Ein Klavier – mitten auf der Mole in Bregenz! Noch bis Sonntag lädt das „Open Piano“ wieder zum Spielen, Zuhören, Tanzen. Und zum Spenden – für noch mehr Musik...

Mit jedem Schritt wird es klarer. Je näher man der Mole in Bregenz kommt, desto mehr trennt sich das feine Glitzern des Wassers von den Tönen, die es trägt. Klänge verbinden sich zu Linien, Takte zu Melodien. Und wer auf Höhe des Bahnübergangs angekommen ist, kann ihre Quelle sehen: Den kleinen Flügel und den Mann, der ihn spielt (Zum Video »).

Ein Klavier, ein Klavier!

Udo Felizeter, Mitinitiator dieses „Open Pianos for Refugees“, gehört zu den ersten, die in die Tasten greifen. „Ich spiele, seit ich sieben Jahre alt bin“, erzählt der gebürtige Bregenzer im Schatten einer der Kastanien. Als er während einer zweimonatigen Radtour durch Osteuropa in Kiew und in Lemberg plötzlich mitten in der Stadt vor einem Klavier stand, sei er überglücklich gewesen – kurz: „Nach ein paar Minuten habe ich keine Lust mehr gehabt zu spielen, weil das Instrument völlig verstimmt war und die Tasten hängen geblieben sind.“
Was ebenfalls hängen blieb, war eine Idee: Die Idee, wie es wohl wäre, so ein Klavier mitten in Wien aufzustellen. Der Gedanke, Menschen die Möglichkeit zu geben Musik zu machen, die vielleicht nicht nur zwei Monate darauf verzichten mussten, sondern jahrelang. Im Sommer 2016 öffneten sie dann den Deckel des ersten Freluft-Klaviers in Wien und kurz darauf in vielen weiteren Städten in Österreich, Deutschland und der Schweiz.

Noch bis Sonntag steht eins in Bregenz – offen für alle. „Obwohl Klavier als ein so elitäres Instrument gilt, haben wir festgestellt, wie viele Menschen es gibt, die darauf spielen können“, erklärt Felizeter. Und das verbindet – über kulturelle Grenzen hinweg. Diese Plattform nutzen er und seine MitstreiterInnen sehr offensiv: Auftritte von Geflüchteten oder sozial Benachteiligten sind fester Bestandteil des Programms an den Pianos. Und Spendengelder, die im offenen Gitarrenkoffer landen oder auf dem Konto des Vereins (s. u.), kommen diesen Menschen direkt zugute: Seit Jahresbeginn gibt es zusätzlich zum Verein das Musikinstitut „DoReMi“, wo Menschen ohne entsprechendes Finanzpolster die Möglichkeit bekommen, Musikunterricht zu nehmen. Sie zahlen für die Stunden, so viel sie können – den Rest übernehmen Patinnen und Paten. Unterrichtet wird im Tandem mit einkommensstärkeren Einheimischen. So entstehen nicht nur Kontakte über Sprachbarrieren und soziale Grenzen hinweg, sondern auch ganz neue Erfahrungen. Vor allem dann, wenn aus den SchülerInnen selbst Lehrer werden und ihre österreichischen PartnerInnen zeigen, wie man eine Oud spielt, eine Saz oder so wunderbar melismatisch singt. Aus Tönen werden Linien, aus Fremden Freunde.

Think big!

Wie gut Integration über Musik funktioniert, erlebt man auch anderswo: Im Feldkircher Kontaktchor zum Beispiel, wo Einheimische und Geflüchtete gemeinsam singen, beim Projekt „Bridges – Musik verbindet“ in Frankfurt am Main oder beim niedersächsischen Welcome Board. In Hildesheim gibt es sogar einen Studiengang, der das Tandem-Prinzip professionalisiert hat.

Auch in Wien denkt man groß: „Wir hoffen, in den nächsten Jahren bis zu 200 SchülerInnen unterrichten zu können und DoReMi vielleicht auch in eine andere Stadt zu bringen“, sagt Flizeter. Dazu braucht es Geld, denn noch funktioniere vieles nur, weil Menschen wie er mindestens 30 Stunden pro Woche ehrenamtlich für das Projekt arbeiten.

An diesem Vormittag in Bregenz nähert man sich diesem Ziel – Münzenklirren für Münzenklirren: Viele bleiben stehen, ein Eis in der Hand, das Smartphone in der anderen. Sie hören, tanzen, sagen Dinge wie „voll schön!“ – und spenden. Auch der Bürgermeister Markus Linhart war schon da und spielte gemeinsam mit der kleinen Elisa. Was? Hören Sie selbst…

Mehr zum Projekt

17. bis 22. Juli: Mole in Bregenz
26. bis 29. Juli: Hafen Lindau
jeweils ca. 11:30 bis 21 Uhr

www.openpianoforrefugees.com

Spenden für eien Musikpatenschaft (170 € pro Semester)
Open Piano for Refugees
IBAN: AT37 1420 0200 1097 2010