"Muss man den Menschen das Leben erst mies machen, um von Heil und Erlösung sprechen zu können?" und wo ist dieser Jesus, der oft ""ziemlich unerkannt oder sogar irrelevant" bleibt? Fragen wie diesen stellten sich mehr als 300 TeilnehmerInnen bei der österreichische Pastoraltagung zum Thema "Like Jesus" in Salzburg.

Der Name ist Programm. "Like Jesus" lautete der Titel der größten kirchlichen Seelsorge-Fortbildungsveranstaltung in Österreich - der österreichische Pastoraltagung. Vom 12. bis 14. Jänner fanden sich dazu über 300 Mitarbeitende in Seelsorge und Religionspädagogik, Interessierte aus dem In- und dem benachbarten Ausland sowie hochrangige Kirchenvertreter in Salzburg ein, um u.a. den "vielfältigen Spuren Jesu" nachzugehen, "um ihn immer wieder neu wahrzunehmen und dabei Inspiration für unsere pastoralen Engagements zu finden".

Jesus: "ziemlich unerkannt oder sogar irrelevant"

Denn auch wenn Jesus Christus in seinem Wort, im Sakrament und in der Gemeinschaft seiner Gläubigen gegenwärtig sei, bleibe er heute oft "ziemlich unerkannt oder sogar irrelevant", zeigten sich Walter Krieger und Anna Findl-Ludescher vom veranstaltenden Österreichischen Pastoralinstitut (ÖPI) realistisch. Bischof Alois Schwarz wies in der liturgischen Eröffnung darauf hin, dass Jesus nicht nur das individuelle Heil Einzelner im Blick hatte, sondern Menschen zusammenführen wollte; auch Ausgegrenzte habe er bewusst in die Gemeinschaft hineingenommen.

Die Sache mit der Sünde

In seinem Vortrag über "sakramentale Pastoral" stellte der Bamberger Neutestamentler Joachim Kügler die Frage wie eine Seelsorge für real sündhaft Lebende heute aussehen könnte.  Was wäre überhaupt als "Sünde" zu benennen - was laut dem Theologen Aufgabe der Kirche wäre? Und was hieße es für die öffentliche Wahrnehmung der Kirche, würde sie sich nach dem Beispiel Jesu verstärkt Sündern - Kügler nannte als Beispiele Kinderschänder, Terroristen und Waffenproduzenten - zuwenden?

"Die Sündenfixiertheit des Erlösungsgedankens hat das Christentum viel gekostet", hielt die Tübinger Theologin Johanna Rahner fest. Und fügte die kritische rhetorische Frage hinzu: "Muss man den Menschen das Leben erst mies machen, um von Heil und Erlösung sprechen zu können?" Sie plädierte für die Glaubensüberzeugung "Gott ist Mensch geworden" als entscheidende Heilsmetapher.

Brauchen wir noch Erlösung?

Wie fremd heutigem Denken eine schuldbetonende Anthropologie geworden ist, illustrierte die Theologin mit einem Satz von Kurt Tucholsky (1890-1935), den sie als Titel ihres Referates wählte: "In mir ist nichts, was erlöst werden muss; ich fühle die culpa (Schuld, Anm.) nicht", hatte Tucholsky schon vor Jahrzehnten stellvertretend für viele Zeitgenossen formuliert. Dem müsse sich auch die theologische Rede von Jesus Christus als dem "Heiland" und "Erlöser der ganzen Welt" stellen. Wichtig dabei sei, dass Gottes Zuwendung in Jesus nicht nur für die Christgläubigen gelte, "sondern für alle Menschen, in deren Herzen die Gnade unsichtbar wirkt" - wie bereits das Zweite Vatikanische Konzil formuliert habe.  (red/kathpress)