Als erster Papst in der Geschichte hat Franziskus von 5. bis 8. März den Irak besucht. Die Visite stand im Zeichen des interreligiösen Dialogs mit dem Islam und Begegnungen mit der bedrängten christlichen Minderheit.

Trotz Sicherheitsfragen und der Corona-Pandemie hat Papst Franziskus es gewagt - er ist als erster Papst in der Geschichte in den Irak gereist. In seiner Auftaktrede zum Besuch am Freitag im Präsidentenpalast Bagdads rief Franziskus zu nationaler Einheit und religiöser Toleranz auf. Zugleich mahnte er zu dringenden Reformen, um gegen Machtmissbrauch, Korruption und Perspektivlosigkeit vorzugehen. Hass und Terror im Namen Gottes verurteilte er auch bei dieser Gelegenheit deutlich.

Ein Besuch, der in die Analen eingeht

Mehrere symbolträchtige Begegnungen des Papst standen im Zeichen des interreligiösen Dialogs. In Nadschaf traf er am Samstag den einflussreichen schiitischen Großajatollah Ali al-Sistani zu einer privaten Unterredung. Viele Beobachter werteten dies als historischen Brückenschlag zwischen katholischer Kirche und schiitischem Islam. Für internationale Beachtung sorgte zudem ein interreligiöses Friedenstreffen in der südirakischen Stadt Ur. Sie gilt als Heimat der biblischen Gestalt Abraham, auf die sich Juden, Christen und Muslime gleichermaßen als Stammvater berufen.

Friede und Wohlstand statt Rache

Trotz prekärer Sicherheitslage verlief der viertägige Besuch ohne Zwischenfälle. Zum Abschluss feierte Franziskus am Sonntagnachmittag in der kurdischen Regionalhauptstadt Erbil einen Gottesdienst mit Tausenden Gläubigen. Im Franso-Hariri-Stadion mahnte er die von jahrelangem Krieg und Terror gepeinigten Menschen, nicht nach Rache zu sinnen. Stattdessen sollten Angehörige aller Religionen "gemeinsam vereint für eine Zukunft in Frieden und Wohlstand arbeiten", so sein Appell.

Wir vor dem Ich

Der Papst beschrieb wiederholt den Vorrang des Ich vor dem Wir als Grundübel. "Genug mit Gewalt, Extremismus, Parteiungen und Intoleranz", mahnte er. Den Beweis, dass Vielfalt bereichert, sollen nach seinem Willen gerade die Christen antreten - auch wenn ihre Gemeinde "so klein wie ein Senfkorn" sei. "Gott will gerade durch unsere Schwäche große Wunder wirken", sagte er der chaldäischen Gemeinde seines Gastgebers Patriarch Louis Raphael I. Sako in Bagdad.

Geschwisterlichkeit aller Menschen

Franziskus machte die "Geschwisterlichkeit aller Menschen", für die er mit seiner im Herbst veröffentlichten Enzyklika "Fratelli tutti" warb, zum Leitthema seiner Begegnungen im Irak. Die Gastgeber von Staatsseite nahmen den Impuls dankbar auf. Die Öffentlichkeitskampagne zum Besuch stellte die Zugehörigkeit der unterschiedlichen Gruppen und Minderheiten zu einer gesamtirakischen Gesellschaft in den Vordergrund, auch mit eingängigen Bildmotiven.

Erste Nachwehen hat der Besuch des Papstes übrigens schon: Der Irak führt nämlich einen nationalen „Tag der Toleranz und Koexistenz“ ein, der jeden 6. März an das   „historische Treffen“ des Papstes mit dem schiitischen Großayatollah Ali al-Sistani erinnern soll. (red/kathpress)