchenrats. Die Hauptgeschäftsstelle der internationalen Genossenschaft, die nicht auf Gewinn ausgerichtet ist, liegt im niederländischen Amersfoort. Wie in Österreich gibt es in vielen Ländern Förderkreise, über die Genossenschaftsanteile erworben werden können. Die Geldanlage wird mit maximal zwei Prozent verzinst. (red/kathpress)