Nach „Macbeth“ und „Romeo und Julia“ ist „Moustache“ die dritte Premiere von „Shakespeare am Berg“. Gemeint ist der Muttersberg über Bludenz und das Shakespeare'sche Bärtchen, das ist ein ausgewachsenen Spiel mit den Geschlechtergrenzen.

Willkommen in der Bar „Illyria“. Zugegeben, es ist schon etwas angeranzt hier. Und da – ist das nicht Charlie Chaplin, der da am vorderen Bühnenrand herumturnt? Doch es ist Charlie und er ist es doch nicht. Dieser Tanz im Graubereich der Identitäten, ist dann auch gleich symptomatisch für den ganzen Theaterabend.

Die Natur, ein Star

Für den heurigen Sommer haben sich die Theatermacher vom Muttersberg Shakespeares „Was ihr wollt“ vorgenommen. Aber einfach so, das wäre doch zu simpel. Also hat sich der Vorarlberger Autor Thomas A. Welte daran gemacht, auf der Shakespeare’schen Basis ein neues Stück zu entwerfen. Das trägt den Titel „Moustache“ und feierte erst kürzlich in der Bergarena hoch über Bludenz seine Premiere. Damit ist man auch gleich schon beim ersten Star dieses Schauspiels – der Natur selbst. Imposant die Bergkulisse im 360°-Panorama, seltsam zeitlos und entrückt die kleine Lichtung, auf der nun Theater gespielt wird. Allein schon der Ort lässt die Grenzen zwischen dem Hier und Jetzt verschwimmen und den sicheren Boden unter den Füßen etwas wanken.

Frau trifft Mann, oder wie jetzt?

„Moustache“ ist nun ein klassisches „Bäumchen wechsel dich“-Spiel. Wobei es so klassisch dann doch wieder nicht ist. Alles beginnt in der Bar „Illyria“, beschienen vom kühlen Licht des Theatermondes, der die dominierende Kulisse für das Drama um die große Liebe gibt. Flo ist Schauspielerin. Sie probt gerade für das Shakespeare-Stück „Was ihr wollt“. Dafür schlüpft sie in ein Männerkostüm. Flo liebt Frauen.
Das weiß Jojo, die am Tresen auf Flo trifft, allerdings nicht. Und so nimmt das Drama seinen Lauf.
Als stille oder auch weniger stille Beobachter immer mit dabei sind Moustache, die Bardame, und Eswirdeinmal, ein Autor, der fleißig Notizen macht. Schließlich ist er ja immer auf der Suche nach neuen Geschichten.

Ein Wechselspiel

Eine nicht unbedeutende Hauptrolle haben wir jetzt aber vergessen: ein kleiner Schnauzbart. Der wird im Laufe des Stücks jedem einmal zwischen Oberlippe und Nase geklemmt und verdeutlicht das Wechselspiel der Geschlechter noch einmal mit Nachdruck. Denn darum geht es in Weltes „Moustache“ eben auch.
Es braucht ein bisschen, bis „Moustache“ in Fahrt kommt. Sehr zart läuft die Handlung – in der Regie des Autors höchstpersönlich – an. Das wird besonders spürbar in der ganzen Zerbrechlichkeit, in der Mika Spänle als Flo und Rebecca Selle als Jojo miteinander agieren. Immer schwingt eine gewisse Sensibilität mit. Das ist reizvoll. Ihnen gegenüber stehen die herrlich schnoddrige Bardame alias Anne Noack und Philip Butz, der den etwas verpeilten Autor wirklich hervorragend mimt. Unterbrochen wird das Spiel der Geschlechter immer wieder durch einzelne Gesangsnummern (die Musik dazu stammt von Maximilian Unuetzer), die die Handlung verdichten und wie durch ein Fenster auch kurze Blicke ins Seelenleben der Figuren erlauben. Ein kluger Schachzug der Regie.
Überhaupt ist „Moustache“ ein Gesamtpaket. Da spielt die Natur ebenso eine Hauptrolle wie die gewieft und einfallsreich gestalteten Bühnenaufbauten von Mandy Hanke: Da greifen Musik, Schauspiel, Text, Gesang und Dramatik wie ein Rädchen ins andere.
Die Liebe ist grenzenlos, das könnte den Untertitel zu „Moustache“ bilden – und dafür gab es in der Bergarena auf dem Muttersberg dann auch Applaus.

 

Termine

„Moustache“

Aufführungen finden bis 5. August statt
jeweils 21.15 Uhr, Bergarena am Muttersberg.
An Aufführungstagen fährt die Muttersbergbahn ab 18 Uhr bis 0.30 Uhr

www.shakespeareamberg.at