Neue und schärfere Kirchenrechtsnormen gegen den sexuellen Missbrauch hat der Vatikan in Folge des Anti-Missbrauchsgipfels veröffentlicht. Sie sind weltweit verbindlich.

Foto: Catholic Church of England and Wales / Marcin Mazur / flickr.com / CC BY-NC-SA 2.0

„Vos estis lux mundi“ – Ihr seid das Licht der Welt: So heißen die am Donnerstag von Papst Franziskus veröffentlichten Kirchenrechtsnormen („Motu proprio“) im Kampf gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche. Sie verschärfen bereits bestehende Bestimmungen deutlich – etwas, was unter anderem von Opferverbänden, Politikern und zahlreichen Bischöfen der Weltkirche gefordert worden war. Das Gesetz sieht neue Verfahrensweisen für die Strafanzeige vor und führt eine weltweite Anzeigepflicht ein. Erstmals regelt es die Untersuchung gegen Bischöfe, die Ermittlungen vertuscht oder verschleppt haben. Es verpflichtet die kirchlichen Stellen, die staatlichen Strafermittler in ihrer Arbeit zu unterstützen. Zudem müssen alle Diözesen bis spätestens Juni 2020 ein leicht zugängliches Meldesystem für Anzeigen einrichten. Die neuen Normen gelten zunächst für drei Jahre und treten am 1. Juni in Kraft.

Weltweit gültig

Die Rechtsvorschriften sind universell gültig und müssen darum weltweit in der katholischen Kirche Anwendung finden. Zu den wichtigsten Neuerungen gehört ein Verfahren, mögliche Unterlassungen von Verantwortlichen aufzuspüren. Für entsprechende Voruntersuchungen gegen Bischöfe erhalten die Metropolitan-Erzbischöfe eine besondere Rolle. In Österreich sind dies der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn und der Salzburger Erzbischof Franz Lackner. Um Verfahren zu beschleunigen, muss der Vatikan binnen 30 Tagen über den Stand der Voruntersuchungen informiert werden.

Zudem werden alle Kleriker und Angehörigen von Ordensgemeinschaften auch rechtlich verpflichtet, Informationen über möglichen Missbrauch oder eventuelle Unterlassungen beim Kirchenoberen zu melden. Dies gilt künftig nicht mehr nur im Fall minderjähriger und schutzbefohlener Opfer, sondern auch, wenn Ordensfrauen sowie abhängige volljährige Seminaristen oder Ordensnovizen betroffen sind sowie im Fall von Kinderpornografie.

Unberührt bleiben eine Meldepflicht aufgrund staatlicher Gesetze und bestehende Kooperationen zwischen Kirche und Behörden. Bisher geltende kirchliche Strafen werden nicht verschärft. Das Beichtgeheimnis bleibt von den neuen Normen unberührt, aber das bisher für Missbrauchsverfahren generell geltende „päpstliche Geheimnis“ wird in einem zentralen Punkt aufgehoben. In dem neuen Gesetz heißt es dazu: „Wer eine Meldung erstattet, dem kann kein Schweigegebot hinsichtlich des Inhalts auferlegt werden.“

Betreuung der Opfer und Kampf gegen „Unterlassungen“

„Vos estis lux mundi“ legt außerdem fest, dass die Opfer zusammen mit ihren Familien mit Würde und Respekt behandelt werden und dass ihnen ein angemessene medizinische, therapeutische und psychologische Betreuung zuteil werden soll.

Ein Schwerpunkt des Dokuments liegt auf dem Kampf gegen „Unterlassungen“. Es geht dabei um Amtsträger, die, statt von anderen begangene Missbrauchsfälle zu verfolgen, diese verheimlicht und dabei den mutmaßlichen Täter gedeckt haben, statt die Opfer zu schützen.

Betont wird in dem Dokument jedoch auch das Prinzip der Unschuldsvermutung der Person, gegen die ermittelt wird und die dann über die Ermittlung informiert wird, wenn dies seitens des zuständigen Dikasteriums verlangt wird.

Ein wichtiger Schritt

Der Feldkircher Bischof Benno Elbs sieht im neuen Motu proprio einen weiteren wichtigen Schritt im Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche. Der Papst nehme vor allem die Bischöfe und Ordensoberen in die Pflicht und alle, die als Kleriker oder Mitglied einer Ordensgemeinschaft Verantwortung in der Kirche tragen, hielt Elbs am Donnerstag im „Kathpress“-Interview fest. Gerechtigkeit und Hilfe für Opfer sowie ein klares und konsequentes Vorgehen gegen Verdächtige stärkten die Prävention und müssen oberste Priorität haben, so der Bischof. Er führt den Vorsitz im kürzlich von der österreichischen Bischofskonferenz gegründeten Beirat für Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch und Gewalt in der Kirche.

Quelle: kathpress.at (1 | 2) / red

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